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REZENSION/132: Thomas Thiemeyer - Das verbotene Eden. Logan und Gwen (Jugendbuch, Science Fiction) (SB)


Thomas Thiemeyer


Das verbotene Eden

Logan und Gwen



Der zweite Band des Zyklus' um das verbotene Eden wird der in der Rezension (*) zum ersten Band geäußerten Hoffnung, er möge über die Anpassung an vertraute und bekannte gesellschaftliche Formen hinausführen, nicht gerecht. Insofern ist zu vermuten, daß der Autor, als er diesen Romanzyklus entworfen hat, nicht an einer Dystopie interessiert war, die neue Ideen zu einem gesellschaftlichen Zusammenleben aufzeigen könnte. Logan und Gwen, die Hauptpersonen des zweiten Buches, haben im Vergleich zu David und Juna des ersten Bandes lediglich die Rollen getauscht. Im ersten Band ist Juna die Kriegerin und David der sanftere Part, der von den Frauen gefangen genommen wird. Im zweiten Buch ist Logan der Kämpfer und Gwen diejenige, die in die nicht nur wie im ersten Band von der Kirche beherrschten, sondern auch in rivalisierende Clans geteilte Männerwelt gerät und dort als Sklavin dienen soll.

Logan muß sich stellvertretend für seinen Clan als Gladiator in der Arena gegen körperlich weit überlegene Widersacher behaupten, was ihm nur mit List und Tücke gelingt. Auf der Suche nach einem legendären Wanderer, der von jenseits der ihm bekannten Welt kommt, entdeckt er durch Zufall Gwen und befreit sie aus den Fängen zu mörderischen Bestien mutierter Wesen, über deren Herkunft sich der Autor ausschweigt, was nicht die einzige inhaltliche Schwäche dieses Buches ist. Die zwar im ersten Band rudimentär vorhandenen Hintergrundinformationen, die zu erklären versuchen, warum es zu einer in eine Männer- und Frauengesellschaft geschiedenen Welt kommen mußte, und vor allem, warum der technische Standard innerhalb weniger Jahre auf das Niveau des Mittelalters abgesunken ist, werden im zweiten Band nicht genauer, sondern fallen vollständig weg, so daß sich das Konzept dieses Romanzyklus' nicht wirklich nachvollziehen läßt.

Thomas Thiemeyer war es anscheinend lediglich daran gelegen, eine simple Liebesromanze in einen nicht ganz alltäglichen Rahmen zu stellen. Davon abgesehen, daß dieser Rahmen schlecht durchdacht ist und sich lediglich auf klischeehafte Endzeitszenarien stützt, ist die Geschichte spannend und flüssig geschrieben. Die Heilerin Gwen, die auf Männer denkbar schlecht zu sprechen ist, weil sich ihre Partnerin Juna mit einem solchen eingelassen hat und aus ihrem Leben verschwand, begegnet Logan mit Widerwillen, obwohl er nicht unfreundlich zu ihr ist, schließlich sind ihm Frauen nicht unbekannt, halten alle Clans sie doch als Sklaven. Und so sieht auch er sie zunächst als nützliche Beute. Allerdings erwachen in ihm plötzlich Gefühle, die neu für ihn sind. Der Virus, der den mörderischen Haß zwischen den Geschlechtern ausgelöst hat, hat seine Wirkung längst eingebüßt. Was die beiden Gesellschaften trennt, ist eigentlich nur noch die Gewohnheit und das gegenseitige Mißtrauen, das zu überwinden die junge Generation in Angriff nehmen muß.

Die von Thomas Thiemeyer in eine technikferne Zukunft projizierten Klischees, wonach Männer das Land mit Feuer und Haß überziehen, während die Frauen im Einklang mit der Natur in einer Welt des Friedens und der Harmonie leben, werden lediglich durch die nicht gerade überraschende Erkenntnis angekratzt, daß auch Frauen grausam sind und ihre Macht mit Gewalt sichern wollen, während es Männer gibt, die an Machtausübung kein Interesse haben und sich eher den schönen Künsten verbunden fühlen. Für eine Auseinandersetzung mit Rollenklischees, die auch Jugendlichen heute noch das Leben schwer machen, ist das entschieden zu wenig. Der Autor scheint nicht damit zu rechnen, daß sich Jugendliche heutzutage nicht mehr so einfach abspeisen lassen und zu kritikfähigerem Denken, als es der Autor selbst aufzubringen vermag, fähig sind.

Anmerkung:
(*) http://schattenblick.de/infopool/buch/romane/buror122.html

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Thomas Thiemeyer, geboren 1963, lebt in Stuttgart und arbeitete zunächst als Illustrator. Nach fünf rasanten mystischen Wissenschaftsthrillern - Medusa, Reptilia, Magma, Nebra und zuletzt Korona entdeckte er mit den Chroniken der Weltensucher höchst erfolgreich das Jugendbuch für sich.
(Umschlagtext)

21. September 2012


Thomas Thiemeyer
Das verbotene Eden
Logan und Gwen
Knaur Verlag, München 2012
464 Seiten
Euro 16,99 D / 17,50 A
ISBN 978-3-426-65325-8