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ENGLISCH/712: Hörempfehlung - Richard Matheson's "I am Legend" (SB)


UNVERGESSLICHE HÖRABENTEUER AUS BBC 7 UND WORLDSERVICE


Postapokalyptischer Schauerroman des legendären Drehbuchautors



Daß BBC 7, der Sender, der sich auch nicht für die Digitalisierung und Ausstrahlung der ältesten und verstaubtesten Unterhaltungssendungen aus den BBC-Archiven zu schade ist (und sogar Hörermitschnitte aufarbeitet, wenn alte Aufnahmen nicht mehr aufzufinden sind), uns nicht nur täglich 24 Stunden lang diese vielgeliebten "ollen Kamellen" auftischt, sondern auch viele eigene Produktionen, ist dem Stammpublikum schon lange klar.

So wurde eine schottische Neuproduktion Eilidh McCreadie fast genau vor einem Jahr mit der vielversprechenden Ankündigung des Romans von Richard Matheson mit folgenden Worten präsentiert ...

Tonight a Story that's brandnew to the 7th dimension as we bring you part one of Richard Matheson's gripping horror novel recorded specially for us "I Am Legend". [...] Tonight a chance to loose yourself in the powerful and dramatic story "I Am Legend". Now it's described as one of the Twentieth Century most significant vampire-novels. The plot sends us around a man called Robert Neville. Struggling to survive in a 1970th postapokalyptic world now inhabited by many undead and troubled souls. Not surprisingly with a horror novel of this sort the reading does contain some adult language and content.
(BBC 7, Januar 2006)

... und hatte damit nicht zu viel versprochen. Tatsächlich versinkt der Hörer in einer postapokalyptischen Welt, die zugleich futuristische und Science Fiction-Elemente enthält und gleichzeitig an das vergangene Chikago der 50er Jahre erinnert, der Welt aus der der amerikanische Autor Richard Matheson stammt, der das in der Hörfassung von Angus MacInnes vorgelesene Buch schon 1954 geschrieben hat. Dabei hat er schon für das Jahr 1976 eine Zukunft vorausgesehen, die im Zuge von Aids, wieder zunehmenden Seuchen auf der Welt und vor allem angesichts der gentechnischen Möglichkeiten und nicht zu Unrecht befürchteten Gefahren durchaus aktuellen Wert besitzt.

Wer dieses hörenswerte Stück seinerzeit verpaßt hat, erhält nun eine neue Chance die Sendungen zu verfolgen, da der BBC 7 sie diesmal als Wiederholungen in sein Januarprogramm aufgenommen hat.

Die Stimme von Angus MacInnes trägt ein Übriges dazu bei, das 50er- Jahre-Heldenklischee des Wiskey trinkenden, rauchenden couragierten Einzelgängers, wie man ihn aus späteren "Camel-Reklamen" kennt, vor dem inneren Auge des Zuhörers aufleben zu lassen. Womit skurillerweise trotz allen Horrors und trotz des dramatischen, nervenzermürbenden Überlebenskampfs des Protagonisten gleichzeitig eine äußerst gemütliche Zuhöratmosphäre geschaffen wird. Sie beruht auf der Vorstellungswelt einer Gesellschaft, die nach heutiger besserer Kenntnis im Sumpf der Doppelmoral verkam, während sie vermeintlich ihre Helden und Ideale prägte wie ewige Liebe und unbedingte, rückhaltlose Treue.

Die Geschichte beginnt im Januar 1976. Vor dem Hintergrund einer durch eine tödliche Seuche bewirkten weltweiten Verwüstung und Zerstörung aller lebenserhaltenden Einrichtungen hat sich der Held der Geschichte, Robert Neville, der aus einem unerklärlichen Grund immun gegen die Krankheit zu sein scheint, als letzter überlebender Mensch eine Bastion gegen eine Welt voller Vampire geschaffen, gegen die er ständig kämpfen muß, um selbst zu überleben. Diese zeigen alle klassischen Merkmale der Vampirismuslegende. Es sind Untote, die das Licht scheuen, nachts die letzten Menschen überfallen oder sich gegenseitig das Blut aussaugen, Knoblauch wie christliche Symbole meiden und ebenso verschlagen und durchtrieben wie unmoralisch ihre elementaren Bedürfnisse verfolgen. In einem hoffnungslos scheinenden Kampf setzt Neville seinen Verstand und alle technischen Errungenschaften oder wissenschaftliche Entdeckungen, die er sich im Verlauf der Geschichte aneignen kann, zur Vernichtung seiner Gegner ein, wobei er häufig improvisieren muß. Gleichzeitig erinnert er in Rückblicken an seine Vergangenheit, seine Sehnsucht, seine Einsamkeit und seine unerfüllbaren Hoffnungen. Am Ende muß er jedoch erkennen, daß nicht die, die er bekämpft, sondern er selbst zum Außenseiter bzw. zur Legende geworden ist.

Das Ganze ist ungeheuer dramatisch und spannend zu hören und so meisterhaft vorgetragen, daß man z.B. Soundeffekte wie in Action- Hörspielen überhaupt nicht vermißt. Die Kampfszenen und die variationsreiche und bewegte Sprache von Matheson reichen vollständig aus, um ein eindrückliches vielschichtiges Bild zu vermitteln, in das der Hörer vollständig eintaucht. Dazu gehört auch das oben als "adult language" angekündigte handfeste Vokabular, daß sich allerdings, verglichen mit modernen heutigen Filmen, durchaus noch im Rahmen hält. Hier ein anschauliches Beispiel aus der ersten Folge, wenn Neville die Hoffnungslosigkeit seiner Situation in mehrerer Hinsicht zugleich beschreibt:

... He could still see them out there, the white-faced men prowling around his house, looking ceaselessly for a way to get in at him. Some of them, probably, crouching on their haunches like dogs, eyes glittering at the house teeth slowly grating together, back and forth, back and forth

And the 'w o m e n' ... Did he have to start thinking about 't h e m' again? He tossed over on his stomach with a curse and pressed his face into the hot pillow. He lay there, breathing heavily, body writhing slightly on the sheet. Let the morning come. His mind spoke the words it spoke every night. Dear God, let the morning come.
(BBC 7, I Am Legend Part 1/9)

An anderer Stelle, kurz danach wird es dann zum gleichen Thema noch ein wenig drastischer:

... Reading-drinking-soundproof-the-house-the 'w o m e n" The women, the lustful bloodthirsty, naked women flaunting their hot bodies at him. No, not hot. [...]

Goddamn them, what were they waiting for? Did they think he was going to come out and hand himself over?

Mit stärkeren Flüchen oder Ausrutschern ist nicht zu rechnen. Die Sprache spiegelt Zeitgeist und Lebensgefühl der hier zugrunde liegenden Zeit wieder und ist daher für den Entwurf der futuristischen Matheson-Welt geradezu unabdingbar. Sie ist aber, obwohl angenehm moderat und nicht langweilig vorgetragen, nicht immer leicht zu verstehen.

Mit anderen Worten bieten die neun halbstündigen Folgen von "I Am Legend" also genau jene leichte Überforderung für den fortgeschrittenen Englischlernenden, die von Sprachlernexperten immer wieder gefordert wird. So mahnte erst unlängst der vom Sprachlernmagazin Spotlight zum Audio Guru erklärte Richard Cauldwell in einem Artikel "10 tips for how to learn effectively with audio", (Spotlight Januar 2007), man solle möglichst authentische Hörbeiträge und auch unterschiedliche Sprachfärbungen in natürlichem Tempo gesprochen zum Hören auswählen. Angus MacInnes spricht zwar ein gut verständliches Amerikanisch, aber immerhin in authentischem Vorlesestil. Das ist beim Einstieg in das Hörverständnistraining schwierig genug.

Auch der zweite Tip von Cauldwell, eine entsprechende Printversion für das Gehörte zur Hilfe zu nehmen, um jeweils hinterher zu überprüfen, ob das, was man verstanden hat, auch tatsächlich gesagt wurde, läßt sich befolgen, wenn man sich das gleichnamige Buch von Richard Matheson "I am Legend" besorgt, mit dem sich beispielsweise auch verpaßte Rundfunkfolgen sehr gut ausgleichen lassen. Zum einen hält sich die Hörversion sehr genau an den Text, zum anderen machen ein deutliches Schriftbild und eine übersichtliche Kapitelgliederung, an der sich auch die Folgen der Hörversion orientiert, das Auffinden entsprechender Textstellen leicht.

Das Buch "I Am Legend ist 2001 noch einmal als Paperback neu vom britischen Verlag Gollancz, der zur Orion Publishing Group gehört, aufgelegt (ISBN 1 85798 809 4) worden und für 6,99 Britische Pfund im Internet zu bestellen.

Die Hörversion wird augenblicklich im Programm des BBC 7 wiederholt. Wörtlich heißt es dazu im wöchentlich erscheinenden Newsletter von Mary Kalemkeirian:

I am Legend Another chance to hear this nine-part BBC 7 commission of Richard Matheson's 1954 classic novel, which combines science fiction with horror. When Robert Neville finds he is immune to the plague that has decimated the population, he encounters unimaginable evil as he searches for a cure. Read by it is produced in Scotland by Eilidh McCreadie

Thursday and Friday at 6.30pm and 12.30am
http://www.bbc.co.uk/bbc7/drama/7thdimension.shtml

Die Serie beginnt im Lifestream bzw. im aktuellen Radioprogramm (Digital Radio DAB, Digital Satellite) am Mittwoch 24. Januar und wird dann täglich fortgesetzt. Wer etwas davon verpaßt hat, kann die Serie wie sämtliche Programme der Vorwoche (jeder Beitrag bleibt 7 Tage erhalten), noch eine Woche im Internet hören:

siehe What's On und Listen Again:
http://www.bbc.co.uk/bbc7/listings/index.shtml?Today
http://www.bbc.co.uk/bbc7/listenagain/monday
...thursday...sunday/


*


Noch ein paar Worte zum Autor Richard Matheson wurde 1926 geboren und feierte im vergangenen Jahr seinen 80. Geburtstag. Hier eine kurze Auswahl seines Schaffensdranges:

Seine erste SF-Kurzgeschichte "Born of Man and Woman" erschien 1950 in "The Magazine of Fantasy and Science Fiction". "I Am Legend" wurde 1954 veröffentlich und als "Der Omega-Mann" mit Charlton Heston in der Hauptrolle verfilmt. Matheson, der, wie er in einem BBC7- Interview zu seinem 80ten Geburtstag zugab, schon als Kind ausschließlich an Horror und Science Fiction interessiert gewesen sei, einer Zeit also, als es dieses Genre eigentlich noch gar nicht gab, verfaßte auch zahlreiche Drehbücher wie "The Incredible Shrinking Man" [der unglaubliche schrumpfende Mann] das aus dem Vorbild seines Buches "The Shrinking Man" (1956 veröffentlicht) entstand. Der Film wurde 1958 mit dem Hugo-Filmpreis ausgezeichnet.

Matheson schrieb weitere Drehbücher (z.B. The Fall of the House of Usher) und viele Geschichten der auch hierzulande bekannten TV-Serie "The Twilight Zone". Sehr viel Furore machte sein Drehbuch "Duell", das 1971 von Steven Spielberg verfilmt wurde, von dem ebenfalls eine Hörfunkfassung existiert, die im letzten Jahr im Programm des BBC7 zu seinem Geburtstag gesendet wurde. Weitere SF-Kurzgeschichten wurden u.a. in Sammlungen wie "The Shores of Space" (1957) und "Shock!" (1961), "Shock I" (1964) und "Shock III" (1966), "Shock Waves" (1970), "Shock 4" (1980) und "Richard Matheson: Collected Stories" (1989) zusammengefaßt. Darüber hinaus erschienen noch mehrere Romane, wie "Hell House" (1971) (1973 als "The Legend of Hell House" verfilmt), "Bid Time Return" (1975), "Earthbound" (1982) und "Journal of the Gun Years" (1992). Ein weiterer Film basierend auf seinem Roman "What Dreams May Come (1978) was released in 1998, mit Robin Williams in der Hauptrolle. Immer aber blieb Matheson seinem Lieblingsgenre treu, was ihn zum idealen Autor für die "7th Dimension" des BBC7 macht.


10. Januar 2007