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ENGLISCH/716: Who is afraid of big bad grammar (4) When or if (SB)


Unterhaltsame Reise durch die Wüste "Grammatik"


4. Etappe - if oder when?



Nachdem wir schon wochenlang auf die nächste Karawane (caravan) warten, glauben wir zunächst an eine Fata Morgana, als sich ein seltsames Gespann am frühen Morgen als kleiner Punkt am Horizont zeigt und schließlich abends in der Oase eintrifft. Es ist der Holländer Frits Berkenboosh, der sich vorgenommen hat, mit dem Fahrrad die Wüste der Grammatik zu durchqueren. Da er nur sehr schlecht Deutsch, aber ausgezeichnet Englisch spricht, findet die Unterhaltung wie gehabt in Englisch statt.

"A lot of Dutch people", so erklärt er uns, "have great problems with when and if". "I would be very grateful, when you could tell me something about the difference between those words, while we are waiting." Und outet sich durch diese Worte selbst als Angehöriger des Problemkreises.

Ali, unser Supergrammatiker, der sich als verhinderter Karawanenführer bereit erklärt hat, die kleine Gruppe auch weiter durch diese schier endlose Wüste ödester Regeln und Gesetze zu führen, lacht leise in sich hinein und sagt in seinem seltsamen, akzentuierten Singsang, der sich nur bei genauem Hinhören als grammatisch völlig korrektes Englisch erweist: "I see, why you are so desperate" [Schon klar, warum du darauf so versessen bist]. Und meint weiter: "Well in fact, not only Dutch people have these problems. But to native speakers the difference feels very clear cut. And it just sounds very odd, ' i f ' (not when) you use the wrong word."

Reine Gefühlssache also?

Für den Engländer oder Muttersprachler einer anderen englischsprachigen Nation höre sich also das falsch angewendete Wort einfach seltsam oder komisch an. Nun schön, das hilft im Zweifelsfalle nicht unbedingt weiter, wenn man die Qual der Wahl hat, kein Muttersprachler ist und die entsprechende Regel nicht kennt. Mit einem:

"If it doesn't sound odd to a non-native speaker, it might still not be right" habe ich zwar meine Kritik ausgedrückt und gleichzeitig einen echten If-Satz bzw. Satz im Conditional I gebildet, an dem auch Ali nichts auszusetzen hat, doch unser Holländer sieht immer noch leicht irritiert in die Runde. "Schau doch mal in das "Grammar book" des Meteorologen, Katrin", meinte mein Freund Michael. In einer der ersten Etappen waren wir auf einen Wetterballon gestoßen, den ein gestreßter Wetterkundler in seinem Jeep schon durch die halbe Wüste verfolgt hatte. Aus lauter Freude über den Fund hatte er uns seine zerfledderte Grammatik überlassen, die sich zwischen den wertvollen Wetterdaten fand.

Okay, unter dem Stichwort if-sentences ist hier zu lesen:

"When" often suggests certainty.

"if" often suggests uncertainty.

Anders gesagt, "when" bedeutet, es steht fest, daß etwas geschehen wird (when I buy this computer, I'll be broke. - Wenn ich den Computer kaufe, werde ich komplett pleite sein). Der Kauf ist schon abgeschlossen oder zumindest die Entscheidung dazu getroffen.

"If" zeigt an, daß es noch offen ist, ob etwas passieren wird, oder nicht (If I buy this computer, I'll be broke. - Falls ich den Computer kaufe, werde ich komplett pleite sein). Im letzten Fall ist nicht sicher, ob der Kauf auch stattfinden wird. Wir raten Frits nun dazu, "imagine" (stell Dir mal vor) statt "if" einzusetzen.

If it rains tomorrow, what will you do?
Imagine it rains tomorrow, what will you do? - I'll go to the cinema. But when it rains tomorrow, and it is almost certain that it will, you will run home! When it stops you will go out again.

Tatsächlich scheint Frits mit dieser recht einfachen Erklärung und den Beispielsätzen etwas anfangen zu können, denn es erinnere ihn, wie er meint, an etwas, das er in einer Fernsehshow gesehen habe. Wörtlich sagt er:

"It reminds me of an example, I heard in a television game show: An American woman took part in the show, and she had to bet something would or would not happen. The quizmaster who was presenting the show said to the American: "And what will you do, when you loose." To which the American replied: "Not 'when' I loose, ' i f ' I loose!" She made it clear, that it was not certain that she would loose. In fact she hoped that she would win."

Die amerikanische Dame wollte also klarstellen, daß es durchaus möglich bzw. sie fest dazu entschlossen sei, zu gewinnen. Durch den Gebrauch des Wortes "when" hatte der Showmaster hingegen schon angedeutet, daß der Ausgang der Wette im Grunde schon fest stand. Sie würde verlieren.

Das erinnert mich an eine seltsame Begebenheit beim Einchecken zum Flug nach Dakar in München. Und ich gebe meine Anekdote zum besten und den anderen damit ein weiteres Beispiel:

That reminds me of a long distant flight we made which involved changing planes. The check-in clerk gave me a piece of paper to identify my luggage and he said: "When your luggage is lost you must show these piece of paper."

For just a moment until I realized that it was just a linguistic mistake I felt a little worried because I thought: 'This man doesn't have much confidence in his airline.' (Der Typ hat in seine Fluggesellschaft ja nicht gerade viel Vertrauen).

Was er eigentlich sagen wollte, what he meant to say, war: "If your luggage is lost you must show these piece of paper." The words: "When your luggage is lost" clearly suggests that the luggage will be lost.

Und noch ein Tip: "when" antwortet auf die Frage "wann?" - "if" kann man immer mit "falls" übersetzen.

So we have seen that "when" often suggests certainty and "if" often suggests uncertainty, as it says in the meteorologist's grammar book.

Inzwischen hat auch der letzte in unserer Gruppe verstanden, worum es die ganze Zeit geht. Und während der Abend hereinbricht und wir ein Feuer zwischen uns entzünden, denn die Nächte in der Wüste können bitterkalt werden und Marshmallows in die Flammen halten, erinnern wir uns der Reihe nach daran, wo überall wir schon perfekte oder falsche when- oder if-Sätze gebildet haben, die gerade beim Erklären von grammatikalischen Fragen gar nicht so unüblich sind:

Sentences that may need if or may need when, sowie jene Ausnahmen von der Regel, die sie wieder bestätigen:

When we use the word 'welcome' as a noun it very often has the adjective warm before it. For example: a warm welcome. - Correct!

Würde man hier ein "if" verwenden, dann hieße dies, daß der Begriff "welcome" nur selten als Substantiv verwendet wird und der Rest der Erlärung wäre unlogisch.

If you look up the word 'well' in a dictionary you'll find that it is not always an adverb. - Correct!

Zwar ist die Aussage klar, das 'well' sowohl Adverb wie Adjektiv sein kann, doch dazu muß derjenige, dem dieser Hinweis gilt, erst einmal in einem Wörterbuch nachsehen, was durchaus fraglich ist und darauf bezieht sich das kleine Wörtchen "if".

If the word 'well' is used to mean the opposite of 'ill' it is an adjective. - Correct!

When the word 'well' is used to mean the opposite of 'ill' it is an adjective. - Correct!

Hier ist es genauso richtig, "when" statt "if" zu verwenden, doch in dem Fall hat die Aussage generelle Gültigkeit (Wenn man für "if" im Deutschen "falls" einsetzt und für "when" - "dann wenn" wird dieser feine Unterschied nachvollziehbar).

What do I do when lightening strikes? - Wrong!

Es ist überhaupt nicht sicher, daß ein Blitz einschlagen wird. Deshalb gehört hier ein "if" in den Satz: What do I do if lightening strikes?

Schließlich meint Ali gähnend:

"When we find a caravan to cross the dessert I'm going to invite you all for a slap-up meal."

"Oh you are very confident", meldete sich nun Michael zu Wort, "it seems as if we won't find even a single camel. If you find a caravan the next days we'll all be so happy, we'll party all way through the desert."

Womit er noch einmal den wesentlichen Unterschied zwischen "when" und "if" auf das persönliche Selbstvertrauen des Sprechers zusammenfaßte. Wenn das Wörtchen "wenn" nicht wär', wär' das Leben halb so schwer... sagt man im Deutschen, doch selbst bei größerer Auswahlmöglichkeit wird es offenbar nicht unbedingt leichter...

Ende der 4. Etappe


5. Februar 2007