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BERICHT/034: Zehnjähriges Bestehen des MESROP Zentrums für Armenische Studien (idw)


Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg - 01.12.2008

Festsymposium zum zehnjährigen Bestehen des MESROP Zentrums für Armenische Studien


Das zehnjährige Bestehen des MESROP Zentrums für Armenische Studien an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) wird am Dienstag, 9. Dezember 2008, mit einem deutsch-armenischen Festsymposium begangen, zu dem Rektor Prof. Dr. Wulf Diepenbrock hochrangige Gäste aus Wissenschaft und Politik begrüßt. Mit dem MESROP Zentrum verfügen die MLU und das Land Sachsen-Anhalt über ein deutschlandweit einzigartiges Instrument für eine breit gefächerte armenologische Forschung und Lehre.

Die Botschafterin der Republik Armenien Karine Kazinian und Sachsen-Anhalts Staatsekretär für Wissenschaft und Kultur Dr. Valentin Gramlich würdigen bei der Festveranstaltung die Tätigkeit des MESROP Zentrums aus den Perspektiven armenischer und deutscher Wissenschafts- und Kulturpolitik. Einer der hochkarätigsten armenischen Kultur- und Kunstwissenschaftler, Prof. Dr. Levon Chookaszian, Inhaber des UNESCO-Lehrstuhles für armenische Kunstgeschichte, reist vom Fuße des Berges Ararat aus der armenischen Hauptstadt Jerewan an, um den Festvortrag zu halten. Über die aktuellen "Regionalstudien" weit hinausgehend stellt Chookaszian dabei die charakteristische, spannende Interregionalität der armenischen Kultur- und Wirtschaftsgeschichte dar, indem er die Bedeutung der interkontinentalen armenischen Handelsrouten für den Ost-West-Kunsttransfer behandelt. Der Titel seines mit Lichtbildern illustrierten Vortrags lautet: "The Wealth of Armenian Merchants and East-West Art Transfer".

Im Anschluss daran erklingt ab 20 Uhr ein Armenisch-Deutsches Liedkonzert, vorgetragen von der international namhaften Sopranistin Anahit Abgarjan (Jerewan/Tutzing) und dem Sänger und Pianisten Stephan Beck (Tutzing). Auf dem Programm stehen Vertonungen armenischer Lieder, vor allem die des größten armenischen Komponisten und Musikethnologen des 19./20. Jahrhunderts, Komitas. Komitas arbeitete sowohl in Armenien als auch in Deutschland, wo er die heutige Internationale Gesellschaft für Musikwissenschaft mitbegründete. Später wirkte er vom osmanischen Konstantinopel aus in ganz Europa, geriet aber 1915 in die Deportationen des Völkermords an den Armeniern. Obwohl er als einer der wenigen armenischen Intellektuellen gerettet wurde, schwieg er als Künstler - seelisch völlig zerstört - von 1915 bis zu seinem Tode 1935 in einem Pariser Sanatorium. Heute zeugt ein großes Komitas-Denkmal im Zentrum von Paris an der place Canada von seinem Schicksal und dem des armenischen Volkes. Die zweite Hälfte des Konzerts ist von den Zwölf Gedichten aus Friedrich Rückerts Liebesfrühling Op. 37/12 von Robert und Clara Schumann bestimmt.

Das interdisziplinäre MESROP Zentrum für Armenische Studien wurde 1998 an der Universitätsstiftung LEUCOREA zu Wittenberg im Rahmen der staatlichen wissenschaftlich-kulturellen Zusammenarbeit des Landes Sachsen-Anhalt und der Republik Armenien gegründet und 2006 an die Martin-Luther-Universität nach Halle transferiert. Es wird von Prof. Dr. Dr. h. c. Hermann Goltz, Professor für Ostkirchenkunde an der halleschen Universität, in interdisziplinärem Zusammenwirken mit PD Dr. phil. Armenuhi Drost-Abgarjan vom Orientalischen Institut der Universität geleitet. Neben der interdisziplinären Erforschung der armenischen Kultur und Geschichte unterstützt das MESROP Zentrum tatkräftig die wissenschaftlich-kulturelle Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Armenien, die im Auftrag der Kultusministerkonferenz vom Kultusministerium Sachsen-Anhalts koordiniert wird.

Während der zehn Jahre seines Bestehens konnte das MESROP Zentrum zahlreiche Publikationen erarbeiten, es organisierte Vorträge, Konferenzen, Sommerakademien, Sommerschulen, Kulturveranstaltungen und arbeitete bei den "Deutsch-Armenischen Kulturtagen" in Deutschland und Armenien mit. Ein großer internationaler Erfolg war die auch vom Auswärtigen Amt mitgeförderte Ausstellung "Der gerettete Schatz der Armenier aus Kilikien" im Jahre 2000 am Landesmuseum Moritzburg in Halle. Das renommierte Benaki-Museum in Athen übernahm 2002 diese Ausstellung. Heute ist sie ständig im Museum der Exil-Armenier in Antelias/Libanon (nördlich von Beirut) zu sehen.

Der größte Erfolg in der jüngeren Vergangenheit war die von der VolkswagenStiftung geförderte deutsch-armenische MESROP-Sommerschule 2008 in Armenien, an welcher 50 Studierende und Nachwuchswissenschaftler aus fünf Nationen und 15 wissenschaftlichen Disziplinen teilnahmen. Mit dem MESROP Zentrum verfügen die Universität Halle-Wittenberg und das Land Sachsen-Anhalt über ein in ganz Deutschland einzigartiges Instrument für eine breit gefächerte armenologische Forschung und Lehre, die den Prinzipien der Interregionalität und der Interdisziplinarität verpflichtet ist.

Durch seine umfangreiche Arbeit hat das MESROP Zentrum auch den entscheidenden Impuls für den Partnerschaftsvertrag zwischen der Staatlichen Universität Jerewan und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gegeben, der am 22. Oktober 2008 von den Rektoren Prof. Dr. Aram Simonyan und Prof. Dr. Wulf Diepenbrock unterzeichnet wurde. Damit ist die Chance gegeben, wieder an die traditionell starken deutsch-armenischen Wissenschafts- und Kulturbeziehungen vor dem Ersten Weltkrieg anzuknüpfen, die durch den Völkermord an den Armeniern 1915/16 nahezu völlig abgebrochen wurden.

Weitere Informationen unter:
http://www.mesrop.uni-halle.de/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution167


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
Dipl.-Journ. Carsten Heckmann, 01.12.2008
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2008