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BERICHT/033: Musik und Medien in Afrika - Projekte bewilligt (VolkswagenStiftung)


VolkswagenStiftung - Pressemitteilung vom 08.08.2008

Musik und Medien in Afrika

VolkswagenStiftung bewilligt rund 925.000 Euro für zwei kulturwissenschaftliche Vorhaben zum sub-saharischen Afrika.


Afrika ist ein Kontinent großer kultureller Vielfalt. Diese Vielfalt ist noch dazu nicht starr und festgefügt, sondern verändert sich permanent und in immer kürzerem Takt: Wie wird daher "Kultur" in Zeiten zunehmender Globalisierung ausgehandelt? Im Rahmen ihrer Förderinitiative "Wissen für morgen - Kooperative Forschungsvorhaben im sub-saharischen Afrika" wendet sich die VolkswagenStiftung dieser Frage zu. Die Ausschreibung "Negotiating Culture in Contemporary African Societies" zielte darauf, den Prozesscharakter des Verhandelns von Kultur, seine Dynamiken, Kontexte und Akteure stärker in den Fokus zu rücken. Zudem wurden Projekte gesucht, die das Phänomen der Intermedialität - das Wandern von Themen zwischen verschiedenen Medien - interdisziplinär übergreifend untersuchen. Die VolkswagenStiftung bringt jetzt zwei Verbundprojekte mit insgesamt rund 925.000 Euro zu diesem Themenkomplex auf den Weg. Wir stellen Ihnen die Projekte im Folgenden kurz vor.

1. 410.000 Euro für das Vorhaben "The Formation and Transformation of Musical Archives in West African Societies" von Professor Dr. Raimund Vogels von der Hochschule für Musik und Theater Hannover - zusammen mit Forschern der University of Ghana und der University of Maiduguri, Nigeria;

2. 516.900 Euro für das Vorhaben "Passages of Culture: Media and Mediations of Culture in African Societies" von Professor Dr. Till Förster vom Ethnologischen Seminar der Universität Basel, Schweiz - in Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Freiburg, der Bayero University in Kano, Nigeria, der Université de Yaoundé I in Kamerun und der University of the Witwatersrand in Johannesburg, Südafrika.


zu 1: Das musikalische Erbe Afrikas

Musik ist ein flüchtiges Medium. Um sie zu erhalten, muss sie "festgehalten" werden. Das ist die Aufgabe von Archiven. Dabei lassen sich zwei Archivformen unterscheiden: zum einen materielle Archive als konkrete Materialsammlungen mit Aufnahmen, Instrumenten, Büchern und Noten; zum anderen ideelle Archive, die das Wissen von Individuen umfassen, das in Gemeinschaften per Tradition weitergegeben wird - seien es bestimmte musikalische Repertoires oder Aufführungspraktiken. Diese Unterscheidung in materielle und ideelle Archive liegt dem Vorhaben einer vierköpfigen Forscherallianz mit Partnern in Deutschland, Ghana und Nigeria zu Grunde.

Wie entstehen musikalische Archive in westafrikanischen Gesellschaften und wie verändern sie sich über die Zeit? In welcher Beziehung stehen materielle und ideelle Archive? Wie prägt das "archivierte" Wissen moderne afrikanische Identitäten? Das Forscherteam geht diesen Fragen für ein bestehendes Netzwerk dreier Universitäten und Archivstandorte in Ghana und Nigeria nach. Dabei kommt es dem Team auch darauf an, die Verbindungen zwischen Afrika, Europa und Amerika angemessen zu berücksichtigen. Denn dieses Beziehungsgeflecht mit seiner kolonialen Geschichte prägt die musikalischen Genres, Stile und Institutionen. Um das afrikanische musikalische Erbe zu erhalten und wissenschaftlich zugänglich zu machen, plant das Team vier Workshops und zwei Konferenzen.


Kontakt
Hochschule für Musik und Theater Hannover
Prof. Dr. Raimund Vogels
Telefon: 0511 3100 632
E-Mail: raimund.vogels@hmt-hannover.de


zu 2: Neue Medien und Kultur

Welche Bedeutung haben Medien - gerade auch die "neuen Medien" - für die afrikanischer Gesellschaften? Wie beeinflussen diese Medien die Veränderungen in einer immer globaler werdenden Welt? Das möchte ein fünfköpfiges Forscherteam aus der Schweiz, Deutschland, Nigeria, Kamerun und Südafrika genauer untersuchen. Dabei gehen die Wissenschaftler davon aus, dass Kultur durch unterschiedliche Medien vermittelt und ausgehandelt wird. Was sich im Zusammenspiel von Medien und Kultur derzeit verändert, sollen vier Fallstudien ans Licht bringen. Untersucht werden folgende Entwicklungen:

vom Live-Auftritt zu Radio-, CD- und Fernsehproduktionen (Südafrika),
von Theateraufführungen zu Film und Fernsehen (Kamerun),
von der gespielten Musik zu vielfältigen medialen Verlagerungen in Literatur und visueller Kultur (Nigeria);
von der Face-to-face-Kommunikation zu elektronischen Interaktionen (Kamerun, Deutschland, Schweiz) - mit Fokus auf dem durch Migration verursachten Wandel in der Kommunikation zwischen Afrika und Europa.

Die Wissenschaftler nehmen für jedes Fallbeispiel vier Themenfelder genauer in den Blick: erstens die sich ändernden Wahrnehmungsformen, zweitens die Auswirkungen auf die Kreativität, drittens die Umgestaltungen von Subjektivität und Identität und viertens die Entstehung von transnationalen Räumen und neuen Formen von Öffentlichkeit. Auch der wissenschaftliche Nachwuchs wird eingebunden: Im Projekt sollen zehn Doktoranden arbeiten, deren Ausbildung mit Sommerschulen und Workshops begleitet wird. Die Workshops dienen zudem dazu, das Forschernetzwerk in Afrika weiter auszubauen.

Weitere Informationen zu diesem Projekt unter:
http://www.unibas-ethno.ch/forschung/forschungsprojekte/passages.php.

Kontakt
Universität Basel
Ethnologisches Seminar
Prof. Dr. Till Förster
Telefon: 0041 61 2672740
E-Mail: till.foerster@unibas.ch


Zur Förderinitiative:

Mit der Förderinitiative "Wissen für morgen - Kooperative Forschungsvorhaben im sub-saharischen Afrika" trägt die VolkswagenStiftung seit 2003 zum Aufbau und zur nachhaltigen Stärkung von Wissenschaft in Afrika bei. Gefördert werden in erster Linie Projekte, die in enger Zusammenarbeit zwischen afrikanischen und deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entwickelt wurden. Seit Einrichtung der Initiative konnten 86 Projekte mit insgesamt 9,8 Millionen Euro gefördert werden.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 08.08.2008
VolkswagenStiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Christian Jung
Telefon: 0511 8381 380
E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de
Internet: www.volkswagenstiftung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2008