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LESERBRIEFE/001: Zum Buch "Eine feine Gesellschaft" von Hans Fricke (Helmut Timm)


Leserbrief zum Buch "Eine feine Gesellschaft" von Hans Fricke

Von Helmut Timm, Groß Nemerow - 31. Mai 2010


Das Buch "Eine feine Gesellschaft" habe ich gelesen, ich würde sogar sagen durchgearbeitet. Und dennoch bin ich noch nicht in der Lage, eine abgeschlossene Wertung vorzunehmen. Man muss es mehrmals gelesen haben, um den Inhalt und auch die Tiefe voll zu erfassen. Soviel lässt sich aber schon mit Bestimmtheit sagen: Es ist ein sehr, sehr gutes Buch. Wer es nicht gelesen hat, der hat eine Menge versäumt. Der Autor hat viele wichtige Fakten zusammengetragen, die mir teilweise unbekannt waren, obwohl ich mich auf diesem Gebiet auskenne. Vieles in dem Buch hatte für mich Neuwert. Hans Fricke trifft glasklare Wertungen und verzichtet auf jede Übertreibung. Ich finde in dem Buch keine Aussage, die ich anzweifle, oder die ich nicht nicht unterschreiben könnte. Im Gegenteil, ich habe einiges dazu gelernt. Nicht nur, was Fakten oder Wertungen anbelangt, sondern auch im historischen und dialektischen Denken. Die Zusammenhänge, die der Autor aufzeigt, sind in vielerlei Hinsicht, auch von der Methodik her, überlegenswert.

Eine weitere Stärke sehe ich in folgendem: Fricke spricht auch Dinge an, die nicht, oder besser: noch nicht bewiesen sind, aber immer mit dem ausdrücklichen Hinweis auf diesen Umstand. Einiges ist auch in Fragen gekleidet, was legitim und nützlich ist. Warum sollte man nicht fragen dürfen? Wichtig ist nur keine Tatsachenbehauptung, wo der sichere Beweis fehlt. Ein solches Herangehen erhöht die Glaubwürdigkeit, wofür der Leser dankbar sein dürfte.

Frickes Buch ist anspruchsvoll und deshalb nichts für "Bild"-Leser und Fans von Dieter Bohlens "Deutschland sucht den Superstar". Man braucht schon gesellschaftswissenschaftliches Interesse und zumindest auch Grundwissen, um das Anliegen des Buches verstehen zu können. Es ist eine alte Weißheit: Man kann gesellschaftliche Zusammenhänge nicht in jedem Fall einfach erklären. Wer aber Freude am Nachdenken und Entdecken hat, für den ist das vorliegende Buch gerade das Richtige. Es ist eine Herausforderung an den Leser, sich ein eigenes Urteil zu bilden, Positionen zu beziehen, Standpunkte zu vertreten oder auch abzulehnen. Dieser Herausforderung muss man sich stellen, wenn man nicht nur lesen, sondern auch verstehen will.

Mit dem Buch "Eine feine Gesellschaft" liegt eine Arbeit vor, die auch über den Tag hinaus Bedeutung haben wird. Wer jüngste deutsche Geschichte verstehen will, wer wichtige Hintergründe und Zusammenhänge kennenlernen möchte, sollte es unbedingt zur Hand nehmen.

Hans Fricke, "Eine feine Gesellschaft" - Jubiläumsjahre und ihre Tücken
(GNN-Verlag Schkeuditz, März 2010, 250 Seiten, Preis 15.00 Euro, ISBN 978-3-89819-341-2)


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Quelle:
© 2010 Helmut Timm, Groß Nemerow
mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2010