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AKTION/1144: Urgent Action - Saudi-Arabien, Zwei Ausländern droht Todesurteil


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-219/2012, AI-Index: MDE 23/017/2012, Datum: 20. Juli 2012 - gs

Saudi-Arabien
Zwei Ausländern droht Todesurteil



Herr MOHAMED KOHAIL, Staatsbürger Kanadas
Herr MEHANNA SA'D, Staatsangehöriger von Jordanien

Der kanadische Staatsbürger Mohamed Kohail und der aus Jordanien stammende Mehanna Sa'd müssen damit rechnen, dass die gegen sie verhängten Todesurteile bestätigt werden, falls sie nicht innerhalb von sechs Monaten die Familie eines syrischen Jungen, den sie ermordet haben sollen, finanziell entschädigen. Mit Urteil vom 3. Juni 2012 forderte der Gerichtshof in Jiddah den Kanadier Mohamed Kohail und den jordanischen Staatsbürger Mehanna Sa'd auf, an die Familie eines Jungen, den die beiden im Jahr 2007 getötet haben sollen, eine Entschädigungssumme in Höhe von 5 Millionen saudischen Rial (umgerechnet mehr als 1 Million Euro) zu zahlen. Das Geld muss innerhalb von sechs Monaten gezahlt werden, andernfalls müssen die beiden Männer damit rechnen, dass die ursprünglich gegen sie verhängten Todesurteile wieder für gültig erklärt werden.

Mohamed Kohail und Mehanna Sa'd waren Anfang 2007 des Mordes an einem syrischen Jungen angeklagt worden, der im Januar 2007 bei einer Schlägerei auf einem Schulhof ums Leben gekommen war. Im März 2008 verhängte der Gerichtshof in Jiddah nach einem Prozess, der internationalen Standards der Fairness nicht entsprochen hat, gegen die beiden Anklagten die Todesstrafe. Mohamed Kohail und Mehanna Sa'd waren Berichten zufolge nach ihrer Festnahme für rund eineinhalb Monate ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten und während dieser Zeit geschlagen worden, um sie zu einem Geständnis zu zwingen. Ihr Rechtsanwalt durfte dem Prozess nur an zwei Verhandlungstagen beiwohnen und erhielt nicht die Gelegenheit, das gegen seine Mandanten vorgebrachte Beweismaterial anzufechten.

Im November 2008 bekräftigte das Kassationsgericht die Todesurteile gegen Mohamed Kohail und Mehanna Sa'd und leitete sie zur Bestätigung an den Obersten Justizrat weiter. Der Justizrat wiederum verwies den Fall im Februar 2009 zur Überprüfung zurück an den Gerichtshof in Jiddah, der mit Urteil vom April 2009 die Todesstrafe gegen die beiden Männer aufrecht erhielt. Daraufhin gelangte der Fall vor den erst jüngst geschaffenen Obersten Gerichtshof, der nach vorliegenden Meldungen die Todesurteile aufhob und das Verfahren zur erneuten Überprüfung an das Gericht in Jiddah zurückverwies. Nach Verhandlungen mit der Familie des getöteten Jungen wies das Gericht Mohamed Kohail und Mehanna Sa'd an, der Familie eine Entschädigungssumme zu zahlen. Nach saudischem Recht können die Familien von Mordopfern unter bestimmten Voraussetzungen selbst entscheiden, ob sie die Hinrichtung der TäterInnen verlangen, eine Entschädigungsleistung akzeptieren oder ganz auf eine Bestrafung verzichten.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In Saudi-Arabien wird die Todesstrafe für eine Vielzahl von Straftaten verhängt. Die Gerichtsverfahren entsprechen bei weitem nicht den internationalen Standards für faire Prozesse. Angeklagten wird das Recht auf eine Vertretung durch einen Rechtbeistand in den meisten Fällen verwehrt, und oft werden sie nicht über den Stand des gegen sie eingeleiteten Gerichtsverfahrens informiert. Zudem sind Verurteilungen auf der Basis von durch Zwang oder Täuschung erzielten Geständnissen zulässig.

Die UN-Garantien zum Schutz der Rechte von Personen, denen die Todesstrafe droht, bekräftigen das Recht einer jeden eines Kapitalverbrechens angeklagten Person auf angemessenen Rechtsbeistand und auf Berufung vor einer höheren Gerichtsinstanz. In den Garantien ist ferner festgehalten, dass die Todesstrafe nur dann verhängt werden darf, wenn die Schuld von Angeklagten eindeutig und überzeugend bewiesen und keine andere Erklärung der Fakten möglich ist.

In Saudi-Arabien ist ein beunruhigendes Muster der Diskriminierung gegenüber schutzlosen Personen erkennbar. Unter den Hinrichtungsopfern der zurückliegenden Jahre befinden sich zahlreiche ausländische Staatsangehörige, zumeist ArbeitsmigrantInnen aus armen Staaten oder Entwicklungsländern. Im Jahr 2012 hat Amnesty International bislang mindestens 50 Hinrichtungen registriert. Im Jahr 2011 sind mindestens 82 Menschen hingerichtet worden, mehr als drei Mal so viel wie 2010, als 27 Todesurteile vollstreckt worden sind. 2008 und 2007 haben mindestens 102 beziehungsweise mindestens 158Hinrichtungen stattgefunden.

Amnesty International hebt in einem englischen Bericht aus dem Jahr 2008 die häufige Anwendung der Todesstrafe in Saudi-Arabien und die unverhältnismäßig hohe Anzahl an Exekutionen ausländischer StaatsbürgerInnen aus Entwicklungsländern hervor: Saudi Arabia: Affront to Justice: Death Penalty in Saudi Arabia vom 14. Oktober 2008, online unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/mde23/027/2008


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie inständig, dafür einzutreten, dass Mohamed Kohail und Mehanna Sa'd nicht erneut zum Tode verurteilt werden.

APPELLE AN

KÖNIG UND MINISTERPRÄSIDENT
His Majesty
King Abdullah Bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh
SAUDI-ARABIEN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax (über das Innenministerium): (00 966) 1 403 3125

INNENMINISTER
His Royal Highness
Prince Ahmed bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior
P.O. Box 2933, Airport Road
Riyadh 11134
SAUDI-ARABIEN
(korrekte Anrede: Your Royal Highness / Königliche Hoheit)
Fax: (00 966) 1 403 3125


KOPIEN AN

JUSTIZMINISTER
Shaykj Dr Mohammed bin Abdul
Kareem Al-Issa
Minister of Justice
Ministry of Justice
University Street
Riyadh 11137
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 1 401 1741 / (00 966) 1 402 0311

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S.E. Herrn
Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179 oder 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 31. August 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities not to reinstate the death sentences against Mohamed Kohail and Mehanna Sa'id..

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-219/2012, AI-Index: MDE 23/017/2012, Datum: 20. Juli 2012 - gs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2012