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AKTION/1563: Urgent Action - Indien, drei Männern droht umittelbar die Hinrichtung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-091/2013-1, AI-Index: ASA 20/036/2013, Datum: 19. August 2013 - mr

Indien
Drei Männern droht umittelbar die Hinrichtung



Herr DEVENDER PAL SINGH BHULLAR
Herr SHIVU
Herr JADESWAMY

Der indische Oberste Gerichtshof hat die Ablehnung der Umwandlung des Todesurteils von Devender Pal Singh Bhullar am 14. April aufrechterhalten. Ihm droht nun unmittelbar die Hinrichtung. Im August hat auch der indische Staatspräsident bereits zwei Gnadengesuche zurückgewiesen. Nach vorliegenden Informationen droht diesen beiden Männern bereits am 22. August die Hinrichtung. Devender Pal Singh Bhullar wurde im August 2001 zum Tode verurteilt. Er war für schuldig befunden worden, an einem Bombenanschlag in Neu-Delhi beteiligt gewesen zu sein, bei dem im Jahr 1993 neun Personen ums Leben kamen. Er wurde 1995 unter dem Gesetz über terroristische und umstürzlerische Umtriebe (Terrorist and Disruptive Activities (Prevention) Act - TADA) am Flughafen von Neu-Delhi festgenommen. Dieses Gesetz beinhaltete Bestimmungen, die nicht mit den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren vereinbar sind, und ist später aufgehoben worden. Devender Pal Singh Bhullar hatte während seines Gewahrsams und Prozesses ursprünglich keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Er wurde auf der Grundlage eines "Geständnisses" schuldig gesprochen, das er vor der Polizei abgelegt hatte. Devender Pal Singh Bhullar hat dieses "Geständnis" später zurückgezogen und ausgesagt, dass er nur deshalb gestanden hat, weil die Polizei Druck auf ihn ausgeübt hatte. Im März 2002 bestätigte der Oberste Gerichtshof seine Verurteilung zum Tode; einer der zuständigen Richter erklärte ihn jedoch wegen mangelnder Beweise für nicht schuldig.

Der indische Staatspräsident lehnte das Gnadengesuch von Devender Pal Singh Bhullar im Mai 2011 ab - acht Jahre nach Einreichen des Gesuchs. Devender Pal Singh Bhullar legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel vor dem Obersten Gerichtshof ein und beantragte eine Umwandlung seines Todesurteils auf der Grundlage unzulässiger Verzögerungen bei der Prüfung seines Gnadengesuchs. Der Oberste Gerichtshof wies seine Rechtsmittel am 12. April zurück. Der Vorwurf, er sei grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung bzw. Bestrafung unterzogen worden, fand keinen Eingang in das Urteil. Am 14. August wurde auch der Antrag auf Überprüfung des Urteils abgewiesen. Devender Pal Singh Bhullar befindet sich in einer psychiatrischen Einrichtung. Ein Ärztegremium hat Berichten zufolge festgestellt, dass er an schweren Depressionen leidet, Symptome einer Psychose aufweist und suizidale Tendenzen zeigt. Die internationalen Standards zur Anwendung der Todesstrafe untersagen die Hinrichtung von Personen mit geistigen Einschränkungen.

Seit seiner Amtsübernahme hat Staatspräsident Mukherjee mindestens 19 Gnadengesuche abgelehnt. Zuletzt wies er im August die Gnadengesuche von Shivu und Jadeswamy zurück, die ein Gericht 2005 schuldig befunden hatte, im Jahr 2001 eine Frau vergewaltigt und ermordet zu haben, und zum Tode verurteilte. Ihre Hinrichtungen sollen nach vorliegenden Informationen am 22. August stattfinden. Am 21. August wird der Oberste Gerichtshof von Indien die Anträge von Shivu und Jadeswamy auf Umwandlung ihrer Todesurteile in Haftstrafen anhören.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im indischen Rechtssystem stellt ein Gnadengesuch nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel häufig die letzte Möglichkeit dar, die Umwandlung eines Todesurteils zu erwirken. In der Vergangenheit wurden einige Gnadengesuche aufgrund unzulässiger Verzögerung vor dem höchsten indischen Gericht, dem Obersten Gerichtshof, angefochten. Doch die Entscheidung darüber, ob solch ein Rechtsmittel gehört wird, liegt im Ermessen des Obersten Gerichtshofs. Im April 2012 hielt der Oberste Gerichtshof von Indien das Todesurteil gegen Devender Pal Singh Bhullar aufrecht und begründete, dass Verzögerung "in Fällen, in denen eine Person wegen einer Straftat nach dem TADA oder einem ähnlichen Gesetz schuldig gesprochen wird", nicht geltend gemacht werden kann. Das Gericht entschied sich, die Umwandlung des Todesurteils aufgrund der "Schwere des Verbrechens" abzulehnen. Seit seiner Amtsübernahme hat Staatspräsident Mukherjee mindestens 19 Gnadengesuche abgelehnt, namentlich die von Ajmal Kasab, Saibanna, Afzal Guru, Gnanprakasham, Simon, Meesekar Madaiah, Bilavendran, Suresh, Ramji, Gurmeet Singh, Sonia Choudhary, Sanjeev Choudhary, Jafar Ali, Dharam Pal, Praveen Kumar, B A Umesh, Maganlal Barela, Shivu und Jadeswamy. Zwei der Genannten hat Indien hinrichten lassen: Ajmal Kasab am 21. November 2012 und Afzal Guru am 9. Februar 2013. Diese beiden Hinrichtungen wurden als "außer der Reihe" betrachtet und wurden bis nach der Vollstreckung nicht öffentlich bekannt gegeben. Ein Regierungsminister erklärte, dass im Fall von Ajmal Kasab die Hinrichtung nicht angekündigt worden war, um das Eingreifen von MenschenrechtsaktivistInnen zu verhindern. In Afzal Gurus Fall erhielt die Familie erst nach der Vollstreckung des Todesurteils eine Benachrichtigung und der Leichnam wurde ihr nicht zur Bestattung übergeben.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, weder Devender Pal Singh Bhullar noch Shivu und Jadeswamy oder irgendeinen anderen Gefangenen hinzurichten.
  • Bitte gewähren Sie Devender Pal Singh Bhullar ein erneutes Gerichtsverfahren, welches den internationalen Standards für ein faires Verfahren entspricht.
  • Bitte stoppen Sie umgehend alle weiteren Hinrichtungen, wandeln Sie alle bereits verhängten Todesurteile in Haftstrafen um und erlassen Sie ein Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.

APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Pranab Mukherjee
Rashtrapati Bhawan
New Delhi 110 001, INDIEN
(Anrede: Dear President Mukherjee / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 91) 11 230 172 90
E-Mail: (über Formular)
http://www.helpline.rb.nic.in/GrievanceNew.aspx

MINISTERPRÄSIDENT
Dr. Manmohan Singh
South Block, Raisina Hill
New Delhi 110 001, INDIEN
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 91) 11 230 195 45
E-Mail: (über die Website) http://pmindia.nic.in/feedback.htm


KOPIEN AN

INNENMINISTER
Mr. Sushilkumar Shinde
104 North Block
Central Secretariat
New Delhi 110001, INDIEN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 91) 11 230 942 21
E-Mail: hm@nic.in

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDIEN
Herr Ajit Vinayak Gupte
Geschäftsträger a.i. (Gesandter)
Tiergartenstr. 17
10785 Berlin
Fax: 030-2579 5102
E-Mail: dcm@indianembassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hindi, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. September 2013 keine Appelle mehr zu verschicken. Weitere Inforamtionen zu UA-091/2013 (ASA 20/020/2013, 12. April 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on Indian authorities not to execute Devender Pal Singh Bhullar, Shivu and Jadeswamy or any other prisoners.
  • Calling on Indian authorities to retry Devender Pal Singh Bhullar's case in proceedings that meet international fair trial standards.
  • Urging them to immediately halt any further executions, commute all death sentences to terms of imprisonment, and establish an official moratorium on executions with a view to abolishing the death penalty.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Davor war zuletzt Dhananjoy Chatterjee im August 2004 hingerichtet worden. Von den übrigen Fällen wurden Santhan, Murugan, Perarivalan, Gnanaprakasam, Simon, Madaiah and Bilavendran ursprünglich von einem TADA-Gericht zum Tode verurteilt. Am 22. Oktober wird der Oberste Gerichtshof mit der Anhörung von mindestens 17 Fällen beginnen, in denen die Verurteilten nach der Ablehnung des Gnadengesuchs durch den Präsidenten eine Umwandlung des Urteils beantragt haben. Durch die Wiederaufnahme der Hinrichtungen stellt sich Indien gegen die regionalen und globalen Trend zur Abschaffung der Todesstrafe. Insgesamt haben sich mittlerweile 140 Staaten in Gesetz oder Praxis gegen die Todesstrafe entschieden. Von 41 Staaten im asiatisch-pazifischen Raum haben 17 die Todesstrafe vollständig abgeschafft, weitere zehn führen sie in der Praxis nicht mehr durch und Fidschi wendet sie nur noch bei außerordentlichen militärischen Verbrechen an. In den letzten zehn Jahren haben vier asiatisch-pazifische Staaten die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft: Bhutan und Samoa im Jahr 2004, die Philippinen 2006 und die Cookinseln 2007. UN-Institutionen und ?Mechanismen haben Mitgliedstaaten wiederholt dazu aufgerufen, ein Hinrichtungsmoratorium zu verhängen mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen. Unter anderem wurde dies in der Verabschiedung von vier Resolutionen der UN-Generalversammlung zur Todesstrafe im Dezember 2007, 2008, 2010 und 2012 deutlich. Indien hat gegen alle vier Resolutionen gestimmt.

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Quelle:
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UA-Nr: UA-091/2013-1, AI-Index: ASA 20/036/2013, Datum: 19. August 2013 - mr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. August 2013