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AKTION/1351: Urgent Action - Somalia, Journalist ohne Anklage in Haft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-009/2013, AI-Index: AFR 52/001/2013, Datum: 18. Januar 2013 - cw

Somalia
Journalist ohne Anklage in Haft



Herr ABDIAZIZ ABDNUR IBRAHIM

In Somalia wird der freiberufliche Journalist Abdiaziz Abdnur Ibrahim seit dem 10. Januar willkürlich und ohne Anklage in Haft gehalten. Er hatte zuvor die mutmaßliche Vergewaltigung einer Binnenvertriebenen durch Regierungstruppen untersucht. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

Der Journalist Abdiaziz Abdnur Ibrahim (auch bekannt als Koronto) wurde am 10. Januar vom zentralen Ermittlungsdezernat (CID), das der Polizei der somalischen Hauptstadt Mogadischu angehört, festgenommen. Er hatte zuvor eine binnenvertriebene Frau interviewt, die berichtet hatte, sie sei von Regierungskräften vergewaltigt worden. Er hatte bis dato keine Informationen zu dem Fall veröffentlicht. Berichten zufolge hatte das CID zunächst die Frau verhaftet. Anschließend rief man Abdiaziz Abdnur Ibrahim von ihrem Telefon aus an und forderte ihn auf, sich im Präsidium des CID einzufinden.

Nach seiner Ankunft im Präsidium wurde Abdiaziz Abdnur Ibrahim ausgiebig befragt und über Nacht festgehalten. Am folgenden Tag durchsuchte die Polizei sein Haus und beschlagnahmte einige persönliche Besitztümer, unter anderem seinen Laptop und seinen Digitalrecorder. Abdiaziz Abdnur Ibrahim befindet sich seitdem in Haft und erhält nur unregelmäßigen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Trotz anhaltender gesundheitlicher Probleme erhielt er keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Bisher wurde noch keine Anklage gegen ihn erhoben.

Die Inhaftierung Abdiaziz Abdnur Ibrahims scheint in Zusammenhang mit einem am 6. Januar erschienenen Bericht von Al Jazeera über Vergewaltigungen und andere Formen der sexuellen Gewalt in Siedlungen von Binnenvertriebenen in Mogadischu zu stehen. Bei einer Pressekonferenz am 16. Januar erklärte der Polizeipräsident, Abdiaziz Abdnur Ibrahim hätte an dem Al-Jazeera-Bericht mitgearbeitet. Abdiaziz Abdnur Ibrahim war an der Produktion des Berichts nicht beteiligt. Wäre dies der Fall, läge damit dennoch keine strafbare Handlung vor, die eine Inhaftierung rechtfertigen könnte.

Die Regierung veröffentlichte am 18. Januar eine Stellungnahme, in der sie erklärt, die Vergewaltigungsvorwürfe der von Abdiaziz Abdnur Ibrahim interviewten Frau seien unwahr. Sie beschuldigte Abdiaziz Abdnur Ibrahim, die Geschichte konstruiert zu haben, auch wenn sie noch gar nicht veröffentlicht worden war. Weitere Personen sollen im Zusammenhang mit dem Bericht über die Vergewaltigungsvorwürfe inhaftiert worden sein, unter anderem aller Wahrscheinlichkeit nach der Ehemann und eine Kontaktperson des mutmaßlichen Opfers sowie ein Mann, der eine Kontaktperson des Journalisten sein soll. Das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer und eine Sozialarbeiterin, die ihr zur Seite gestanden hatte, wurden ebenfalls festgenommen und müssen sich täglich beim CID melden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Das CID hat mindestens zwei weitere Journalisten in Zusammenhang mit dem Al Jazeera-Bericht befragt, unter anderem einen Radiojournalisten, der über Nacht in den Räumlichkeiten des nationalen Sicherheitsdienstes (National Security Agency) festgehalten worden war.

Im November 2012 erklärte der Präsident Hassan Sheikh Mohamud, Sicherheitsleute, die sich der Vergewaltigung schuldig machten, sollten zur Rechenschaft gezogen werden. Er forderte für diese Fälle die Todesstrafe. Amnesty International teilt die Ansicht, dass Vergewaltiger und andere Sexualstraftäter für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden müssen, spricht sich aber grundsätzlich gegen die Todesstrafe aus.

Es werden regelmäßig Fälle von Vergewaltigung oder anderer sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Flüchtlingssiedlungen für Binnenvertriebene in Mogadischu gemeldet. In manchen Fällen sollen die Täter Regierungsuniformen getragen haben.

Es liegt in der Verantwortung der Polizei, wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen gegen sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt zu ergreifen und sämtliche Vorwürfe der Vergewaltigung oder anderer sexueller Gewalt mit gebührender Sorgfalt zu untersuchen. Existiert genügend zulässiges Beweismaterial, muss der Fall vor Gericht gebracht und in einem fairen Prozess unter Ausschluss der Todesstrafe verhandelt werden. Zudem dürfen Journalisten, die solchen Vorwürfen nachgehen, nicht zum Ziel der Behörden werden.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, Abdiaziz Abdnur Ibrahim sowie sämtliche andere in Zusammenhang mit den Vergewaltigungsvorwürfen einer binnenvertriebenen Frau inhaftierte Personen unverzüglich und bedingungslos freizulassen.
  • Ich möchte Sie eindringlich bitten, Abdiaziz Abdnur Ibrahim bis zu seiner Freilassung Zugang zu seinem Rechtsbeistand, medizinischer Behandlung, jeglicher benötigter Medikation sowie seiner Familie zu gewähren.
  • Bitte leiten Sie eine umfassende und unabhängige Untersuchung der Vergewaltigungsvorwürfe ein. Stellen Sie sicher, dass die Behandlung von Personen, die Vergewaltigungen oder sonstige sexuelle Übergriffe melden, unter Achtung ihrer Würde und Wahrung ihrer Menschenrechte geschieht. Sorgen Sie zudem bitte dafür, dass die Opfer umfassenden Schutz, Entschädigung und Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung erhalten.

APPELLE AN

INNENMINISTER UND MINISTER FÜR INNERE SICHERHEIT
H.E. Abdikaram Hussein Guled
Ministry of Interior
Mogadishu
SOMALIA
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: guuleed20@hotmail.com

JUSTIZMINISTER
H.E. Abdullahi Abyan Nur
Ministry of Justice
Mogadishu
SOMALIA
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: justicesom@hotmail.com

STAATSSEKRETÄR DES PRÄSIDENTENPALASTES
H.E Farah Sheikh Abdulkader
Office of the President
Mogadishu
SOMALIA
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Staatssekretär)
E-Mail: faaraxsheekh@yahoo.com


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SOMALIA
S.E. Herr Mohamud Mohamed Tifow
Postfach: 100374
10563 Berlin
E-Mail: somalembassy@live.com


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Somali, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. März 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling for Abdiaziz Abdnur Ibrahim, and any others detained in connection with the allegation that a displaced woman was raped, to be immediately and unconditionally released.
  • Calling upon the authorities to allow Abdiaziz Abdnur Ibrahim access to his lawyers, doctor, any medication he requires, and his family, until he is released.
  • Urging the authorities to ensure rape allegations are fully and impartially investigated, that those who come forward to report rape or sexual violence are treated with dignity and full respect for their human rights, and that victims are given effective protection, redress and access to appropriate health services.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-009/2013, AI-Index: AFR 52/001/2013, Datum: 18. Januar 2013 - cw
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2013