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AKTION/1320: Urgent Action - Bahrain, Haftstrafen wegen Twitternachrichten


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-326/2012-1, AI-Index: MDE 11/071/2012, Datum: 19. Dezember 2012 - jw

Bahrain
Haftstrafen wegen Twitternachrichten

Weitere Informationen zu UA-362/2012 (MDE 11/065/2012, 8. November)



Herr ABDULLAH ALWI AL-HASHEMI
Herr SALMAN ABDULLAH DARWISH
Herr ALI MOHAMMAD ALI
Herr ALI ABDUL NABI AL-HAYEKI

Die sechsmonatige Haftstrafe gegen einen bahrainischen Mann ist im Rechtsmittelverfahren bestätigt worden, während drei andere Männer jeweils viermonatige Haftstrafen absitzen. Ihnen allen wird vorgeworfen, in Twitternachrichten den König beleidigt zu haben. Amnesty International betrachtet sie als gewaltlose politische Gefangene.

Die sechsmonatige Haftstrafe für Abdullah Alwi al-Hashemi ist am 5. Dezember durch das Berufungsgericht in Manama, der Hauptstadt von Bahrain, bestätigt worden. Er war im November zunächst von der Abteilung 4 des vorinstanzlichen Strafgerichts zusammen mit drei anderen Männern wegen Beleidigung des Königs in Twitternachrichten verurteilt worden. Salman Abdullah Darwish und Ali Mohammad Ali erhielten am 5. November eine einmonatige bzw. viermonatige Gefängnisstrafe. Am 12. November verurteilte man Ali Abdul Nabi al-Hayeki zu vier Monaten Haft. Ein fünfter Mann wurde am 11. Dezember in der Vorinstanz unter den gleichen Vorwürfen zu einer Haftstrafe von vier Monaten verurteilt. Der Fall von Ali Mohammad Ali wird am 24. Dezember vor dem Berufungsgericht verhandelt. Salman Abdullah Darwish ist am 12. November, nachdem er seine Haftstrafe verbüßt hatte, freigelassen worden.

Die vier Männer wurden gemäß Paragraf 214 des bahrainischen Strafgesetzbuches angeklagt, 2011 und 2012 in Twitternachrichten "öffentlich den König beleidigt" zu haben. Der genannte Paragraf stellt die Beleidigung des Königs, der Nationalflagge und des Nationalwappens unter Strafe. Alle vier wurden Mitte Oktober festgenommen und angeklagt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Behörden Bahrains haben öffentlich ihre Bereitschaft bekundet, Reformen auf den Weg zu bringen. Sie haben betont, Lehren aus den Ereignissen in den Monaten Februar und März 2011 gezogen zu haben, als sie mit aller Härte gegen die Teilnehmenden regierungskritischer Proteste vorgegangen waren. Im November 2011 legte die Unabhängige Untersuchungskommission von Bahrain (BICI) einen Bericht über ihre Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen im Kontext der Proteste vor. In dem Bericht kommt die Kommission zu dem Schluss, dass staatliche Stellen dabei straffrei schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Entgegen der Versicherung der Behörden kommt es nach wie vor zu Menschenrechtsverletzungen gegen Oppositionelle, die der Regierung der Königsfamilie Al Khalifa kritisch gegenüberstehen. In den letzten Monaten hat sich die Menschenrechtslage in Bahrain verschlechtert. Regelmäßig werden MenschenrechtlerInnen schikaniert und festgenommen, und das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde stark eingeschränkt. Am 30. Oktober verkündete der bahrainische Innenminister ein landesweites Verbot aller Protestveranstaltungen und Versammlungen. Begründet wird das Verbot damit, dass solche Veranstaltungen mit Gewalt, Krawallen und Angriffen auf öffentliches und privates Eigentum einhergehen würden. Seinen Aussagen zufolge werde das Verbot solange aufrechterhalten, bis die "Sicherheit wiederhergestellt" sei. Ein wichtiger Grund für das Verbot sei zudem, dass bei den Protestveranstaltungen Kritik an der Regierung und der Herrscherfamilie geübt worden sei.

Im September gaben die bahrainischen Behörden eine Stellungnahme zu den Schlussfolgerungen und Empfehlungen aus dem Bericht der Arbeitsgruppe zur Universellen Regelmäßigen Überprüfung (Universal Periodic Review - UPR) ab, der auf der 21. Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen förmlich angenommen wurde. In der Stellungnahme hieß es: "Die Rede- und Meinungsfreiheit werden in der bahrainischen Verfassung, der nationalen Gesetzgebung und internationalen Abkommen, denen Bahrain angehört, garantiert. Darüber hinaus sind alle Anklagen, die sich auf die Meinungsfreiheit beziehen, fallengelassen worden. Alle Fälle werden nun von zivilen Gerichten überprüft. Zudem werden gesetzliche Änderungen bezüglich des Rechts auf freie Meinungsäußerung in Betracht gezogen".


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin sehr besorgt darüber, dass Abdullah Alwi al-Hashemi, Ali Mohammad Ali, Ali Abdul Nabi al-Hayeki und ein vierter Mann nur deshalb inhaftiert sind, weil sie von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben. Ich ersuche Sie dringend, die vier Männer sofort und bedingungslos freizulassen.
  • Ich bitte Sie, alle Anklagen fallen zu lassen und die Urteile gegen Abdullah Alwi al-Hashemi, Ali Mohammad Ali, Ali Abdul Nabi al-Hayeki und den vierten Mann aufzuheben.
  • Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass die Inhaftierung der vier Männer gegen die Verpflichtung verstößt, nach der Bahrain als Vertragsstaat das Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte das Recht auf freie Meinungsäußerung zu schützen hat.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace
al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587
INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13, al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
PO Box 450
al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1753 1284

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7
10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. Januar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that Abdullah Alwi al-Hashemi, Ali Mohammad Ali, Ali Abdul Nabi al-Hayeki and a fourth man have been detained solely for exercising their rights to freedom of expression, and urging the Bahraini authorities to immediately and unconditionally release them;
  • Calling on the Bahraini authorities to quash the convictions and sentences against Abdullah Alwi al-Hashemi, Ali Mohammad Ali, Ali Abdul Nabi al-Hayeki and a fourth man;
  • Noting that the detention of the four men is in breach of Bahrain's international obligation to uphold freedom of expression as guaranteed in the International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR), to which Bahrain is a state party.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen, welcher die Umsetzung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte beaufsichtigt, stellte fest, dass allein die Tatsache, dass eine Aussage als beleidigend gegenüber einer Person des öffentlichen Lebens aufgefasst wird, nicht das Verhängen einer Strafe rechtfertigt. Personen des öffentlichen Lebens, auch Staatsoberhäupter, müssten darüber hinaus mit legitimer Kritik und politischer Opposition rechnen.

Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen sagte 2008 in einer Stellungnahme, dass "die Anwendung des Strafrechts in Fällen mutmaßlicher Beleidigung von Regierungsbeamten besonders deshalb unangemessen ist, weil solche Personen bereit sein sollten, ein höheres Maß an Kritik hinzunehmen als Privatleute". Nach Meinung von UN-MenschenrechtsexpertInnen ist die mutmaßliche Beleidigung von Personen des öffentlichen Lebens, z. B. PolitikerInnen, nicht unter Strafe zu stellen, da Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, "ein höheres Maß an Kritik als 'NormalbürgerInnen' hinzunehmen bereit sein sollten". Sie weisen zudem darauf hin, dass die Rechte auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung das Recht voraussetzen, an PolitikerInnen und anderen Personen des öffentlichen Lebens Kritik zu üben.

Paragraf 214 des bahrainischen Strafgesetzbuches stellt "die Beleidigung des Emirs [Königs], der Nationalflagge und des Nationalwappens" unter Strafe. Dies stellt eine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung dar.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-326/2012-1, AI-Index: MDE 11/071/2012, Datum: 19. Dezember 2012 - jw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2012