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AKTION/1398: Urgent Action - Katar, Haftminderung für Dichter


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-319/2012-2, AI-Index: MDE 22/004/2013, Datum: 25. Februar 2013 - cw

Katar
Haftminderung für Dichter



MOHAMMED AL-AJAMI (auch MOHAMMED IBN AL-DHEEB), Dichter

Die lebenslange Freiheitstrafe des katarischen Dichters Mohammed al-Ajami ist auf 15 Jahre verkürzt worden. Er befindet sich bereits seit November 2011 wegen "Straftaten", die in Zusammenhang mit seinen Gedichten stehen, in Haft. Offenbar handelt es sich bei ihm um einen gewaltlosen politischen Gefangenen, der allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurde.

Das Rechtsmittelverfahren des Dichters Mohammed al-Ajami begann im Januar 2013. Am 25 Februar setzte das Berufungsgericht in der Hauptstadt Doha seine Strafe auf 15 Jahre Haft herab. Medienberichten zufolge legte der Richter die Gründe für die Verkürzung der Haftstrafe im Gerichtssaal nicht dar. Mohammed al-Ajami wird gegen das Urteil Rechtsmittel beim Obersten Gerichtshof einlegen. Er befindet sich nach wie vor im Zentralgefängnis von Doha in Einzelhaft.

Mohammed al-Ajami - auch als Mohammed Ibn al-Dheeb bekannt - war am 16. November 2011 in Doha festgenommen und der "Anstiftung zum Sturz des herrschenden Regimes" und "Beleidigung des Emirs" angeklagt worden. Er wurde von Angehörigen der Staatssicherheit festgenommen, nachdem er einer Vorladung gefolgt war. Mohammed al-Ajami war monatelang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten worden, bevor er Besuch von seiner Familie erhalten durfte.

AktivistInnen in der Golfregion zufolge stützt die Staatsanwaltschaft ihre Anklage gegen Mohammed al-Ajami auf ein Gedicht, das er 2010 geschrieben und in dem er den Emir kritisiert hatte. Die AktivistInnen glauben jedoch, dass er in Wirklichkeit wegen eines Gedichts aus dem Jahr 2011 festgenommen wurde. Dieses trägt den Titel "Das Jasmin-Gedicht" und wurde von Mohammed al-Ajami vor dem Hintergrund der Proteste, die im Dezember 2010 in der arabischen Welt begannen, verfasst. Mohammed al-Ajami kritisiert darin die Golfstaaten und erklärt, dass "wir im Angesicht der repressiven Elite alle Tunesien sind".

Das Gerichtsverfahren gegen Mohammed al-Ajami begann im November 2011 vor dem Strafgericht in Doha und soll von Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet gewesen sein. Die gerichtlichen Anhörungen fanden im Geheimen statt. Sein Rechtsbeistand durfte bei einer der gerichtlichen Anhörungen nicht anwesend sein und seine Verteidigung nur schriftlich vorlegen. Dasselbe Gericht verurteilte Mohammed al-Ajami am 29. November 2012 zu lebenslanger Haft. Beobachtern war der Zugang zum Gericht nicht gestattet, und Mohammed al-Ajami selbst war während der Verkündung des Strafmaßes nicht anwesend.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Lesen Sie hierzu auch die englischsprachige Pressemittteilung, die Amnesty International im Anschluss an die Verurteilung von Mohammed al-Ajami herausgegeben hat:
Qatar: Outrageous life sentence for 'Jasmine poet', 29. November 2011,
http://www.amnesty.org/en/for-media/press-releases/qatar-outrageous-life-sentence-jasmine-poet-2012-11-29.

Am 8. Januar 2013 drückte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte Bedenken bezüglich der Fairness des Prozesses von Mohammed al-Ajami aus und bezog sich dabei unter anderem auf das Recht auf einen Rechtsbeistand.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung unterliegt in Katar strikten Einschränkungen und die Presse sieht sich häufig zur Selbstzensur gezwungen. Katar trat im Mai 2008 dem Übereinkommen zur Terrorismusbekämpfung bei, das 2004 vom Golfkooperationsrat (Gulf Cooperation Council - GCC) ausgearbeitet worden war. Die Bestimmungen des Übereinkommens könnten zur Kriminalisierung legitimer Aktivitäten führen und somit das Recht auf freie Meinungsäußerung in Katar zusätzlich gefährden.

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit sind in internationalen Abkommen und Standards zum Schutz der Menschenrechte garantiert. Einschränkungen dieser Rechte sind nur unter bestimmten und genau festgelegten Voraussetzungen erlaubt, beispielsweise zum Schutz der Rechte und des Leumunds anderer. Die Notwendigkeit der Einschränkung muss nachgewiesen sein und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Auf keinen Fall darf von einer solchen Maßnahme eine Gefahr für die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausgehen. Führende PolitikerInnen sollten kein niedrigeres sondern ein höheres Maß an Kritik als "NormalbürgerInnen" hinzunehmen bereit sein. Bestimmungen oder Gesetze, die öffentlichen FunktionsträgerInnen besonderen Schutz vor Kritik zusprechen, sind mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht vereinbar.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Die Haftstrafe von Mohammed al-Ajami wurde zwar am 25. Februar verkürzt, dennoch bereitet es mir Sorge, dass er sich allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft befindet und somit ein gewaltloser politischer Gefangener zu sein scheint.
  • Sollte dies tatsächlich der Fall sein, sorgen Sie bitte für seine sofortige und bedingungslose Freilassung und die Aufhebung seines Urteils.

APPELLE AN

INNENMINISTER
Sheikh Abdullah bin Khalid Al Thani
Ministry of the Interior
PO Box 920
Doha
KATAR
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 974) 4432 2927
E-Mail: info@moi.gov.qa

EMIR VON KATAR
Sheikh Hamad bin Khalifa Al Thani
PO Box 923
Doha
KATAR
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 974) 4436 1212


KOPIEN AN

GENERALSTAATSANWALT
Dr Ali bin Fetais Al Marri
PO Box 705
Doha
KATAR
(Anrede: Dr Ali bin Fetais Al Marri / Sehr geehrter Dr. Ali bin Fetais Al Marri)
Fax: (00 974) 4484 3211

BOTSCHAFT DES STAATES KATAR
S.E. Herr Abdulrahman Mohammed S. Al-Khulaifi
Hagenstr. 56
14193 Berlin
Fax: 030-8620 6150


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. April 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-319/2012 (MDE 22/002/2012, 25. Oktober 2012, und MDE 22/004/2012, 30. November 2012).


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that, though his sentence was reduced on 25 February, Mohammed al-Ajami has been imprisoned solely for the peaceful exercise of his right to freedom of expression and therefore appears to be a prisoner of conscience.
  • Calling on the Qatari authorities to release Mohammed al-Ajami immediately and unconditionally, if this is indeed the case, and overturn his conviction.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-319/2012-2, AI-Index: MDE 22/004/2013, Datum: 25. Februar 2013 - cw
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2013