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AKTION/1354: Urgent Action - Iran, Ahwazi-Arabern droht unmittelbar die Hinrichtung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-137/2012-2, AI-Index: MDE 13/004/2013, Datum: 22. Januar 2013 - mr, cw

Iran
Ahwazi-Arabern droht unmittelbar die Hinrichtung

Weitere Informationen zu UA-137/2012 (MDE 13/029/2012, 18. Mai 2012 und MDE 13/049/2012, 19. Juli 2012)



SECHS ANGEHÖRIGE DER AHWAZI:

Zum Tode verurteilt:
MOHAMMAD ALI AMOURI, Blogger
HADI RASHIDI (auch: RASHEDI), Lehrer
HASHEM SHA'BANI AMOURI, Lehrer
SAYED JABER ALBOSHOKA
SAYED MOKHTAR ALBOSHOKA, Bruder von S. J. Alboshoka

Zu 20 Jahren Haft verurteilt:
RAHMAN ASAKEREH, Chemielehrer

Fünf Angehörigen der Ahwazi, einer arabischen Minderheit im Iran, könnte unmittelbar die Hinrichtung drohen, nachdem ihre Todesurteile vom Obersten Gerichtshof des Iran aufrechterhalten wurden. Alle fünf wurden am 18. Januar aus dem Karoun-Gefängnis an einen unbekannten Ort gebracht.

Am 9. Januar wurden die Familien der fünf Männer - Mohammad Ali Amouri, Sayed Jaber Alboshoka und sein Bruder Saced Mokhtar Alboshoka und die Lehrer Hashem Sha'bani Amouri und Hadi Rashidi (oder Rashedi) - darüber informiert, dass die Abteilung 32 des Obersten Gerichtshofs ihre Todesurteile aufrechterhalten hat. Das Urteil ist an die Vollstreckungsbehörde übersandt worden, was bedeutet, dass die Hinrichtungen jederzeit vorgenommen werden können. Die Gefängnisbehörden teilten den Familien am 18. Januar mit, dass die Männer aus dem Karoun-Gefängnis an einen anderen Ort gebracht worden seien, sagten ihnen jedoch nicht wohin.

Die Männer waren im Zusammenhang mit ihren friedlichen Aktivitäten für die Minderheit der Ahwazi im Iran festgenommen worden. Sie wurden eingangs am 7. Juli 2012 von der Abteilung 2 des Revolutionsgerichts in Ahwaz zum Tode verurteilt, das sie der "Feindschaft zu Gott und Verdorbenheit auf Erden" (moharebeh va ifsad fil-arz), "Verabredung zu einer Straftat gegen die nationale Sicherheit" und "Verbreitung von Propaganda gegen das System" schuldig befunden hatte. Zwei der Männer wurden in einem Regierungsfernsehsender gezeigt, wie sie ein "Geständnis" ablegten, ehe das Gerichtsverfahren begann. Allen fünf Männern wurde der Zugang zu einem Rechtsbeistand und zu ihren Familienangehörigen während der ersten neun Monate ihrer Haft verweigert. Amnesty International geht davon aus, dass alle fünf gefoltert oder in anderer Weise misshandelt wurden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die fünf Männer sind Mitglieder oder Gründer des Kulturinstituts Al-Hivwar, das während der früheren Regierung unter Präsident Khatami eingetragen wurde und in der südwestlich gelegenen Stadt Ramshir Veranstaltungen in arabischer Sprache wie Konferenzen, Bildungs- und Kunstunterricht und Gedichtvorträge organisiert. Die Organisation wurde im Mai 2005 verboten und viele ihrer Mitglieder sind seither festgenommen worden.

Alle fünf Männer wurden im Frühjahr 2011 im Vorfeld des sechsten Jahrestages der weitverbreiteten Proteste der Ahwazi-Araber im April 2005 bei sich zuhause festgenommen. Mohammad Ali Amouri wurde 20 Tage nach seiner Rückführung aus dem Irak festgenommen, wohin er im Dezember 2007 geflüchtet war. Er durfte während der ersten neun Monate seiner Haft keinen Familienbesuch erhalten und soll gefoltert und in anderer Weise misshandelt worden sein. Hadi Rashidi wurde nach seiner Festnahme ins Krankenhaus gebracht, dem Anschein nach als Ergebnis von Folter oder anderer Misshandlung, und soll bei schlechter Gesundheit sein. Angehörige von Sayed Jaber Alboshoka berichten, dass ihm der Kiefer und Zähne während der Haft gebrochen wurden und dass Sayed Mokhtar Alboshoka in Folge der Folter und anderer Misshandlung an Depressionen und Gedächtnisverlust leidet. Hashem Sha'bani Amouri soll mit kochendem Wasser übergossen worden sein.

Der Lehrer Rahman Asakereh war zur selben Zeit wie die fünf Männer inhaftiert und mit ihnen zusammen vor Gericht gestellt worden. Gegen ihn verhängte man eine 20-jährige Haftstrafe im inneriranischen Exil. Das Urteil wurde im Januar 2013 aufrechterhalten.

Der staatliche englischsprachige Fernsehsender des Iran, Press TV, zeigte am 13. Dezember 2011 Hashem Sha'bani Amouri und Hadi Rashidi in einer Sendung, in der Hashem Sha'bani Amouri erklärte, er sei "Mitglied des "Volkswiderstandes" (al-Moghavema al- Sha'bia)", der seinen Aussagen zufolge Verbindungen zu den ehemaligen irakischen und libyschen Führern Saddam Hussein und Mu'ammar al-Gaddafi gehabt haben soll. Hadi Rashidi wurde als "Anführer der militärischen Seite von al-Moghavema al-Sha'bia" vorgestellt. Er gab an, er sei an einem Angriff auf ein Gebäude beteiligt gewesen, in dem sich vier Regierungsbeamte aufgehalten hatten. Gerichte des Iran akzeptieren häufig erzwungene "Geständnisse" als Beweismittel.


SCHREIBEN SIE BITTE

LUFTPOSTBRIEFE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, die gegen Mohammad Ali Amouri, Sayed Jaber Alboshoka, Sayed Mokhtar Alboshoka, Hashem Sha'bani Amouri und Hadi Rashidi verhängten Todesurteile nicht zu vollstrecken.
  • Bitte wandeln Sie alle Todesurteile um oder leiten Sie neue Gerichtsverfahren in die Wege, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen die Todesstrafe ausgeschlossen wird.
  • Bitte geben Sie den Aufenthaltsort der fünf Männer bekannt und gewährleisten Sie Schutz vor Folter und anderer Misshandlung.
  • Gehen Sie den Foltervorwürfen nach und bringen Sie die Verantwortlichen vor Gericht und schließen Sie unter Folter erbrachtes Beweismaterial vom Gerichtsverfahren aus.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die Männer die notwendige medizinische Versorgung erhalten und umgehend Zugang zu ihren Rechtsbeiständen und Familienangehörigen erhalten.

APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid
Keshvar Doust Street
Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: "#Iran Leader @khamenei_ir "overturn death sentence of 5 Ahwazi men"

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
[c/o] Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection
Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)


KOPIEN AN

LEITER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammed Javad Larijani
High Council for Human Rights
[c/o] Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave
south of Serah-e Jomhouri, Tehran, IRAN
(Anrede: Dear Mr Larijani / Sehr geehrter Herr Larijani)
E-Mail: larijani@ipm.ir (Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de oder info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to stop the executions of the five men (naming them), overturn their death sentences and grant them retrials in proceedings which comply with fair trial standards, without recourse to the death penalty.
  • Calling on them to disclose the whereabouts of the five men,
  • ensure they are protected from torture and other ill-treatment,
  • urging them to investigate allegations that they were tortured, bring those responsible to justice and disregard as evidence in court "confessions" that may have been coerced.
  • Calling on them to ensure that the men are granted any medical attention they may require, and are allowed immediate and regular contact with their lawyers and families.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Ein weiterer Ahwazi-Araber, Taha Heidarian, "gestand" in der gleichen Fernsehsendung seine Schuld in Zusammenhang mit der Tötung eines Polizisten im April 2011 bei den Massenprotesten in Chuzestan. Etwa am 19. Juni 2012 wurde er nach Aussage von der Familie nahestehenden AktivistInnen gemeinsam mit drei weiteren Ahwazi-Arabern im Gefängnis Karoun hingerichtet. Zuvor waren sie offenbar vom Revolutionsgericht in Zusammenhang mit den Tötungen wegen "Feindschaft zu Gott und Verdorbenheit auf Erden" zum Tode verurteilt worden.

Artikel 38 der iranischen Verfassung und Artikel 9 des Gesetzes über die Wahrung rechtmäßiger Freiheiten und den Schutz von Bürgerrechten verbieten jegliche Formen der Folter zur Erlangung von Geständnissen. Das iranische Strafgesetzbuch schreibt sogar die strafrechtliche Verfolgung von BeamtInnen vor, die zur Erzwingung von Geständnissen Folter gegen Bürger einsetzen. Trotz all dieser verfassungsrechtlichen Sicherheiten bezüglich der Unzulässigkeit von Zeugenaussagen, Aussagen unter Eid und Geständnissen unter Zwang, werden gelegentlich erzwungene "Geständnisse" vor Prozessende im Fernsehen ausgestrahlt. Die iranischen Gerichte akzeptieren solche "Geständnisse" im Allgemeinen als Beweise. Die genannten Fernsehausstrahlungen verstoßen gegen Irans Verpflichtung zu einem fairen Gerichtsverfahren nach Artikel 14 des vom Iran ratifizierten Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Darüber hinaus stellen sie einen Verstoß gegen iranisches Recht dar, unter anderem gegen Artikel 37 der Verfassung, Artikel 2 des Gesetzes über die Wahrung rechtmäßiger Freiheiten und den Schutz von Bürgerrechten von 2004 und Zusatz Eins zu Artikel 188 der iranischen Strafprozessordnung, der zufolge die mediale Veröffentlichung des Namens und der Identität eines Angeklagten vor dem Urteilsspruch gesetzeswidrig ist.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-137/2012-2, AI-Index: MDE 13/004/2013, Datum: 22. Januar 2013 - mr, cw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2013