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BUCHBESPRECHUNG/090: Atlan - Der Kreis der Zeit (SB)


Atlan


Der Kreis der Zeit

Blaubuch Band 33



Patchwork - das ist das erste, was einem nach der Lektüre des vorliegenden Atlan-Bands einfällt. Es gibt keine einheitliche Geschichte, sondern gemäß den Vorlagen aus der gleichnamigen Heftromanserie Einzelgeschichten, die bei der Überarbeitung und Zusammenfassung durch weitere Versatzstücke ergänzt wurden. Bei den Leserinnen und Lesern kommt der Eindruck auf, daß sie schon einen beträchtlichen Teil der vorangegangenen Blaubücher, am besten sogar die ursprüngliche Atlan-Heftromane, gelesen haben müssen, um mit den hier handelnden Protagonisten "warm zu werden".

Dabei bildet die Figur des Kosmodetektivs Lobo Axton, der sich mittels einer mysteriösen Illusionsmaschine in die Vergangenheit hat versetzen lassen, weil er dort an gesellschaftlichem Einfluß gewinnen will, um Atlan im Kampf um sein rechtmäßiges Erbe, den Thron von Arkon, zu unterstützen, noch die geschlossenste Handlung und leichtfüßigste Unterhaltung. Zumal die Geschichte an das vorhergehende Blaubuch, "Der Intrigant von Arkon", anknüpft. Die Figur des Lobo Axton, der körperlich extrem schwach ist, aber über einen genialen Geist verfügt und geschickt die Fäden zieht, lädt Leseratten zur Identifikation ein.

Das Dilemma, in dem sich anscheinend Rainer Castor als Verantwortlicher für die Überarbeitung der Atlan-Heftromane befunden hat, zeigt sich schon auf den ersten Seiten, wo unnötigerweise ein Teil der Geschichte aus Band 32 wiederholt wird. Ein Interludium (S. 318ff), in dem über Atlans Erinnerungen, die in seinem fotografischen Gedächtnis abgelegt, aber teilweise verschüttet sind, sowie hier und da eingestreute, in kursiv gehaltene Abschnitte sollen notwendige Erklärungen zum besseren Verständnis liefern, zerhackstückeln aber die Handlung insgesamt und unterminieren das Aufkommen eines durchgängigen erzählerischen Moments.

Während also Lobo Axton auf den ersten 265 Seiten seine Fäden spinnt, knifflige Aufgaben in Arkons höchsten Kreisen löst und regelmäßig Dampf an seinem geliebt-gehaßten Roboter "Gentleman Kelly" abläßt, wird anschließend auf einen anderen Handlungsstrang umgeblendet. In dem betätigen sich Atlan, seine Mutter Yagthara und der Bauchaufschneider Fartuloon als Grabräuber. Sie exhumieren den ermordeten Imperator Gonozal VII. - Atlans Vater - und verleiben ihm ein Lebenskügelchen ein, so daß er als willfähriger, aber weitgehend antriebsloser Zombie aufersteht. Der Ex-Imperator wird auf der Seniorenwelt Xoaixo ausgesetzt, wo sein Erscheinen für die beabsichtigte Furore sorgt. Auf jenem Planeten leben viele Anhänger des früheren Imperators, unter anderem Thaher Gyat, der sein wahres Gesicht hinter einer gehörigen Portion Rüpelhaftigkeit verbirgt. Wie Lobo Axton arbeitet auch er daran, den Usurpator Orbanaschol zu stürzen und Atlans Rückkehr nach Arkon zu erleichtern.

Was hier in wenigen Sätzen zusammengefaßt wird, präsentiert sich tatsächlich als jenes eingangs erwähnte Stückwerk aus wirren zeitlichen und räumlichen Handlungssprüngen und Erzählfragmenten. Vielleicht ist dem Verlag das ebenfalls aufgefallen, und er hat versucht, mit dem Titel "Der Kreis der Zeit" zumindest einen stringenten Handlungsbogen vorzutäuschen. Das ist insofern kritisch anzumerken, als daß die Blaubücher, die eine Zweitverwertung von mehr als 30 Jahre alten Heftromanen sind, sich von diesen vor allem durch die Verpackung - fester Einband, auffälliges Titelbild, hoher Wiedererkennungswert als Serie - unterscheiden, wohingegen das Konzept der Überarbeitung als umstritten angesehen werden muß. Da wird etwas vom ursprünglichen Flair, der sicherlich nach heutigen Lesegewohnheiten an der einen oder anderen Stelle sperrig wirkt, zugunsten einer vermeintlich besseren Lesbarkeit geopfert. Aber es handelte sich zumindest um einen Flair.

22. Juni 2009


Atlan
Der Kreis der Zeit
Blaubuch Band 33
Pabel-Moewig Verlag, Rastatt 2008
400 Seiten, 14,80 Euro
ISBN: 978-3-8118-4111-6