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AKTION/1068: Urgent Action - Albanien - Roma-Familien gewaltsam vertrieben


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-032/2012-3, AI-Index: EUR 11/007/2012, Datum: 30. Mai 2012 - mr

Albanien
Roma-Familien gewaltsam vertrieben

Weitere Informationen zu UA-032/2012 (EUR 11/001/2012, 1. Februar 2012, EUR 11/003/2012, 15. Februar 2012 und EUR 11/006/2012, 15. Mai 2012)



ACHT ROMA-FAMILIEN in Tirana

Acht Roma-Familien - etwa 50 Menschen - sind von NachbarInnen mit Gewalt aus den ehemaligen Kasernen vertrieben worden, in die sie erst vor kurzem einquartiert worden waren. Die Kasernen liegen in einem Vorort der Hauptstadt Tirana. Die Polizei brachte anschließend vier Familien in die Kasernen zurück, doch die Roma sind wieder von dort geflüchtet. Die anderen vier Familien haben sich von vornherein geweigert, in die Kasernen zurückzukehren.

Am Abend des 23. Mai haben AnwohnerInnen, die zuvor gegen die Ansiedlung der Roma-Familien in den Kasernen protestiert hatten, laut Angaben örtlicher Quellen Angehörige der acht Roma-Familien geschlagen und mit Schusswaffen bedroht, sodass die Roma gezwungen waren zu fliehen. Die Polizei hatte die Roma zuvor vor Angriffen auf dem Gelände geschützt, doch zu diesem Zeitpunkt war sie entweder nicht vor Ort oder die Sicherheitskräfte verhinderten den Angriff nicht. Die Roma ergriffen die Flucht und begannen, an einem anderen Ort Unterkünfte zu errichten.

Der Ombudsmann soll Berichten zufolge die Polizei aufgefordert haben, für die sichere Rückkehr der Roma zu sorgen. Daraufhin sind vier Familien widerstrebend und unter Polizeischutz in die Kasernen zurückgekehrt. Aufgrund der Feindseligkeit der örtlichen AnwohnerInnen war ihre Bewegungsfreiheit aber stark eingeschränkt. Eine albanische NGO hat Amnesty International mitgeteilt, dass die vier Roma-Familien die ihnen zugewiesenen Gebäude der Kasernen dann wieder verlassen haben, da diese Gebäude unbewohnbar sind. Amnesty International geht davon aus, dass die ehemaligen Kasernen in Sharre am Rande der Hauptstadt Tirana den internationalen Standards für angemessenen Wohnraum nicht entsprachen: Acht Familien sollten ohne Strom und fließendes Wasser in nur sieben Räumen leben; in dem Gebäude war keine Privatsphäre möglich, da beispielsweise Badezimmertüren fehlten und einige Fensterscheiben zerstört waren.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die acht Familien zählen zu einer Gruppe von rund 40 Roma-Familien, die in einer informellen Siedlung nahe dem Bahnhof der albanischen Hauptstadt Tirana gelebt haben, von dort aber im Februar 2011 weggezogen sind, nachdem sie wiederholt von außerhalb der Siedlung wohnhaften Männern angegriffen worden waren. Die Behörden boten ihnen einstweilen bis zu ihrer Umsiedlung die Unterbringung in Zelten in Babrru am Rande der Hauptstadt Tirana an. Die übrigen Familien lehnten dieses Angebot vor allem aus gesundheitlichen Gründen und aufgrund von Sicherheitsbedenken ab. Ihnen ist bislang noch keine alternative Unterbringung in Aussicht gestellt worden. Mitte Februar 2012 wurden die acht von Vertreibung bedrohten Familien in eine Behelfsunterkunft auf einem Gelände der Vereinigung albanischer Roma gebracht. Dort blieben sie, bis sie unter Polizeischutz in ehemalige Kasernen gebracht wurden, die ihnen von den Behörden als dauerhafte Unterkünfte zur Verfügung gestellt worden waren.

Albanien ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Daraus erwächst für die albanische Regierung die Verpflichtung, das in Artikel 11 (1) des Pakts verbriefte Recht eines jeden Menschen auf angemessene Unterbringung zu achten, zu schützen und schrittweise umzusetzen. Darüber hinaus hat Albanien zugesagt, die Ziele der "Roma-Dekade 2005-2012" erfüllen zu wollen, einer Initiative von zwölf europäischen Ländern zur Verbesserung der sozio-ökonomischen Stellung der Roma. Nicht zuletzt hat Albanien eine Strategie "zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Minderheit der Roma" verabschiedet.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Amnesty International hat bereits mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass die Bedingungen in den Gebäuden der ehemaligen Kasernen, in welche die Familien umziehen mussten, internationalen Standards für angemessenes Wohnen nicht entsprechen.
  • Ich möchte darauf hinweisen, dass sich diese Bedingungen seit den Angriffen und gewaltsamen Drohungen gegen die Familien durch örtliche AnwohnerInnen am 23. Mai nun noch weiter verschlechtert haben und die Situation der Roma-Familien somit inakzeptabel ist.
  • Ich fordere Sie auf, sofort Schritte einzuleiten, um zunächst angemessene alternative Übergangsunterkünfte zu finden, in denen den Roma-Familien keine Gefahr droht. Kümmern Sie sich bitte zudem darum, dass schnellstmöglich dauerhafte Unterkünfte für die Familien gefunden werden, die internationalen Standards entsprechen.
  • Unterstützen Sie bitte alle Roma-Familien, die im Februar 2011 gezwungen wurden ihre Unterkünfte nahe des Hauptbahnhofs in Tirana zu verlassen, dabei, sich ein neues Leben aufzubauen. Ermöglichen Sie ihnen mit diesem Ziel Zugang zu Arbeit, Bildung und medizinischer Versorgung.

APPELLE AN

INNENMINISTER
Z. Bujar Nishani
Ministër i Punëve të Brendshme
Sheshi Skënderbej, Nr 3
Tirana, ALBANIEN
(korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: bnishani@moi.gov.al oder ministria.brendshme@moi.gov.al

MINISTER FÜR ARBEIT, SOZIALES UND CHANCENGLEICHHEIT
Z. Spiro Ksera
Ministër i Punës, Cështjeve Sociale dhe Shanseve te Barabartak, Rruga e Kavajës
Tirana, ALBANIEN
(korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: spiroksera@yahoo.gr


KOPIEN AN

BÜRGERBEAUFTRAGTER (OMBUDSPERSON)
Z. Igli Totozani
Institucioni i Avokatit të Popullit
Bulevardi "Zhan D'Ark" Nr. 2
Tirana, ALBANIEN
(korrekte Anrede: Dear Mr Totozani / Sehr geehrter Herr Totozani)
E-Mail: itotozani@avokatipopullit.gov.al

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ALBANIEN
S.E. Herrn Valter Ibrahimi
Friedrichstraße 231
10969 Berlin
Fax: 030-25 93 18 90
E-Mail: kanzlei@botschaft-albanien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Albanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. Juli 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Say that Amnesty International has repeatedly stated that the living conditions in the former military barracks to which the families have been moved do not meet international standards for adequate housing.
  • Point out that these conditions were made even worse by the attacks and armed threats to the families on 23 May by local people, which have made their situation untenable.
  • Urge the authorities to take action at once to find adequate alternative temporary accommodation, where the Roma families will not be at risk, and also to find permanent accommodation, which meets international standards.
  • Urge them to assist all the Roma families forced to leave a site near Tirana railway station in February 2011 to build new lives, by providing them with access to employment, education and medical services.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-032/2012-3, AI-Index: EUR 11/007/2012, Datum: 30. Mai 2012 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Postfach - 53108 Bonn
Heerstr. 178, 53111 Bonn
Telefon:+ 49 228 98373-0, Fax: +49 228 630036
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juni 2012