Schattenblick →INFOPOOL →BILDUNG UND KULTUR → FAKTEN

MELDUNG/057: Buchneuerscheinung - Engelbarts Traum, Wie der Computer uns Lesen und Schreiben abnimmt (idw)


Justus-Liebig-Universität Gießen - 09.09.2014

Engelbarts Traum - Wie der Computer uns Lesen und Schreiben abnimmt

Gießener Sprachwissenschaftler Prof. Henning Lobin untersucht in seinem neuen Buch den Wandel des Lesens und Schreibens auf dem Weg zu einer Digitalkultur



Die Digitalisierung markiert das Ende der Schriftkultur. Der Gießener Sprachwissenschaftler und Computerlinguist Prof. Dr. Henning Lobin untersucht in seinem soeben im Campus-Verlag erschienenen Buch "Engelbarts Traum - Wie der Computer uns Lesen und Schreiben abnimmt" den Wandel des Lesens und Schreibens auf dem Weg zu einer Digitalkultur.

Die Digitalisierung bedeutet eine kulturelle Zeitenwende wie die Erfindung des Buchdrucks. Mit der Entwicklung des Computers haben die Menschen das Monopol über die Schrift verloren. Der Computer nimmt uns Lesen und Schreiben immer mehr ab und wird dabei selbst zum Leser und Schreiber. Douglas Engelbart, der Erfinder der Computer-Maus, zeichnete diese Entwicklung schon 1968 in einer legendären Demonstration vor. Sein Traum ist unsere Wirklichkeit geworden und bestimmt unsere Zukunft.

In seinem neuen Buch "Engelbarts Traum" zeigt Henning Lobin, Professor für Angewandte Sprachwissenschaft und Computerlinguistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), wie sich diese Entwicklung des Lesens und Schreibens auf die Infrastrukturen der Schriftkultur (Bibliotheken, Verlage) und ihre Institutionen (Schule, Universität, Presse, Zensur) auswirkt. Auf dem Weg hin zu einer "Digitalkultur" wird der Mensch zunehmend in die Peripherie gedrängt. Der digitale Code, gleichsam eine neue kulturelle DNA, tritt dabei mehr und mehr an seine Stelle. Welche weiteren Veränderungen lassen sich derzeit voraussagen? Wie können wir verhindern, dabei zum Spielball der technischen Evolution zu werden? Engelbarts Traum muss heute neu gedeutet werden, soll er sich nicht in einen Albtraum verwandeln - mahnt der Autor.

Seine Thesen entfaltet Prof. Lobin in zehn Kapiteln und geht dabei den offenen Fragen auf den Grund. Nach einer Einleitung, in der er einige historische Schlüsselszenen skizziert, werden die Kulturtechniken des Lesens und Schreibens historisch und systematisch erläutert. Lobin zeigt, wie daraus die Infrastrukturen, Institutionen und Werte der Schriftkultur entstanden sind.

Im vierten Kapitel erklärt der Autor auf leicht verständliche Weise, was eigentlich "Digitalisierung" bedeutet und welche Triebkräfte ihr - bezogen auf die kulturelle Entwicklung - innewohnen. In den folgenden beiden Kapiteln stellt er in einer Vielzahl von Beispielen neuartige Verfahren des computergestützten Lesens und Schreibens dar - Techniken, die heute bereits existieren, oft aber kaum bekannt sind. Das siebte Kapitel beschreibt, wie sich diese neuen Techniken auf den Umgang mit Texten auswirken, auf Schreib- und Lesegewohnheiten, auf das Lernen, Forschen und Informieren. Dass die kulturelle Entwicklung evolutionären Kräften unterliegt, wird im achten Kapitel behandelt. Die Lehre von den "Memen" als Grundeinheiten der Evolution wird auf ihre Reproduktion durch Schrift und die Digitalisierung bezogen. Im neunten und zehnten Kapitel versucht der Autor schließlich eine Voraussage dieser Entwicklungen bezogen auf die Infrastrukturen, Institutionen und Werte einer entstehenden Digitalkultur.

Prof. Lobins evolutionärer Blick auf das Ende der Schriftkultur bietet jenseits von Kulturpessimismus oder Fortschrittsfeindlichkeit unverzichtbares Hintergrundwissen und fundierte Orientierung in der aktuellen Debatte um die Digitalisierung.

Über den Autor:
Prof. Dr. Henning Lobin ist seit 1999 Professor für Angewandte Sprachwissenschaft und Computerlinguistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Seit 2007 leitet er dort das interdisziplinäre Zentrum für Medien und Interaktivität (ZMI), in dem die Auswirkungen von neuen Kommunikationsformen auf Wissenschaft, Bildung und Kultur untersucht werden. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Texttechnologie, die multimediale Wissenschaftskommunikation und der medienkulturelle Wandel durch Digitalisierung.

Neuerscheinung
Henning Lobin
Engelbarts Traum
Wie der Computer uns Lesen und Schreiben abnimmt
Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York
September 2014, kart., 281 Seiten
D 22,90 € / A 23,60 € / CH 32,90 Fr.
ISBN 978-3-593-50183-3
Auch als E-Book verfügbar


Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die mehr als 26.500 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot - von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissenschaften - bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit 2006 wird die JLU sowohl in der ersten als auch in der zweiten Förderlinie der Exzellenzinitiative gefördert (Excellence Cluster Cardio-Pulmonary System - ECCPS; International Graduate Centre for the Study of Culture - GCSC).



Weitere Informationen unter:
http://www.lobin.de
http://www.scilogs.de/engelbart-galaxis/

http://blog.lobin.de
- Prof. Henning Lobins Blog "Die Engelbart-Galaxis"

http://www.campus.de/buecher-campus-verlag/wissenschaft/kulturwissenschaften/engelbarts_traum-8569.html
http://www.uni-giessen.de/fbz/zmi

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution217

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Justus-Liebig-Universität Gießen, Charlotte Brückner-Ihl, 09.09.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. September 2014


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang