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VERLAG/147: Dudenverlag zerschlagen (M - ver.di)


M - Menschen Machen Medien Nr. 7/2012
Medienpolitische ver.di-Zeitschrift

Dudenverlag zerschlagen
Rund 140 Entlassungen angedroht

von Karin Wenk



Das Bibliographische Institut (BI) - populär "Dudenverlag" genannt - soll zerschlagen werden. Der Hauptsitz des zur Franz-Cornelsen-Bildungsgruppe gehörenden Unternehmens wird von Mannheim nach Berlin verlagert, der Bereich Kinder- und Jugendbuch soll verkauft werden, Massenentlassungen sind angekündigt.

Das BI beschäftigt in Mannheim rund 190 Kolleginnen und Kollegen und in einer Dependance in Berlin 5 Mitarbeiter. Nach den Planungen der Unternehmensspitze soll es künftig etwa 30 Arbeitsplätze in Berlin geben. Etwa 20 sollen in Mannheim verbleiben im Bereich Sprachtechnologie. Die redaktionellen Arbeitsplätze sollen in eine "BI-Redaktionsservice GmbH" mit 12 Beschäftigten ausgelagert werden, die ausdrücklich kein Tochterunternehmen des BI ist. Überspitzt ausgedrückt: "Dudenverlag künftig ohne (eigene) Redaktion", heißt es in einer Betriebsratsinfo. Unterm Strich sollen rund 145 Arbeitsplätze im BI vernichtet werden (die externen Redaktionsstellen eingerechnet). ver.di forderte den Verlag auf, mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich auszuhandeln. Zuvor hatte der Betriebsrat vor Gericht per Einstweiliger Verfügung versucht, den Umzug zu verhindern. Er unterlag in zwei Instanzen. Grundlage dafür war eine Standortsicherungszusage aus dem Jahr 2009, nach der bis Ende 2015 der Verlagssitz des BI in Mannheim verbleiben sollte.

Bestürzung auf dem Jahreskongress der Gesellschaft für Angewandte Linguistik im September in Erlangen angesichts dieser Informationen. Die Sprachwissenschaftler wollten nicht glauben, "dass diese Maßnahmen alternativlos seien", erklärte ver.di-Sekretär Gerd Vohs, der als Gast am Kongress teilnahm. Besonders die Zusammenarbeit von Dudenredaktion und Institut für Deutsche Sprache (IDS), ebenfalls in Mannheim ansässig, sei unverzichtbar. Der Dudenverlag verfüge mit seinen Nachschlagewerken und Datenbanken über einen "Schatz für deutsche Sprache", so Vohs, den es zu pflegen und nicht ausschließlich wirtschaftlichen Verwertungsinteressen unterzuordnen gelte. Gefordert wurde ein "runder Tisch" zur Rettung des Dudenverlags in der "Hauptstadt der deutschen Sprache", die Mannheim und gerade nicht Berlin sei. Zahlreiche Tagungsteilnehmer haben in einer Resolution an die Geschäftsführung des BI gefordert, die Dudenredaktion als selbstständige Organisationseinheit in hinreichender Personalstärke und mit der für eine zeitgemäße und professionelle Lexikografie erforderlichen Sachmittelausstattung zu erhalten.

Allein die Geschäftsführung scheint all das nicht zu beeindrucken. Sie halte unbeirrt an ihren Planungen fest und verweigere jede inhaltliche Auseinandersetzung über mögliche Alternativen, heißt es aus dem Betriebsrat. Auch plane sie, die Kündigungen bereits in der zweiten Oktoberhälfte direkt nach der Buchmesse auszusprechen.

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Quelle:
M - Menschen Machen Medien Nr. 7/2012, S. 30
Medienpolitische ver.di-Zeitschrift, 61. Jahrgang
Herausgeber:
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Fachbereich 8 (Medien, Kunst, Industrie)
Bundesvorstand: Frank Bsirske/Frank Werneke
Redaktion: Karin Wenk
Anschrift: verdi.Bundesverwaltung, Redaktion M
Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Telefon: 030 / 69 56 23 26, Fax: 030 / 69 56 36 76
E-Mail: karin.wenk@verdi.de
Internet: http://mmm.verdi.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2013