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AKTION/1038: Urgent Action - Mexiko - MigrantInnen bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-016/2011-4, AI-Index: AMR 41/032/2012, Datum: 8. Mai 2012 - we

Mexiko
MigrantInnen bedroht

Weitere Informationen zu UA-016/2011 (AMR 41/003/2011, 1. Februar 2011; AMR 41/051/2011, 15. August 2011, AMR 41/064/2011, 17. Oktober 2011‍ ‍und AMR 41/088/2011, 13. Dezember 2011)



ANGESTELLTE, EHRENAMTLICHE MITARBEITERiNNEN und MIGRANTiNNEN der Migrantenherberge San Juan Diego

Bewaffnete Männer haben zwei MigrantInnen vor einer Migrantenherberge in Lechería, einer Gemeinde im mexikanischen Bundesstaat México, bedroht. Die MigrantInnen, Angestellten und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der Herberge befinden sich in Lebensgefahr. Am 3. Mai warteten zwei MigrantInnen, ein Mann und eine Frau, vor der Migrantenherberge San Juan Diego, in Lechería im mexikanischen Bundesstaat México darauf ein öffentliches Telefon benutzen zu können. Während sie warteten, näherten sich ihnen zwei in Zivil gekleidete Männer in einem weißen Geländewagen. Laut der Aussage von AugenzeugInnen wiesen sich die Autoinsassen gegenüber den MigrantInnen als Polizisten aus. Einer der Männer bedrohte dann den männlichen Migranten mit einer Waffe, stellte ihm persönliche Fragen und drohte ihn zu erschießen, sollte er nicht in das Auto einsteigen. Der Migrant rannte in die Herberge und rief der Frau zu, sie solle ihm folgen. Die bewaffneten Männer fuhren daraufhin auf die Eingangstür der Unterkunft zu und wendete dann ihren Wagen. Einem ehrenamtlicher Mitarbeiter der Herberge gelang es, vor die Tür zu treten und sich das Kennzeichen des Wagens zu notieren. Einer der Männer im Auto schrie seinen Komplizen an, er solle die Frau entführen, die gerade in ein Geschäft auf der gegenüberliegenden Straßenseite rannte, um sich dort zu verstecken. Als sie wegfuhren drohten sie der Frau, sie würden wiederkommen und sie holen. Obwohl die Polizei mit dem Schutz der Migrantenunterkunft betraut ist, waren zur Zeit des Angriffs keine PolizeibeamtInnen vor Ort.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Angestellte, ehrenamtliche MitarbeiterInnen und MigrantInnen der Migrantenunterkunft San Juan Diego in Lechería werden immer wieder zum Ziel von Beschimpfungen und Angriffen. Teile der örtlichen Bevölkerung haben bereits mehrfach und mit Gewalt gegen die Existenz der Herberge protestiert. Diese Proteste entfachen nun aufs Neue. Zwar hat die Nationale Menschenrechtskommission Schutzmaßnahmen für die Herberge angeordnet, diese reichen jedoch nicht aus, um die Sicherheit aller Angestellten, ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und MigrantInnen der Herberge zu gewährleisten.

Am 30. Januar 2011 wurde die damalige Leiterin der Herberge, Guadalupe Calzada, darüber informiert, dass jemand plane die Herberge niederzubrennen, die guatemaltekischen MigrantInnen zu ermorden und Guadalupe Calzada innerhalb von drei Tagen "wie einen Hund" zu töten. Es wird davon ausgegangen, dass die Drohungen von Schlepperbanden ausgingen, die in der Gegend aktiv sind und in der Herberge eine Gefährdung ihrer kriminellen Aktivitäten sehen. Die Behörden wurden über diese Drohungen in Kenntnis gesetzt und aufgefordert Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Am 13. August 2011 versammelte sich eine Gruppe von über 30 Menschen aus der Gemeinde Lechería vor der Migrantenunterkunft San Juan Diego und forderte deren Schließung. Sie drohten, die Unterkunft andernfalls niederzubrennen sowie die Einrichtung zu stürmen und die MigrantInnen eigenhändig herauszuholen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich möchte Sie bitten, in Absprache mit den Betroffenen umgehend wirksame Maßnahmen zum Schutz der Angestellten, ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und BewohnerInnen der Migrantenherberge San Juan Diego zu ergreifen.

- Ich fordere Sie auf, eine vollständige und unabhängige Untersuchung des Angriffs auf die MigrantInnen durchzuführen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

- Ich bitte Sie zudem, die Arbeit, die die MitarbeiterInnen der Migrantenunterkunft leisten, zu unterstützen. Dies beinhaltet auch, Schritte einzuleiten, um die Diskriminierung von MigrantInnen zu beenden und sicherzustellen, dass MigrantInnen bei ihrer Durchreise durch Lechería eine sichere Unterkunft geboten werden kann.


APPELLE AN

INNENMINISTER
Dr. Alejandro Poiré Romero
Secretaría de Gobernación
Bucareli 99, 1er. piso
Col. Juárez, Delegación Cuauhtémoc
México D.F., C.P.06600
MEXIKO
(korrekte Anrede: Dear Minister / Estimado Señor Secretario / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 52) 55 5093 3414
E-Mail: secretario@segob.gob.mx

GOUVERNEUR DES BUNDESSTAATES MÉXICO
Eruviel Avila Villegas
Lerdo Poniente Numero 300
Primer Piso, Puerta 216
Palacio Del Poder Ejecutivo
Colonia Centro, CP 50000
Toluca, Estado de México
MEXIKO
(korrekte Anrede: Dear Governor / Estimado Gobernador / Sehr geehrter Gouverneur)
Fax: (00 52) 722 276 0046
E-Mail: cnm@gem.gob.mx


KOPIEN AN

MIGRANTENUNTERKUNFT
Albergue San Juan Diego
Cerrada de la Cruz # 15
Esquina con Av. 11 de Julio y Vías del ferrocarril
Col. Lecheria
CP 54680, Tultitlán
Estado de Mexico
MEXIKO

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN
S.E. Herrn Francisco N. González Díaz
Klingelhöferstraße 3, 10785 Berlin
Fax: 030-26 93 23-700
E-Mail: mail@mexale.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 19. Juni 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the authorities to provide effective protection to staff, volunteers and migrants at the San Juan Diego shelter in Lechería, in strict accordance with their wishes.

- Urging for a full and impartial investigation into the attack on the migrants and for those responsible to be held to account.

- Urging the authorities to support the work of the migrants' shelter, including through taking steps to tackle discrimination against migrants, and through ensuring that migrants that pass through Lechería can be provided with secure shelter.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Am 11. Dezember kam abermals eine Gruppe von etwa 80 BewohnerInnen der örtlichen Gemeinde Lechería zusammen, um die Schließung der Migrantenherberge San Juan Diego zu fordern. Sie protestierten, da die Herberge ihrer Ansicht nach Probleme in der Nachbarschaft verursache und Drogen- oder Menschenschmuggler anlocke. Einige der EinwohnerInnen von Lechería rissen vier provisorische Hütten ab, die sich die MigrantInnen entlang der Bahngleise, einige Meter entfernt von der Herberge gebaut hatten, und steckten die persönliche Habe mehrerer MigrantInnen in Brand. Laut Angaben des Herbergspersonals beschimpften einige Protestierende sie und versuchten sie zu schlagen.

Jedes Jahr versuchen hunderttausende Menschen aus mittel- und südamerikanischen Ländern ohne Visum über Mexiko in die USA zu gelangen. Viele von ihnen werden von den mexikanischen Einwanderungsbehörden inhaftiert und in ihre Heimatländer zurückgeführt. Amnesty International hat Mexiko kürzlich bereist, um Berichte über Menschenrechtsverletzungen an dieser Personengruppe zu prüfen. Bei dem Besuch fand Amnesty International heraus, dass viele MigrantInnen von Banden verschleppt werden und dies manchmal in Mittäterschaft mit lokalen BehördenvertreterInnen geschieht. Die Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen an den in besonderem Maße rechtlosen MigrantInnen haben zu einem Anstieg dieser Verbrechen geführt, obwohl sich die Regierung verpflichtet hat, die Rechte von MigrantInnen zu schützen.

Amnesty International hat vor Kurzem eine Aktion ins Leben gerufen, um auf die Notlage aufmerksam zu machen, in der sich MigrantInnen während der Reise durch Mexiko befinden, und um dafür zu sorgen, dass den MigrantInnen die Hilfe geboten wird, die sie bei der Durchquerung des Landes dringend benötigen. Sie können sich unter
http://sendsocks.org/ an der Aktion beteiligen.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-016/2011-4, AI-Index: AMR 41/032/2012, Datum: 8. Mai 2012 - we
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2012