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ENGLISCH/486: Achtung Kommafehler! (II) Kein Komma ist ein Standpunkt (SB)


" A C H T U N G      K O M M A F E H L E R ...! "


2. Garantiert kommalose Nebensätze

"Komma" oder "nicht Komma" ist eine Standpunktsfrage



Über die deutsche Angewohnheit, vor jeden Nebensatz ein Komma zu setzen, können Briten nur lachen. Um dem vorzubeugen und unsere unselige Vorliebe für Kommas gleich im Keim englischsprachiger Schreibübungen zu ersticken, sollen in dieser zweiten Folge von "Achtung Kommafehler" deshalb auch hauptsächlich Beispiele genannt werden, in denen ein Komma garantiert nicht angebracht wäre. Es gibt aber auch Zweifelsfälle, wie wir noch sehen werden, in denen die Frage "Komma" oder "nicht Komma" regelrecht zur Standpunktsfrage werden kann, bzw. zur Frage, inwiefern man bereit ist, die Verantwortung für mehr oder weniger gravierende Mißverständnisse auf sich zu nehmen.

Der Einfachheit halber zeige ich im folgenden anhand einiger Beispiele, welche englischen Nebensätze auf keinen Fall durch ein Komma abgetrennt werden:

1. Niemals ein Komma vor einem Nebensatz, der mit "that" beginnt
ganz gleich ob das "that" tatsächlich da steht oder nicht:

"He said that he had a headache."
"She declared that it was true."

Diese Beispiele für indirekte Rede werden auch dann ohne Komma geschrieben, wenn das einleitende "that" wegfällt.

"He said he had a headache."
"She declared it was true."

2. Keine Kommas in indirekten Fragesätzen!

"He asked why she thought so."
"She wasn't sure wether to believe him or not."
"She questioned herself what they were going to do."
"I can't really tell you how old he is."
"I 'm not sure when he'll be back."
"He does'nt know if she has been to France."

3. Niemals Kommas vor Fragewörtern wie "Why", "Wether" oder "How"

"He hadn't the slightest idea why she had done what she had done."
"But did he know how she had done it?"

4. Ebenfalls kein Komma vor "Where" oder "When"!

"He inquired where she was."
"He asked when they were coming."

Wobei für die hier gewählten Beispiele natürlich ebenfalls Punkt 2. "Keine Kommas in indirekten Fragesätzen!" gilt.

5. Kein Komma in notwendigen Relativ-Nebensätzen

Normalerweise wird auch ein Relativ-Nebensatz, wenn er für das Verständnis des Satzes unentbehrlich ist, nicht durch ein Komma abgetrennt:

The novel which was written by Joanne K. Rowling became world- famous.

Er definiert das Nomen, auf das er sich bezieht (englisch: defining relative-clause). Aus kommalosen Angaben wie diesen:

My brother who is a teacher lives in London.
My brother who is a gardener lives in Edinburgh.

kann man also haarscharf schließen, daß die Person zwei Brüder hat. Hier wird der jeweilige Bruder genauer beschrieben.

Im Deutschen hieße der Satz im übertragenen Sinn:

Derjenige meiner Brüder, der ein Lehrer ist, lebt in
London ...

6. Ausnahme: entbehrliche, nicht notwendige Relativ-Nebensätze

Steht dagegen ein Relativ-Nebensatz in Kommas oder setzt ein Unwissender hier aus Versehen oder aus Gewohnheit ein Komma, so heißt das für den Muttersprachler automatisch, daß keine weitere Person existiert, von der diese unterschieden werden soll, weil der eingeklammerte Nebensatz unnötig ist. Hiernach bedeutet:

My brother, who is a teacher, lives in London.

Mein einziger Bruder, der zufällig auch noch Lehrer ist, lebt in London.

Das kann zu Mißverständnissen führen, deshalb sollte man diese Eigenart der englischen Zeichensetzung kennen und berücksichtigen.

Die Schreibweise "My brother who is a gardener ..." setzt also stillschweigend mindestens einen weiteren Bruder unterschiedlicher Profession voraus. Doch in welche Verwirrung mag ein britischer Empfänger ihrer Korrespondenz stürzen, wenn er meinetwegen liest:

My wife who is pregnant stays at home... (Diejenige meiner Ehefrauen, die gerade schwanger ist, bleibt zuhause...)

Im gesprochenen Englisch wird diese Unterscheidung durch die phonetische Betonung des Nebensatzes unmißverständlich deutlich gemacht. Während im ersten Fall

My brother who is a teacher lives in London...

alle bedeutungstragenden Satzteile gleichmäßig betont werden, also gleiches Gewicht auf "brother", "teacher", "lives" und "London" gelegt wird, wird im zweiten Fall der in Kommas eingeklammerte Nebensatz besonders hervorgehoben, indem man die Stimme bei dem Wort "teacher" anhebt.

Durch diese phonetische Betonung, die man mit etwas Übung leicht heraushört, weiß man also sofort, ob hier ein Komma gesetzt werden muß oder nicht (und ob es einen weiteren Bruder gibt). Wer hier möglichst keinen Streit riskieren will (es gibt ja auch brisantere Themen, als die Anzahl der Geschwister oder Ehefrauen), sollte sich merken, daß man ein Unikat nie genauer definieren muß. Es ist einzigartig. Jeder weitere Kommentar ist also überflüssig und muß daher im Englischen in Kommas gesetzt werden, auch wenn es einem gewaltig gegen den Strich geht.

Cheerio!


Erstveröffentlichung 2003
Überarbeitete Fassung 21. November 2012