Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1419: Urgent Action - Dominikanische Republik, Demonstrierende schikaniert und festgenommen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-065/2013, AI-Index: AMR 27/003/2013, Datum: 12. März 2013 - ar

Dominikanische Republik
Demonstrierende schikaniert und festgenommen



15 FRIEDLICH DEMONSTRIERENDE

Mehrere AktivistInnen wurden am 11. März willkürlich von der Polizei inhaftiert. Sie hatten eine friedliche Protestveranstaltung gegen die Diskriminierung dominikanischer StaatsbürgerInnen haitianischer Herkunft abgehalten. Ihnen drohen weitere Schikanen.

Am 11. März demonstrierten zahlreiche AktivistInnen friedlich für die Rechte von dominikanischen Staatsangehörigen haitianischer Herkunft. Sie hatten sich in der Hauptstadt Santo Domingo vor dem Nationalen Wahlbüro (Junta Central Electoral) zu einem symbolischen Fasten versammelt. Mit der Protestveranstaltung wollten sie auf die Diskriminierung aufmerksam machen, der sich dominikanische Staatsangehörige haitianischer Herkunft nach wie vor ausgesetzt sehen, da das Nationale Wahlbüro sich weiterhin weigert, ihnen Ausweispapiere auszustellen. Am Abend fuhren vier Polizeifahrzeuge vor und die BeamtInnen begannen ohne Vorwarnung damit, Besitztümer der AktivistInnen zu beschlagnahmen und in die Wagen zu räumen. Sie nahmen außerdem 15 AktivistInnen fest, die währenddessen weiter protestierten. Ein Aktivist trug Verletzungen davon, als ein Polizist mit Tränengas gegen ihn vorging, nachdem er sich auf den Boden gelegt hatte, um sich der Festnahme zu widersetzen.

Die PolizeibeamtInnen brachten die 15 AktivistInnen auf eine Polizeistation in Las Caobas, ein Stadtteil im Westen von Santo Domingo. Sie gaben keine Gründe für die Festnahme an. Alle Demonstrierenden wurden eine Stunde später ohne Anklage freigelassen und fanden sich wieder vor dem Nationalen Wahlbüro zusammen, um ihre Mahnwache bis zum 13. März fortzusetzen. Amnesty International befürchtet, dass sie weiteren Schikanen und willkürlicher Inhaftierung ausgesetzt sein könnten.

Am 12. März fanden vor der interamerikanischen Menschenrechtskommission zwei thematische Anhörungen zu Menschenrechtsthemen statt: eine hatte das Recht auf Staatsbürgerschaft der dominikanischen Staatsangehörigen haitianischer Herkunft zum Thema, die andere das Recht auf Sicherheit der Bürger sowie die Menschenrechtsverletzungen durch die dominikanische Polizei.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im März 2007 gab das Nationale Wahlbüro die Richtlinie 17 (Circular 17) heraus, in der RegierungsbeamtInnen angewiesen wurden, alle zur Verlängerung oder Registrierung vorgelegten Ausweispapiere genau zu prüfen, da in der Vergangenheit einige solcher Dokumente fälschlich ausgestellt worden seien. In der Praxis hat dies dazu geführt, dass tausenden dominikanischen StaatsbürgerInnen haitianischer Herkunft systematisch keine Ausweispapiere ausgestellt wurden. Dadurch wurde den Betroffenen ihr Wahlrecht und ihr Recht auf Bildung abgesprochen, und auch der Zutritt in den formalen Arbeitsmarkt blieb ihnen verwehrt. Darüber hinaus genießen sie keinen gerichtlichen Rechtsschutz und sind daher von Kollektivausweisung und möglicherweise auch Misshandlung bedroht.

Aus einer Umfrage, die der Jesuitische Flüchtlings- und Migrantendienst (Servicio Jesuita para Refugiados y Migrantes) 2011 in ländlichen Gemeinden durchführte, ging hervor, dass das Nationale Wahlbüro mindestens 1.584 Personen ihre Ausweispapiere verweigert hatte, zum Großteil auf Grundlage der Richtlinie 17. 96 Prozent dieser Fälle geschahen zwischen 2005 und 2011, davon die meisten im Jahr 2011. 72 Prozent der Betroffenen waren zwischen 15 und 34 Jahre alt.

Mehrere Gerichte wiesen im Jahr 2012 das Nationale Wahlbüro an, hunderten von DominikanerInnen haitianischer Herkunft unverzüglich Ausweispapiere auszustellen, denen bis dato das Recht auf Ausweispapiere verweigert worden war. Das Nationale Wahlbüro hat der gerichtlichen Anordnung bisher jedoch nicht Folge geleistet. Im März 2012 forderte der UN-Menschenrechtsausschuss die Dominikanische Republik auf seiner 104. Sitzung auf, "das Allgemeine Migrationsgesetz von 2004 nicht rückwirkend anzuwenden und die dominikanische Staatsangehörigkeit von Personen, die diese mit der Geburt erlangt haben, anzuerkennen". Der Ausschuss empfahl der Dominikanischen Republik überdies, dem Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen und dem Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit beizutreten und "sicherzustellen, dass alle in ihrem Hoheitsgebiet geborenen Kinder registriert werden und eine offizielle Geburtsurkunde erhalten".

Im Juli 2012 berichteten lokale Menschenrechtsorganisationen, dass MitarbeiterInnen des Nationalen Wahlbüros Personen, die gegen das Wahlbüro geklagt hatten, bedroht und eingeschüchtert haben. Sie sollen den KlägerInnen Besuche abgestattet und sie über den Migrationsstatus ihrer Eltern befragt haben.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Unterlassen Sie bitte umgehend die Bedrohung und Einschüchterung von MenschenrechtsverteidigerInnen, die sich für die Rechte von DominikanerInnen haitianischer Herkunft einsetzen, und garantieren Sie deren Sicherheit.
  • Ich bitte Sie eindringlich, das Recht der AktivistInnen auf friedlichen Protest zu respektieren.
  • Leiten Sie bitte umgehend eine unabhängige Untersuchung der willkürlichen Inhaftierungen und der Schikanen ein und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
Danilo Medina
Palacio Nacional
Avenida México esquina Doctor Delgado
Gazcue, Santo Domingo, DOMINIKANISCHE REPUBLIK
(Anrede: Señor Presidente / Sehr geehrter Herr Präsident / Dear President)
Fax: (00 1809) 682 0827
E-Mail: prensa2@presidencia.gob.do

POLIZEICHEF
José Armando Polanco Gómez
Jefe de la Policía Nacional
Palacio de la Policía Nacional
Av. Leopoldo Navarro #402
Santo Domingo, DOMINIKANISCHE REPUBLIK
(Anrede: Estimado Señor Gómez / Sehr geehrter Herr Gómez / Dear Chief of the Police)
Fax: (00 1809) 685 4510
E-Mail: ayudantedeljefe@hotmail.com


KOPIEN AN

MENSCHENRECHTSORGANISATION
reconoci.do
E-Mail: reconocidord@gmail.com

BOTSCHAFT DER DOMINIKANISCHEN REPUBLIK
S. E. Herrn
Gabriel Rafael Ant Jose Calventi Gavino
Dessauer Straße 28 - 29
10963 Berlin
Fax: 030-2575 7761
E-Mail: info@embajadadominicana.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. April 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to immediately stop any threatening or intimidating acts against human rights defenders working on behalf of the rights of Dominicans of Haitian descent, and ensure their safety.
  • Calling on them to allow the peaceful exercise of the activists' right to demonstration.
  • Asking them to immediately and independently investigate the arbitrary detentions and harassment and ensure that those responsible are brought to justice.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) sprach Anfang März dieses Jahres der Dominikanischen Republik folgende Empfehlungen aus: administrative Hindernisse bei der Ausstellung von Papieren für DominikanerInnen haitianischer Herkunft abzubauen; zu gewährleisten, dass DominikanerInnen haitianischer Herkunft ihr Recht auf Staatsbürgerschaft nicht vorenthalten wird; und nichtdiskriminierende Regelungen zur Ausstellung von Ausweispapieren zu erlassen.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-065/2013, AI-Index: AMR 27/003/2013, Datum: 12. März 2013 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2013