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AKTION/1150: Urgent Action - Oman, Freiheitsstrafen für friedliche AktivistInnen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-174/2012-1, AI-Index: MDE 20/002/2012, Datum: 25. Juli 2012 - gs

Oman
Freiheitsstrafen für friedliche AktivistInnen

Weitere Informationen zu UA-174/2012 (MDE 20/001/2012, 19. Juni 2012)



Herr HAMAD AL-KHAROUSI
Herr HAMOUD AL-RASHIDI
Herr MOHAMED AL-BADI
Frau MONA HARDAN
Herr ABDULLAH AL-'ARIMI
Herr TALEB AL-'EBRI
Herr MOHAMED AL-HABSI
Herr AHMED AL-MA'AMMARI
Herr AWAD AL-SAWAFI
Herr ABDULLAH AL-ABIDI
Herr USAMA AAL TAWAYYA
Herr SA'EED AL-HASHIMI
Frau BASIMAH AL-RAJIHI
Frau BASMA AL-KIYUMI

In Oman sind gegen mindestens sieben AktivistInnen Freiheitsstrafen verhängt worden, weil sie in friedlicher Weise von ihren Rechten auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht haben. Gegen mehr als 20 weitere AktivistInnen ist im selben Zusammenhang Anklage erhoben worden.

Am 9. Juli verurteilte das Gericht erster Instanz in der omanischen Hauptstadt Muscat den Dichter Hamad al-Kharousi zu einem Jahr Freiheitsentzug und einer Geldstrafe von 200 Omanischen Rial (umgerechnet etwa 520 US-Dollar). Das Gericht hatte den Dichter schuldig gesprochen, den Sultan beleidigt sowie im Internet verleumderische und beleidigende Materialien veröffentlicht zu haben. Gegen den Schriftsteller Hamoud al-Rashidi ergingen sechs Monate Haft sowie eine Geldstrafe von ebenfalls 200 Omanischen Rial.

Am 16. Juli verhängte dasselbe Gericht gegen fünf weitere AktivistInnen Freiheitsstrafen zwischen zwölf und 18 Monaten. Gegen die AktivistInnen war Anklage unter anderem wegen öffentlicher Beleidigung des Sultans, Veröffentlichung verleumderischer und beleidigender Materialien im Internet sowie Publizierung von die öffentliche Ordnung gefährdenden Schriften erhoben worden. Es handelt sich dabei um die Studentin Mona Hardan, die in Facebook unter dem Namen Wardat Dhofar Beiträge veröffentlicht, ihren Kommilitonen Mohamed al-Badi, den Dichter Abdullah al-'Arimi, den Fotografen Mohamed al-Habsi sowie Taleb al-'Ebri. Gegen sie ergingen neben den Gefängnisstrafen noch Geldstrafen von jeweils 1.000 Omanischen Rial. Die fünf AktivistInnen kamen ebenso wie Hamad al-Kharousi und Hamoud al-Rashidi bis zum Abschluss ihrer Berufungsverfahren gegen Kaution aus der Haft frei.

Mehr als 20 weitere AktivistInnen, gegen die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Anklage erhoben worden ist, müssen mit ähnlich hohen Gefängnisstrafen rechnen. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, zu Protesten aufgewiegelt und an Demonstrationen teilgenommen zu haben, den Sultan beleidigt sowie den Verkehr behindert zu haben. Gegen Ahmed al-Ma'ammari, Awad al-Sawafi, Abdullah al-'Abidi und Usama Aal Tawayya soll am 25. Juli Anklage ergangen sein, unter anderem wegen Beleidigung des Sultans und Veröffentlichung im Internet von Materialien, welche die öffentliche Ordnung gefährden. Nach einer Welle von Festnahmen Ende Mai und Anfang Juni, die sich gegen SchriftstellerInnen, AktivistInnen und BloggerInnen richteten, haben inzwischen Gerichtsverfahren gegen die festgenommenen Personen begonnen. Mehrere der Angeklagten befinden sich einstweilen gegen Kaution auf freiem Fuß. Dazu zählen Sa'eed al-Hashimi, Basimah al-Rajihi und Basma al-Kiyumi, die etwa am 26. Juni gegen Kaution aus der Haft entlassen worden sind.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die im Januar und Februar 2011 in Oman ausgebrochenen Proteste, die durch Unruhen im gesamten nahöstlichen und nordafrikanischen Raum ausgelöst worden waren, hatten eine Reihe von Reformen zur Folge. Am 27. Februar 2011 ordnete Sultan Qaboos die Schaffung von 50.000 Arbeitsplätzen an und gestand allen Arbeitslosen eine monatliche Unterstützung von 150 Omanischen Rial (umgerechnet etwa 390 US-Dollar oder 275 Euro) zu. Am 7. März nahm Sultan Qaboos eine weitreichende Umbildung des Kabinetts vor und entließ eine Reihe von MinisterInnen. Die Rechte und freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit unterliegen in Oman nach wie vor strikten Einschränkungen. Seit März 2011 finden dort sporadisch immer wieder Demonstrationen statt. Die TeilnehmerInnen fordern mehr Pressefreiheit und verlangen, dass namentlich genannte amtierende und ehemalige MinisterInnen für Straftaten, die sie in ihrer Amtszeit begangen haben sollen, zur Verantwortung gezogen werden. Im Jahre 2011 sind zahlreiche Protestierende festgenommen und viele von ihnen vor Gericht gestellt worden. In der Stadt Sohar soll mindestens ein Mann gestorben sein, als die Polizei dort eine Protestveranstaltung unter Anwendung von Gewalt auflöste.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere die umgehende und bedingungslose Freilassung aller Personen, die als gewaltlose politische Gefangene allein deshalb in Haft gehalten werden, weil sie ihre Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit friedlich wahrgenommen haben.
  • Sämtliche erhobenen Anklagen und gefällten Urteile müssen zurückgenommen werden, falls diese nur mit der friedlichen Wahrnehmung der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zusammenhängen.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass sämtliche angestrengten Verfahren internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren gerecht werden.

APPELLE AN

SULTAN VON OMAN
His Majesty Sultan Qaboos bin Sa'id
Head of State and Prime Minister
Diwan of the Royal Court
The Palace, Muscat 113
SULTANAT OMAN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 968) 24 735 375

INNENMINISTER
His Excellency
Hamoud bin Faisal bin Said Al Busaidi
Ministry of Interior
PO Box 127, Ruwi 112
Muscat, SULTANAT OMAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)


KOPIEN AN

VORSITZENDER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Mr Mohammed bin Abdullah Al Riyami
Chairman, National Human Rights Commission
P.O. Box 29, Postal Code: 103
Bareq A' Shati
Muscat, SULTANAT OMAN
Fax: (00 968) 24 648 801
E-Mail: enquiry@nhrc.om

BOTSCHAFT DES SULTANATS OMAN
Herrn
Mohammed Salim Mabakhut Jadad Al Kathiri
Geschäftsträger a.i. (Botschaftsrat)
Clayallee 82, 14195 Berlin
Fax: 030-8100 5199
E-Mail: botschaft-oman@t-online.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. September 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling for the immediate and unconditional release of all detainees held solely for peacefully exercising their rights to freedom of expression and assembly as Amnesty International considers them to be prisoners of conscience.
  • Calling for all charges to be dropped and convictions to be overturned if they are solely related to the peaceful exercise of the rights to freedom of expression and assembly.
  • Calling on the authorities to ensure that any legal proceedings in these cases conform to international fair trial standards.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die jüngste Festnahmewelle setzte am 31. Mai 2012 ein, als Sondereinsatzkräfte der Polizei von Oman drei AktivistInnen in Haft nahmen, die nach Fohoud zu den dortigen Erdölfeldern unterwegs waren. In dem rund 250 Kilometer südwestlich von der Hauptstadt Muscat entfernt gelegenen Ölfördergebiet wollten die AktivistInnen einen in der Woche zuvor begonnene Streik der ArbeiterInnen dokumentieren. Bei den Festgenommenen handelt es sich um den Rechtsanwalt Yaqoub al-Kharousi sowie um Habeeba al-Hina'i und Ismail al-Muqbali, Mitglieder der erst jüngst gegründeten omanischen Menschenrechtsorganisation "Omani Group for Human Rights". Gegen die drei AktivistInnen erging Berichten zufolge Anklage wegen "Anstiftung zu Protesten". Habeeba al-Hina'i und Yaqoub al-Kharousi kamen am 4. Juni gegen Kaution frei, Ismail al-Muqbali befindet sich hingegen weiterhin in Haft.

Anfang Juni nahmen die Behörden weitere SchriftstellerInnen und AktivistInnen fest. So wurden allein am 11. Juni mindestens 22 Menschen verhaftet, die vor dem Polizeipräsidium in Muscat friedlich für die Freilassung aller seit dem 31. Mai festgenommenen Personen demonstriert hatten.

In dieser Zeit veröffentlichte die Staatsanwaltschaft eine Reihe von Mitteilungen. In einer der Erklärungen vom 4. Juni hieß es, gegen jede Person, die "unter Vorspiegelung des Rechts auf freie Meinungsäußerung" in den Printmedien oder im Internet "beleidigende Äußerungen" veröffentliche, welche dazu geeignet seien, andere Menschen "aufzuwiegeln", werde rechtlich vorgegangen. Am 10. Juni bestätigte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft in der Tageszeitung Times of Oman die Festnahmen mit den Worten: "Wir behalten Blogger im Auge, die derartige Plattformen nutzen."

Am 13. Juni veröffentlichte die Nachrichtenagentur Oman News Agency auf ihrer Website eine Erklärung der Staatsanwaltschaft in englischer Sprache. Darin heißt es:

"Wir stellen fest, dass in Diskussionsforen, auf den Websites sozialer Netzwerke und über mobile Kommunikationsmittel zunehmend negative Äußerungen verbreitet werden. Dazu zählen Verleumdungen und Gerüchte sowie Aufrufe zu Sitzblockaden und Streiks. Derartige Äußerungen sind mit den Werten und Moralvorstellungen der Gesellschaft Omans, mit dem Grundsatz des Rechts auf freie Meinungsäußerung und mit dem Prinzip der konstruktiven Kritik unvereinbar. Sie laufen der nationalen Sicherheit und dem öffentlichen Interesse zuwider. Und sie verstoßen gegen geltendes Recht... Mehrere jüngst festgenommene Gesetzesbrecher werden im Einklang mit den gültigen Rechtsvorschriften verhört und den Justizbehörden überstellt werden."

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit sind in internationalen Abkommen und Standards zum Schutz der Menschenrechte garantiert. Einschränkungen dieser Rechte sind nur unter bestimmten und genau festgelegten Voraussetzungen erlaubt, beispielsweise zum Schutz der Rechte und des Leumunds anderer. Die Notwendigkeit der Einschränkung muss nachgewiesen sein und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Auf keinen Fall darf von einer solchen Maßnahme eine Gefahr für die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausgehen. Führende PolitikerInnen sollten ein höheres Maß an Kritik als "NormalbürgerInnen" hinzunehmen bereit sein. Strafvorschriften oder andere Gesetze, die öffentlichen FunktionsträgerInnen besonderen Schutz vor Kritik zusprechen, sind mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht vereinbar.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-174/2012-1, AI-Index: MDE 20/002/2012, Datum: 25. Juli 2012 - gs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2012