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STECKBRIEF/026: Sturmtruppen - Gegen den Krieg im Funny-Outfit (SB)


"Sturmtruppen"

Antikriegs-Stripserie von Bonvi


Auf den ersten Blick betrachtet, parodiert der Zeichner Franco Bonvicini, genannt "Bonvi", in seiner Serie "Sturmtruppen" die deutsche Wehrmacht und das Leben der deutschen Soldaten während des II. Weltkriegs. Doch darüber hinaus ist die Serie erklärtermaßen als Mittel zum Zweck zu verstehen, über Sinnlosigkeit und Wahnsinn aller Kriege nachzudenken; die Armee im Nazi-Outfit stellt hierfür nur den Aufhänger dar.

In diesem Rahmen muß man die teilweise recht makaberen Scherze des Italieners Bonvi einfach sehen, um ihnen gerecht zu werden. Es gibt, wie es bei Daily Strips üblich ist, gute und weniger gute Gags darunter, manche sind gelungen, andere klischeehaft oder banal. Der Tenor einer anarchisch angehauchten Obrigkeitsfeindlichkeit zieht sich jedoch durch die ganze Serie und macht ihren Standpunkt aus. Der Kadavergehorsam der Soldaten wird ebenso auf die Schippe genommen wie die Befehlswillkür eines "Herrn Hauptmann".

Obwohl die zweizeiligen Strips im Funny-Stil gehalten sind, macht Bonvi auch vor grausamen Szenen mit entsprechendem Gehalt an schwarzem Humor nicht halt. So geht es z.B. in einem Strip darum, einem verwundeten Kameraden mitzuteilen, daß er das Eiserne Kreuz für besondere Verdienste verliehen bekommt. "Wenn er aufwacht, sagen wir es ihm!", sagt der eine. "Ja, aber wir sollten es sehr vorsichtig tun", erwidert der andere, "sonst stirbt er vor Freude!" - und das Bild schwenkt auf ein Krankenbett, in dem ein vollständig bandagiertes Bündel liegt, das keine Arme und Beine mehr hat und an verschiedene Infusionsschläuche angeschlossen ist ...

Neben den kurzen Strips erzählt Bonvi auch längere Fortsetzungsgeschichten, die ca. zehn bis zwölf Folgen haben. Hier wird z.B. von der Geburtstagsparty des "Herrn Hauptmann" erzählt, der auch gerne mal eine Feier ausgerichtet haben wollte; oder es geht um die Landung der Alliierten in der Normandie: Die beiden Freiwilligen Fritz und Franz sind davon überzeugt, Sonderurlaub erhalten zu haben und tragen den ganzen Tag lang Wettkämpfe im "Gräben-um-die-Wette-buddeln" aus.

In der Geschichte des italienischen Comic haben die "Sturmtruppen" eine besondere Bedeutung, denn es handelt sich um die erste italienische Serie, die die amerikanischen Daily Strips zum Vorbild hat und ganz in diesem Stil gahalten ist. Der 1995 verstorbene Franco Bonvicini hat die Rechte an seinen Figuren nie verkauft und vertrieb seinen Strip, der in italienischen und ausländischen Tageszeitungen, in Zeitschriften, Taschenbüchern und Alben erscheint, der realverfilmt und als Theaterstück umgesetzt wurde, selbst.

Franco Bonvicini wurde am 31.3.1941 in Parma in Italien geboren. Bevor er unter die Comiczeichner ging, arbeitete er in verschiedenen Zeichentrickstudios mit. Gleich seine erste Comic-Serie, die "Sturmtruppen", mit denen er 1969 debütierte, wurde auf Anhieb ein Riesenerfolg. Bonvi schuf noch andere Charaktere wie die Detektiv-Parodie Nick Carter oder den vom Pech verfolgten Bösewicht Cattivik, einen birnenförmigen, pechschwarzen Kobold, dessen Streiche jedesmal fehlschlagen und der als Leidtragender daraus hervorgeht. Eine weitere bemerkenswerte Serie Bonvis ist "Nach der Bombe" ("Cronache del dopobomba"), die ein bedrückendes Bild der Zeit nach einem Atomkrieg darstellt.

1. August 2008