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ANTIQUARIAT/019: "Kirgala" von Giné und Convard


Didier Convard, Giné (Christian Martinez)

Kirgala (1)

"Das Kind des Meeres"



Mystik mit einem Schuß ins Esoterische, Abenteuer und Spannung sind die Elemente, die diese Serie auszeichnen. Die inhaltlich und erzählerisch ausgereifte Geschichte in Verbindung mit den phantasievollen, schön gezeichneten und kolorierten Bildern nimmt den Leser von Anfang bis Ende gefangen. "Kirgala" ist ein rundum gelungenes Album und spannender Auftakt einer Serie, von der, nachdem vor einigen Jahren zwei Bände in deutscher Sprache im Ehapa Verlag erschienen, hoffentlich noch einmal weitere Bände erhältlich sein werden.

Kirgala, Seemann und Abenteurer, bekommt eine gefährliche Mission übertragen: Es geht um die Rettung jener zerbrechlichen Geschöpfe, die das Produkt einer rätselhaften Krankheit sind, welche seit drei Jahrhunderten an den nördlichen Küsten grassiert. Die Opfer dieser Krankheit, alles Kinder, sind zu einer Art evolutionärem Zwischenstadium mutiert, in dem sie, "nicht Fisch und nicht Fleisch", im Grenzbereich zwischen den Elementen Land und Wasser dahinvegetieren, aber nirgendwo wirklich dazugehören. Sie vertragen weder Wasser noch Luft, und werden mehr schlecht als recht durch ein Elixier am Leben erhalten, das die weisen Mönche der Sigen auf der Insel Stolkin aus Korallen gewinnen. Eine Nebenwirkung dieses Mittels ist, daß es den Geist in Träume versinken läßt, weshalb man die Kranken auch "Traumkinder" nennt.

Die einzige Hoffnung der trotz des Mittels von Monat zu Monat schwächer werdenden Kinder besteht darin, daß es irgendwann gelingen könnte, die Krankheit zu überwinden und in ein neues Stadium der Mutation einzutreten, die "vollkommene Mutation" zu erreichen. Dann wäre das Meer ihre Heimat, so, wie sie es auch in ihren Träumen und Visionen erleben: eine Zeit, in der alle Menschen ins Wasser zurückkehren. Eine alte Überlieferung kündet davon:

Bruder aus dem Meer, ich habe dich nicht vergessen. Bruder aus dem Meer, ich werde dich wiederfinden. Die Wellen der Zeit werden uns zusammenbringen ...

Zu allen Sorgen kommt noch hinzu, daß die Schiffe, die das mühsam hergestellte Lebenselixier zur Zentrale der Regierung Fedus bringen, von wo es weiter verteilt wird, in letzter Zeit immer wieder überfallen werden. Verantwortlich hierfür ist die Piratenflotte der Nek' Amas. Die Zeit drängt also umso mehr, den todgeweihten Kindern endlich Hilfe zukommen zu lassen. Ein Bote brachte nun eine Botschaft, die einen Hoffnungsschimmer aufkommen ließ: Weit draußen im Archipel der Mäander, an der Grenze zu den Meeren der Nek' Amas, wurde ein Traumkind entdeckt, das ganz im Meer zu leben schien. In der Hoffnung, dadurch auf Hinweise zu kommen, die den vielen anderen Kindern vielleicht helfen könnten, schickt man nun Kirgala und den Mönch Berith aus, dieses Kind zu finden. Der Mönch, der die Fähigkeit besitzt, in der Zeit zu reisen, spürt, daß die uralten, geheimnisvollen fünf Monolithen, die im Mäander-Archipel stehen, der Schlüssel zum Geheimnis der von dem Traumkind erreichten vollkommenen Mutation sind:

Aber ich sehe die fünf Punkte des Schweigens. Mein Geist fliegt um sie herum, getragen von der Nacht ... Das Kind bleibt in ihrer Nähe. Es scheint ihnen zuzuhören ... Es hört ihnen zu. Die Steine reflektieren die Vergangenheit! Das Geheimnis vollkommener Mutation liegt in ihnen ... Nur das Kind konnte ihr Geheimnis enträtseln und sich von der Krankheit befreien.

Doch auch die Nek' Amas ist hinter dem Traumkind her, und unglücklicherweise treffen sie noch vor Kirgalas Schiff auf der Insel ein. Mit brutaler Gewalt wollen sie die Familie des Traumkindes dazu zwingen, den kleinen Meeresbewohner herbeirufen ...

Hier wird es jetzt so richtig spannend, doch um nicht alles zu verraten, wollen wir an dieser Stelle lieber abbrechen. Das Traumkind jedenfalls wird auch im weiteren Verlauf noch eine bedeutende Rolle spielen. Berith sieht in einer weiteren Vision, daß es die Ursache eines schrecklichen Konflikts sein wird ...


Der französische Szenarist DIDIER CONVARD wurde am 16. Januar 1950 geboren. Er war bei verschiedenen Zeitschriften, unter anderem dem legendären Magazin "Tintin" tätig. Später arbeitete er als Texter und schließlich auch Zeichner für große Verlage wie Lombard und Glénat. Convard ist bekannt für seine gut recherchierten geschichtlichen Stoffe mit oftmals esoterischem Einschlag. Die im alten Ägypten spielende Serie "Les héritiers du soleil", die als seine bisher beste zeichnerische Arbeit gilt, erschien im Carlsen Verlag unter dem Titel "Die Erben der Sonne".

Auch der am 1. November 1947 im algerischen Oran geborene Zeichner GINÉ (mit bürgerlichem Namen Christian Martinez) begann seine berufliche Laufbahn bei Zeitschriften wie "Tintin". Seit 1982 arbeiten Giné und Convard zusammen, so schufen sie zum Beispiel die Science fiction-Serie "Neige", die unter dem deutschen Titel "Eiszeit" bei Carlsen erschienen ist. Für die Abenteuerserie "Captaine Sabre", die ab 1989 bei Ehapa erschien, schuf Giné sowohl den Text als auch die Zeichnungen.

"Kirgala", wurde 1994 unter dem Originaltitel "Finkel" bei der Pariser Edition Delcourt herausgebracht. In deutscher Sprache erschienen die ersten beiden Alben der Serie in der Ehapa Comic Collection.