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AKTION/1428: Urgent Action - Katar, Besuch von Familien gestattet


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-071/2013-1, AI-Index: MDE 22/006/2013, Datum: 27. März 2013 - cw

Katar
Besuch von Familien gestattet



Herr MUHAMMAD ISSA AL-BAKER
Herr MANSOUR BIN RASHED AL-MATROUSHI

Zwei katarische Aktivisten, die seit dem 22. März ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert sind, durften am 26. März Besuch von ihren Familien empfangen. Sie sollen im zentralen Polizeipräsidium in der Hauptstadt Doha in Einzelhaft gehalten werden. Es besteht weiterhin die Gefahr, dass sie misshandelt werden.

Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi wurden seit ihrer Festnahme mindestens fünf Tage im zentralen Polizeipräsidium in der katarischen Hauptstadt Doha in Einzelhaft gehalten. Vier Tage lang waren sie ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert. Erst am 26. März riefen die Behörden die Familien der beiden Aktivisten an, um ihnen zu sagen, dass sie Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi innerhalb der nächsten vier Stunden besuchen dürften. Den beiden Männern war es jedoch weiterhin nicht erlaubt, Anrufe nach draußen tätigen, um beispielsweise ihre Rechtsbeistände zu kontaktieren. Zudem bleibt unklar, wann weitere Familienbesuche gestattet werden. Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi beklagten sich über die schlechten Haftbedingungen. So erhalten sie beispielsweise unregelmäßige Mahlzeiten, sind in kalten Räumen untergebracht und haben keine Möglichkeit, ins Freie zu gehen. Man hatte ihnen mitgeteilt, dass man sie mindestens zehn weitere Tage ohne Anklageerhebung in Haft halten könnte. Genauere Informationen hierzu erhielten sie allerdings nicht.

Die katarischen Behörden haben zwar angegeben, dass ein Haftbefehl gegen Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi vorliege, die beiden Männer sagten aber aus, dass man ihnen weder vor noch während ihrer Inhaftierung über einen solchen unterrichtet hätte. Möglicherweise begründet sich die Festnahme von Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi auf einem von mehreren Aktivisten verfassten Brief, den die beiden Männer zur französischen Botschaft brachten. Den Behörden zufolge werden in dem auf den 3. März 2013 datierten Brief die französische Botschaft und das französische Volk bedroht, sollte Frankreich die militärische Intervention in Mali fortsetzen. Laut den Aktivisten handelte es sich jedoch lediglich um ein Protestschreiben, in dem sie die französischen Behörden warnten, dass ein militärisches Eingreifen in Mali Gewalt und Hass schüren würde.

Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi waren auf dem Rückweg von einem Familienausflug in das 40 km südlich von Doha gelegene Mesaieed (auch Umm Said), als sie an einem Kontrollpunkt angehalten wurden, der von Sicherheitskräften in Zivil besetzt war. Anschließend brachte man sie in das zentrale Polizeipräsidium in Doha. PolizeibeamtInnen haben den Familien von Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi gegenüber zwar bestätigt, dass sich die beiden in Haft befinden, die Gründe für die Inhaftierung legten sie jedoch nicht offen. Weiterhin erklärten die BeamtInnen, dass die Festnahmen nicht von der Polizei durchgeführt worden seien. Dies wirft die Frage auf, ob Angehörige des katarischen Geheimdienstes, die oftmals in Zivil gekleidet sind, die Männer festgenommen haben. Ein Rechtsbeistand von Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi suchte am 27. März den Staatsanwalt auf. Dieser erklärte ihm, bisher sei keine Anklage gegen die beiden Männer erhoben worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Das Recht auf freie Meinungsäußerung unterliegt in Katar strikten Einschränkungen und die Presse sieht sich häufig zur Selbstzensur gezwungen. Katar trat im Mai 2008 dem Übereinkommen zur Terrorismusbekämpfung bei, das 2004 vom Golfkooperationsrat (Gulf Cooperation Council - GCC) ausgearbeitet worden war. Dieses Übereinkommen stellt eine zusätzliche Bedrohung für das Recht auf freie Meinungsäußerung dar und es besteht die Gefahr, dass die darin enthaltenen Bestimmungen zur Kriminalisierung legitimer Aktivitäten führen.

Seit 2011 hat der Geheimdienst, der über eigene Hafteinrichtungen verfügt, bereits zahlreiche Personen inhaftiert. Einige nur deshalb, weil sie Gebrauch von ihren Rechten auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gemacht haben. Die meisten der Inhaftierten berichteten, dass sie in Haft gefoltert und anderweitig misshandelt wurden, bevor man sie angeklagt oder vor Gericht gestellt hat. Dies geschah insbesondere dann, wenn sie ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wurden.

Der katarische Dichter Mohammed al-Ajami - auch als Mohammed Ibn al-Dheeb bekannt - war am 16. November 2011 in Doha festgenommen und der "Anstiftung zum Sturz des herrschenden Regimes" und "Beleidigung des Emirs" angeklagt worden. Er wurde von Angehörigen des Geheimdienstes festgenommen, nachdem er einer Vorladung gefolgt war. Mohammed al-Ajami war monatelang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten worden, bevor er Besuch von seiner Familie erhalten durfte. Örtliche AktivistInnen glauben, dass er wegen eines Gedichts mit dem Titel "Das Jasmin-Gedicht" aus dem Jahr 2011 festgenommen wurde. Mohammed al-Ajami hatte es vor dem Hintergrund der Proteste, die im Dezember 2010 in der arabischen Welt begannen, verfasst. Er kritisiert darin die Golfstaaten und erklärt, dass "wir im Angesicht der repressiven Elite alle Tunesien sind". Das Strafgericht in Doha verurteilte Mohammed al-Ajami im November 2012 zu lebenslanger Haft. Einigen BeobachterInnen war der Zugang zum Gericht nicht gestattet, und Mohammed al-Ajami selbst war während der Verkündung des Strafmaßes nicht anwesend. Am 25. Februar 2013 verkürzte das zuständige Berufungsgericht in Doha seine Strafe auf 15 Jahre Haft.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie, die Gründe für die Inhaftierung von Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi offenzulegen und sicherzustellen, dass die beiden Männer nicht misshandelt werden. Gewähren Sie ihnen bitte unverzüglich Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen ihrer Wahl und jeglicher erforderlichen medizinischen Versorgung.
  • Lassen Sie Muhammad Issa al-Baker und Mansour bin Rashed al-Matroushi sofort und bedingungslos frei, sofern sie nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt sind und umgehend ein Verfahren erhalten, das den internationalen Standards für einen fairen Gerichtsprozess in vollem Umfang entspricht.

APPELLE AN

INNENMINISTER
Sheikh Abdullah bin Khalid Al Thani
Ministry of the Interior
PO Box 920, Doha, KATAR
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 974) 4432 2927
E-Mail: info@moi.gov.qa

GENERALSTAATSANWALT
Dr Ali bin Fetais Al Marri
PO Box 705, Doha, KATAR
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 974) 4484 3211
E-Mail: info@pp.gov.qa


KOPIEN AN

EMIR VON KATAR
Sheikh Hamad bin Khalifa Al Thani
PO Box 923
Doha, KATAR
Fax: (00 974) 4436 1212
BOTSCHAFT DES STAATES KATAR
S.E. Herrn Abdulrahman Mohammed S. Al-Khulaifi
Hagenstr. 56
14193 Berlin
Fax: 030-8620 6150


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. Mai 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA 071/2013 (MDE 22/006/2013, 25. März 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to disclose the reasons for the arrest of Muhammad Issa al-Baker and Mansour bin Rashed al-Matroushi, and to ensure that they are protected from ill-treatment and given, without delay, regular access to their families, lawyers of their own choosing and any medical attention they may require.
  • Calling for the two men to be released without delay unless they are charged with an internationally recognizable crime and promptly tried in proceedings which fully comply with international fair trial standards.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-071/2013-1, AI-Index: MDE 22/006/2013, Datum: 27. März 2013 - cw
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2013