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ENGLISCH/824: Liebe geht durch den Magen (44) Blue cheese rarebit (SB)


L I E B E    G E H T    D U R C H    D E N    M A G E N


44. Regionale Eigenheiten

Welsh cooking



Engländer oder Ureinwohner

Britischer Lokalpatriotismus zeigt sich in der Abgrenzung und in der ausgeprägten Pflege von regionalen Eigenheiten wie Mundarten, Dialekten, Sitten und Gebräuchen sowie landestypischer Eßkultur. Das hängt u.a. damit zusammen, daß jeder Waliser, Ire, Schotte oder Engländer für sich beansprucht, ein Abkomme der echten Urbriten zu sein. Doch wer die eigentlich waren, darüber ist man durchaus geteilter Ansicht.

Nun gibt es wohl kaum einen Briten, der nicht wüßte, was Anno Domini 1066 mit England geschah: Es war das Jahr der Schlacht bei Hastings. Wilhelm von der Normandie, ein Germane, der französisch sprach und dachte, landete mit seiner Armee bei Pevensey an der englischen Südküste. Am 14. Oktober besiegte er den sächsischen König Harold. Dieser war in letzter Minute erst auf dem Schlachtfeld eingetroffen: Drei Tage vor der Landung Wilhelms hatte er bei York ein in Nordengland eingedrungenes Wikingerheer vernichtet. Wie der Kampf für Wilhelm ausgefallen wäre, wenn Harold und seine Truppen nicht todmüde gewesen wären, ist allerdings fraglich. Von dem Tag an wurde England von den ungeliebten Normannen beherrscht, die eine fremde Sprache, eine fremde Kultur und fremde Sitten mitbrachten.

Die Normannen setzten sich in England fest, aber Wilhelm und seine Nachkommen blieben zugleich Herren der Normandie und später kam noch Anjou hinzu. Bei Hof sprach man französisch, vielfach auch in den Klöstern, den Bischofspalästen und den Burgen des zugewanderten Adels. Aber mit der Zeit gelang es den besiegten Sachsen, sich bei den Eroberern zumindest kulturell zu revanchieren: In ihrer lebendig- bodenständige Umgangssprache verschluckten sie einfach das importierte Französisch. Der Verdauungsprozeß führte dazu, daß das alte Angelsächsiche mit normannisch-französischen Ausdrücken angereichert wurde, für die es im Altenglischen keine gleichbedeutenden oder nur unzulängliche Wörter gab.

Parallel zur Sprache kam es zu einer weiteren Verwandlung: Aus einstigen Normannen wurden Engländer. Doch nicht aus allen!

Schon vor Wilhelm war es verschiedenen Eindringlingen mehrfach gelungen, England zu erobern; nach 1066 nicht mehr. Dadurch wird die Bedeutung dieses Datums als Wendepunkt noch unterstrichen. Im Jahre 43 waren die Römer gekommen und vier Jahrzehnte geblieben. In der chaotischen Folgezeit setzten sich Angeln und Sachsen aus Nordeuropa in England fest und gaben dem Land seinen heutigen Namen; die von ihnen verdrängten Ur-Briten, die sich seither für die eigentlichen Ureinwohner der britischen Inseln halten, verzogen sich und überlebten in Wales, Cornwall, Schottland und Irland.

Im 9. Jahrhundert gelang es zudem Dänen und Norwegern, in Nordostengland Fuß zu fassen. Weitere Landungen verstärkten ihre Präsenz; 1016 wurde der Däne Knut zum König von England gekrönt.

Dies alles hatte zur Folge, daß die englische Umgangssprache zur Zeit des Eroberers bereits eine bunte Mischung vorwiegend sächsischer Elemente mit altbritischen bzw. keltischen und dänischen war. Das Französische war bloß eine weitere Zutat, gleichsam wie manche französische Eßgewohnheit, die sich hier ebenfalls einbürgerte.

Daneben wurden die keltischen Einflüsse in Grammatik, Wortschatz und Aussprache bis heute im "Welsh, Scottish, Irish und Cornish" praktisch als das Ur-Britischte überhaupt erhalten.

Seit der Vereinigung von England und Wales im 16. Jahrhundert hatte die Walisische Sprache, das "Welsh", immer noch mit den gleichen Einflüssen zu kämpfen, zumal sich die Sprache der Eroberer, das Angelsächsische, inzwischen auch in Schrift und Literatur durchgesetzt hatte. Aber es gab einen Unterschied zu Irland und Schottland. Die walisische Sprache entwickelt sich im Gegensatz zum Gälischen immer noch weiter. Heute gibt es etwa eine halbe Millionen Walisischsprechende, es gibt "welsh" Radiosender, "welsh" Fernsehkanäle, Zeitungen, Bücher, Schulen usw. Verkehrs- und Straßenschilder in Wales sind immer zweisprachig, und in vielen Dörfern wird auch heute offiziell kein Englisch gesprochen.

Doch während man sich ganz offen allem Britischen gegenüber feindlich gibt, machen die Waliser durchaus Zugeständnisse an die normannisch- französische Küche, wie das folgende typische walisische Rezept einer landestypischen Delikatesse zeigt, die man mit "überbackenes Käseschnittchen" übersetzen muß:


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"BLUE CHEESE RAREBIT"

for four

As a snack or light supper course or as a savoury (pikante Vorspeise) for a dinner party

Ingredients:

4 ozs left over blue cheese such as Bleu de Bresse, Bleu d'Auvergne, Roquefort or combination

(1 oz = 28,35 g)

4 slices streaky bacon - 4 Scheiben Frühstücksspeck

4 small slices of bread, any variety or

2 Hamburger buns - weiche Weißmehlbrötchen

1 oz butter

Method:

Toast the bread on one side (for split buns toast outside surface). Then spread butter thinly on untoasted side and distribute cheese as evenly as possible on top. If it is very crumbly, do not worry - it will all melt together. Surmount this with bacon slices, rinds removed and cut in half. Place under medium grill for 6 to 7 minutes then serve immediately.


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Alles verstanden?

Nun das war wirklich einmal wieder etwas ganz Einfaches, doch das Rarebit überzeugt durch seinen köstlichen Geschmack, der den Käseliebhabern unter Ihnen vermutlich schon das Wasser im Munde zusammenlaufen läßt. Für besonders Eilige hier noch einmal in aller Kürze.

Das Brot oder die aufgeschnittenen Brötchen von einer Seite toasten (dies macht man in England gewöhnlich unter dem Grill, den hierzulande jeder Ofen besitzt). Brötchen werden von außen getoastet, die Schnittfläche bleibt weich. Anschließend streicht man die echte leicht salzige englische Butter dünn über die ungetoasteten Flächen, verteilt darüber den Käse möglichst gleichmäßig. Sollte sich dieser als krümelig erweisen, keine Sorge - es schmilzt am Ende alles zusammen. Auf den Käse werden die halbierten Speckscheiben drapiert. Dann unter dem Grill noch einmal für 6 bis 7 Minuten heiß werden lassen (der Käse soll schmelzen) und direkt servieren.

Guten Appetit
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Für Käseliebhaber hier ein kleiner Auszug aus dem Käseleitfaden von Sonia Brodie, über den "König der Käse" der unter folgender Adresse zu beziehen ist:

Berkeley Street, London W1X 5AD

Blue veined cheeses

While blue veined cheeses have an unmistakable appearance and flavour they do vary considerably from white to yellow, from hard to soft and crumbly. The best known, often called King of French cheese, is, of course, Roquefort. It owes its distinction to being made exclusively of ewe's milk (Schafsmilch) and matured in the ideal conditions prevailing in the cellars of Roquefort for over two months. The milk, consisting of 50% fresh and 50% of the previous day's milking, is left to curdle (gerinnen) for 1 ½ days after the addition of rennet (Labferment).

The curds are then cut up into small cubes and put to drain in perforated moulds having been inoculated (geimpft) with the famous penicillium Roquefort which is sprinkled over them layer by layer and then gently stirred in. After four days, they are removed from their moulds and taken along to the cellars and sprinkled with a light layer of salt on both sides. Prior to the final maturing period they are pricked all over by machine to allow air penetration and developing of the blue veins. During the important two months of maturing the rind has to undergo frequent scraping.

All the other well known blue cheeses, mostly made from cow's milk, follow much the same method of production, varying in character according to the cream content of the milk, the location, type of penicillin injected and the conditions and length of maturing period. the most well known among these are the Bleu de Bresse, Bleu d' Auvergne, Bleu des Causses and Fourme d'Ambert, all of which are milder than Roquefort and made from cow's milk.


12. Januar 2009