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AKTION/1427: Urgent Action - Israel / besetzte palästinensische Gebiete, Hungerstreik beendet


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-026/2013-1, AI-Index: MDE 15/006/2013, Datum: 26. März 2013 - cw

Israel / besetzte palästinensische Gebiete Hungerstreik beendet - medizinische Hilfe benötigt



Herr JA'FAR IZZ AL-DIN,
Herr TAREQ QA'DAN

Die palästinensischen Verwaltungshäftlinge Ja'far Izz al-Din und Tareq Qa'dan haben ihren Hungerstreik am 27. Februar ausgesetzt. Die israelische Militärstaatsanwaltschaft hatte ihnen zuvor erklärt, dass ihre Haftanordnungen nicht erneuert würden. Zurzeit befinden sich die beiden Männer auf der Krankenstation des Ramleh-Gefängnisses. Ihr Gesundheitszustand ist noch immer besorgniserregend.

Die Verwaltungshaftanordnungen gegen Ja'far Izz al-Din und Tareq Qa'dan wurden am 22. Februar 2013 um drei Monate verlängert. Sie entschieden sich dennoch, ihren Hungerstreik am 27. Februar auszusetzen, nachdem die Militärstaatsanwaltschaft ihnen im Rahmen einer richterlichen Überprüfung zugesichert hatte, ihre Haftanordnungen nicht zu verlängern. Die Überprüfung fand im Krankenhaus von Assaf Harofeh statt, da Ja'far Izz al-Din und Tareq Qa'dan zu schwach waren, um einer Anhörung in einem Gerichtssaal beizuwohnen. Ein Richter des Militärgerichts in Ofer bestätigte diese Entscheidung am 6. März. Demzufolge sollten Ja'far Izz al-Din und Tareq Qa'dan am 22. Mai aus der Haft entlassen werden. Laut der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Addameer wurden die beiden Männer von dem Krankenhaus in Assaf Harofeh in die Krankenstation des israelischen Gefängnisdienstes im Ramleh-Gefängnis verlegt. Dort behielt man sie zwei Wochen lang, bis sie dann vorübergehend in ein anderes Gefängnis verlegt wurden. Am 25. März brachte man sie zurück auf die Krankenstation im Ramleh-Gefängnis. Addameer zeigte sich besorgt darüber, dass sich der Zustand von Ja'far Izz al-Din noch immer nicht stabilisiert hat und er möglicherweise dauerhafte Leberschäden davontragen wird. Auf der Krankenstation des Gefängnisses in Ramleh wurden er in den letzten Wochen zwar weiteren medizinischen Untersuchungen unterzogen, es fehlen dort allerding sowohl die Ausstattung als auch das Fachpersonal, um ihm die medizinische Versorgung zukommen zu lassen, die er zu seiner Genesung benötigt.

Ja'far Izz al-Din und Tareq Qa'dan wurden am 22. November 2012 festgenommen und erhielten jeweils eine dreimonatige Verwaltungshaftstrafe. Sechs Tage später traten sie in den Hungerstreik. Sie protestieren damit dagegen, dass man sie ohne Anklageerhebung inhaftiert hatte und nicht die Absicht bestand, sie vor ein Gericht zu stellen. Sie haben Zugang zu Rechtsbeiständen, Familienbesuche sind ihnen jedoch nicht gestattet.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der 41-jährige Ja'far Izz al-Din trat zweimal in den Hungerstreik, um gegen die Verwaltungshaft zu protestieren. Er war nach der Festnahme am 21. März 2012 in seiner Wohnung in Arrabeh in der Nähe von Jenin in Verwaltungshaft genommen worden und befand sich vom 27. März 2012 bis zum 14 Mai 2012 im Hungerstreik. Er wurde am 19. Juni freigelassen und am 22. November 2012 erneut inhaftiert.

Rechtsbeiständen der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Addameer zufolge leidet Ja'far Izz al-Din noch immer an starkem Blutdruckabfall, anhaltendem Schwindel, chronischen Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen und Proteinmangel.

Der 40-jährige Tarek Qa'dan aus Arrabeh in der Nähe von Jenin trat bisher dreimal in den Hungerstreik, um gegen seine Verwaltungshaft zu protestieren. Das erste Mal trat er Anfang 2012 aus Solidarität mit anderen Hungerstreikenden in den Hungerstreik. Das zweite Mal beteiligte er sich an dem Massenhungerstreik palästinensischer Häftlinge zwischen dem 17. April und dem 14. Mai 2012. Am 8. Juli 2012 entließ man ihn aus seiner 15-monatigen Verwaltungshaft. Am 22. November wurde er jedoch erneut bei sich zu Hause festgenommen. Derzeit befinden sich viele weitere Verwaltungshäftlinge im Hungerstreik.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte um die sofortige Freilassung von Ja'far Izz al-Din und Tareq Qa'dan und den übrigen in Verwaltungshaft befindlichen PalästinenserInnen, sofern sie nicht umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und Gerichtsverfahren erhalten, die den internationalen Standards für ein faires Verfahren in vollem Umfang entsprechen.
  • Ich fordere Sie höflich auf, dafür Sorge zu tragen, dass Ja'far Izz al-Din und Tareq Qa'dan und alle Gefangenen, die sich im Hungerstreik befinden oder einen solchen kürzlich ausgesetzt haben, die notwendige fachärztliche Behandlung erhalten. Dies ist nur in zivilen Krankenhäusern mit der entsprechenden Ausstattung möglich. Stellen Sie bitte zudem sicher, dass sie regelmäßig Zugang zu ÄrztInnen ihrer Wahl erhalten und weder gefesselt noch in anderer Weise grausam oder unmenschlich behandelt werden.
  • Ich appelliere an Sie, die Praxis der Verwaltungshaft einzustellen und allen Gefangenen regelmäßige Familienbesuche zu gestatten.

APPELLE AN

LEITER DES ISRAELISCHEN GEFÄNGNISDIENSTES
Lieutenant-General Aharon Franco
Israel Prison Service
P.O.Box 81, Ramleh 72100
ISRAEL
(Anrede: Dear Lieutenant-General / Sehr geehrter Herr Generalleutnant)
Fax: (00 972) 8 919 3800

GENERALDIREKTOR DES GESUNDHEITSMINISTERIUMS
Dr. Roni Gamzo
Ministry of Health
2 Ben Tabai Street
Jerusalem 93591
ISRAEL
(Anrede: Dear Director General / Sehr geehrter Herr Generaldirektor)
Fax: (00 972) 2 565 5966


KOPIEN AN

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Yitzhak Aharonovitch
Ministry of Public Security
Kiryat Hamemshala
Jerusalem 91181
ISRAEL
Fax: (00 972) 2 584 7872
E-Mail: sar@mops.gov.il

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S.E. Herrn Jaakov Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: (030) 8904 5555 oder
(030) 8904 5309
E-Mail: botschaft@israel.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 7. Mai 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA 026/2013 (MDE 15/006/2013, 7. Februar 2013).


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to release Ja'far Izz al-Din, Tareq Qa'dan and all other Palestinian administrative detainees immediately, unless they are promptly charged with internationally recognizable criminal offences and brought to trial in full conformity with international fair trial standards.
  • Calling on them to ensure that Ja'far Izz al-Din, Tareq Qa'dan and all other detainees and prisoners who are on or have recently suspended hunger strikes receive all the specialist medical attention they require, which is only available in a civilian hospital with specialist facilities, are given regular access to doctors of their choice, and are not subjected to shackling or other cruel or inhuman treatment.
  • Urging them to end the use of administrative detention and permit all detainees regular family visits.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Zwar wurden einige palästinensische Verwaltungshäftlinge, die sich 2012 längere Zeit im Hungerstreik befanden, schlussendlich freigelassen, andere allerdings nicht. Der 38-jährige Samer al-Barq beispielsweise, der am 27. Februar 2013 zum vierten Mal in den Hungerstreik trat, befindet sich noch immer in Verwaltungshaft, obwohl die Behörden ihm zugesichert hatten, ihn über Ägypten nach Pakistan zu überstellen, wo seine Frau lebt. Samer al-Barq befindet sich zurzeit im Hadarim-Gefängnis. Am 12 März verweigerte man ihm einen Besuch seiner Familie. Diese gab an, man wollte ihn damit für seinen Hungerstreik bestrafen. Weitere Informationen zu seinem Fall finden Sie in UA-119/2012.

Ein Massenhungerstreik, an dem 2.000 palästinensische Gefangene beteiligt waren, die gegen die schlechten Haftbedingungen, Einzelhaft, Verweigerung von Familienbesuchen und Haft ohne Anklage protestierten, endete am 14. Mai 2012, nachdem Ägypten einen Handel mit den israelischen Behörden eingegangen war.

Bei der Verwaltungshaft handelt es sich um eine Haftform, bei der keine Anklage erhoben wird und die immer wieder verlängert werden kann. Sie kann zu willkürlichen Inhaftierungen führen. Erstreckt sich die Verwaltungshaft über einen längeren Zeitraum oder wird sie wiederholt verhängt, kommt dies einer grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung gleich. Die meisten dem Haftbefehl zugrundeliegenden Beweise - manchmal auch alle - werden den Häftlingen und ihren Rechtsbeiständen vorenthalten. Infolgedessen ist es den Betroffenen nicht möglich, sich entsprechend zu verteidigen oder die Anschuldigungen zu widerlegen.

Zum 28. Februar 2013 gab es der israelischen NGO B'tselem zufolge 169 Verwaltungshäftlinge, 10 mehr gegenüber dem Vormonat, jedoch über 150 weniger als im März 2012. Einige Verwaltungshäftlinge wurden freigelassen, wenn sie sich bereit erklärten, die besetzten palästinensischen Gebiete zu verlassen und ins ausländische Exil zu gehen. Nach der vierten Genfer Konvention ist es einer Besatzungsmacht verboten, Menschen aus einem besetzten Gebiet zu vertreiben oder auszuweisen.

Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Starved of justice: Palestinians detained without trial by Israel,
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE15/026/2012/en

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-026/2013-1, AI-Index: MDE 15/006/2013, Datum: 26. März 2013 - cw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2013