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ANTIQUARIAT/017: "Cryozone" von Thierry Cailleteau und Denis Bajram


Thierry Cailleteau, Denis Bajram


Cryozone (1)

"Böses Erwachen"



Ein atemberaubender SF-Thriller, spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Das gekonnt umgesetzte Szenario läßt in Bezug auf Action keine Wünsche offen, doch wurde auch an Dialogen und Zwischentönen nicht gespart, so daß man die handelnden Personen nicht nur als um sich ballernde Revolverhelden kennenlernt. Besonders erwähnenswert, weil immer noch eine Ausnahme (nicht nur) in der Comic-Landschaft, ist die Figur der Ärztin Dr. Lise Caron, die handfest und besonnen ihrer Tätigkeit nachgeht und keines der leider immer noch üblichen Frauenklischees verkörpert. Wem es gelingt, dieses 1997 im Carlsen Verlag erschienene Album antiquarisch aufzustöbern, dem sind spannende Momente garantiert.

Meine Freunde! An diesem 31. Dezember 2059 gelten meine Worte nicht nur den 400 Besatzungsmitgliedern der Neil Alden Armstrong, sondern auch unseren 9600 Kameraden, die in diesem Augenblick in ihren Cryotek-Behältern ru- hen. In wenigen Tagen werden 400 von ihnen aufwachen und uns ablösen, damit wir nach sechsmonatigem Dauereinsatz unseren wohlverdienten Cryo-Urlaub antreten können. Lassen sie mich daher zum Schluß noch einmal betonen: Auch wenn das Ziel unserer Mission noch Lichtjahre vor uns liegt, dürfen wir trotz aller Schwierigkeiten in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Als wir vor zehn Jahren an Bord der Neil Armstrong gingen, haben wir Fa- milie und Freunde zurückgelassen, um am größten Aben- teuer der Geschichte der Menschheit teilzunehmen: Der ersten Besiedlung eines Planeten außerhalb unseres Son- nensystems! Noch trennen uns zehn Jahre von Sulus und dem System Pegasi 51. Eine lange Zeit, doch die Hälfte des Weges liegt bereits hinter uns. Auch wenn die Ein- samkeit hier draußen im All erdrückend ist, lassen Sie den Mut nicht sinken! Vergessen Sie die irdischen Dimen- sionen Ihres Zweifels und denken Sie an die historische Bedeutung unserer heldenhaften Unternehmung!

Eine Alarmmeldung unterbricht jäh die Silvesterfeier, die der Ansprache von Kommandant Katana folgt. Eine der Siedlerinnen läuft Amok. Sie hat eine Geisel genommen und sich einen Gürtel aus Sprengstoff umgebunden. Der Hintergrund: Die Frau ist schwanger und soll auf ärztliche Anordnung abtreiben, weil der Embryo weder das Cryotek-Verfahren noch die künstliche Schwerkraft auf dem Raumschiff unbeschadet überleben würde. Ein forscher Sicherheitsbeamter nimmt die Angelegenheit in die Hand. Doch es gelingt ihm nicht, die Frau zu beruhigen und sie löst die Sprengladung aus. Bei der Explosion wird die Cryo-Zentraleinheit beschädigt. Das System läßt sich nur noch für ungefähr zehn Stunden stabil halten. Um sie zu retten, müssen die Siedler also schnellstens geweckt werden. Die normalerweise übliche Zeit, die tiefgekühlten Körper aufzutauen und die Cryo-Flüssigkeit herauszufiltern, beträgt jedoch 16 Stunden. Jede Verkürzung der Zeit birgt ein erhebliches Risiko in sich und hat unweigerlich Verluste an Menschenleben zur Folge.

Bei der Evakuierung der von der Explosion betroffenen Cryo-Geräte entdeckte Dr. Lise Caron, die verantwortliche Ärztin, einen Raum mit Cryo-Behältern, von dessen Existenz weder sie noch Kommandant Katana etwas wußten. Unter Einsatz ihres Lebens bergen sie einen der Behälter, in dem sich ein Mensch befindet. Die Weckzeit dieses Behälters beträgt nur 90 Sekunden! Daß es sich hier um ein geheimes Projekt handelt, bestätigt der an Bord befindliche Cryo- Spezialist Vaclav Zdic, der die Interessen der Cryotek- Gesellschaft vertritt und behauptet, der Mann wäre Firmeneigentum.

Als wäre das nicht schon schlimm genug, tritt wenig später eine weitere Panne ein. Irgendwo im System tritt eine größere Menge ätzender Kühlflüssigkeit aus, die weitere Zerstörungen an der Hauptversorgungsleitung anrichtet. Das hat zur Folge, daß nunmehr 40 Minuten Zeit bleiben, die Siedler wiederzubeleben, eine Frist, die wahrscheinlich nur die wenigsten überleben werden.

Der Verdacht, daß Zdic bei dieser "Panne" seine Hand im Spiel hatte, bestätigt sich schnell, als man die Leiche des Chefingenieurs in seinem Büro findet. Auch weiß der mittlerweile zu Bewußtsein gekommene Unbekannte einige beunruhigende Dinge über das das Cryo-Verfahren zu berichten, das beileibe nicht so harmlos und ungefährlich ist, wie die Gesellschaft glauben machen möchte. Wie verheerend sich der beschleunigte Weckvorgang auf die Betroffenen wirklich auswirkt, erfahren Dr. Caron und ihre Mitarbeiter wenig später am eigenen Leibe ...

Der Szenarist Thierry Cailleteau, geboren 1959, lebt in Rouen. 1988 gelang ihm mit der auch bei uns sehr populären SF-Serie "Aquablue" für den Zeichner Oliver Vatine der Durchbruch. An diesen Erfolg knüpft "Cryozone", die von dem Newcomer Denis Bajram gezeichnet wurde, an. Denis Bajram, geboren 1970, zeichnet bereits seit seinem achten Lebensjahr Comics und arbeitet seit 1987 arbeitet als Illustrator und Zeichner. "Cryozone" war seine erste Albenveröffentlichung.


Thierry Cailleteau und Denis Bajram
Cryozone (1) "Böses Erwachen"
Carlsen Comics, Hamburg, April 1997
48 Seiten, Softcover, farbig DM 18,90
ISBN 3-551-73111-X