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AKTION/1597: Urgent Action - Bahrain, 10 Jahre Haft gegen Jugendliche bestätigt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-236/2012-4, AI-Index: MDE 11/046/2013, Datum: 30. September 2013 - mv

Bahrain
10 Jahre Haft gegen Jugendliche bestätigt



JEHAD SADEQ AZIZ SALMAN, 16 Jahre alt
EBRAHIM AHMED RADI AL-MOQDAD, 16 Jahre alt

Das Hohe Berufungsgericht für Strafsachen in Manama hat die Urteile gegen zwei Jugendliche bestätigt. Jehad Sadeq Aziz Salman und Ebrahim Ahmed Radi al-Moqdad waren am 4. April zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.

Das Hohe Berufungsgericht hat die Urteile gegen Jehad Sadeq Aziz Salman und Ebrahim Ahmed Radi al-Moqdad zu zehn Jahren Haft bestätigt. Die beiden Sechzehnjährigen waren nach dem bahrainischen Strafgesetzbuch sowie dem Antiterrorgesetz von 2006 wegen "Mordversuchs an Polizisten", "In Brandsetzen von Autoreifen auf einer Hauptstraße", "Gewaltanwendung gegen zwei Polizisten", "Brandanschlags auf ein Polizeifahrzeug", "unerlaubter Versammlungen" zwecks "Begehung von Straftaten und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" sowie "Besitz von Molotow-Cocktails" verurteilt worden. Laut der Rechtsbeistände von Jehad Sadeq Aziz Salman und Ebrahim Ahmed Radi al-Moqdad basierte ihre Verurteilung auf "Geständnissen", die man sie in Abwesenheit jeglicher Rechtsbeistände oder Familienmitglieder gezwungen habe zu unterzeichnen, und die sie während des Prozesses zurücknahmen. Die Jugendlichen werden im Jaw-Gefängnis für Erwachsene festgehalten, das rund 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Manama liegt. Dort sind sie in Block 3 mit Männern über 20 untergebracht.

Das Gericht bestätigte zudem die Haftstrafen gegen vier Männer, die wegen ähnlicher Anklagepunkte verurteilt worden waren. Drei von ihnen wurden zu 15 Jahren Haft verurteilt, der vierte zu zehn Jahren Haft. Zwei der Männer waren sowohl während des ursprünglichen Gerichtsverfahrens als auch während des Berufungsverfahrens in Abwesenheit verurteilt worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der Prozess gegen Jehad Sadeq Aziz Salman, Ebrahim Ahmed Radi al-Moqdad und die vier Männer begann am 16. Oktober 2012 vor dem Hohen Strafgericht in Manama. Am 4. April 2013 wurden sie verurteilt. Die zwei Minderjährigen und die vor Gericht anwesenden Erwachsenen waren am 23. Juli 2012 bei einer regierungskritischen Demonstration in Bilad al-Qadeem im Westen Manamas festgenommen worden. Die zwei Minderjährigen berichteten ihren Familien später, sie seien während des Gewahrsams geschlagen worden. Einer der Erwachsenen gab vor Gericht an, dass er infolge von Misshandlungen während der Untersuchungshaft einseitig sein Gehör verloren habe und an Rückenschmerzen leide.

In den vergangenen zwei Jahren sind im Zusammenhang mit den anhaltenden Protesten gegen die Regierung zahlreiche Minderjährige festgenommen worden. Sie werden der "unerlaubten Versammlung", des Unruhestiftens, Verbrennens von Reifen oder Werfens von Molotowcocktails auf Polizeistreifen verdächtigt. Einige sind inzwischen wieder freigelassen worden, aber zahlreiche werden derzeit vor Gericht gestellt oder werden mit der Begründung laufender Ermittlungen ohne Gerichtsverfahren festgehalten. In einer Reihe von Fällen sind die Minderjährigen nach vorliegenden Informationen gefoltert oder in anderer Weise dazu gezwungen worden, "Geständnisse" zu unterzeichnen. In anderen Fällen sind sie wegen Straftaten des Strafgesetzbuchs und des Antiterrorgesetzes von 2006 formell angeklagt, als Erwachsene vor Gericht gestellt, schuldig gesprochen und zu Haftstrafen verurteilt worden.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin sehr besorgt darüber, dass Jehad Sadeq Aziz Salman und Ebrahim Ahmed Radi al-Moqdad trotz ihres jugendlichen Alters von unter 18 Jahren wie Erwachsene behandelt werden.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass das Urteil der beiden Minderjährigen aufgehoben und das Verfahren vor Gericht im Sinne des Jugendstrafrechts wieder aufgenommen wird. Ich möchte Sie daran erinnern, dass demnach Haftstrafen gegen Jugendliche nur in absoluten Ausnahmefällen verhängt werden dürfen.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die Minderjährigen und andere Häftlinge weder gefoltert noch in anderer Weise misshandelt werden und stellen Sie sicher, dass die von ihnen erhobenen Foltervorwürfe unabhängig untersucht und Aussagen, die unter Folter oder anderen Misshandlungen gemacht wurden, vor Gericht nicht zugelassen werden.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace
al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13
al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs, PO Box 450,
al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1753 1284
E-Mail: über die Website
http://www.moj.gov.bh/en/default76a7.html?action=category&ID=159
Twitter: @Khaled_Bin_Ali

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. November 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-236/2012 (MDE 11/049/2012, 7. August 2012, MDE 11/064/2012, 7. November 2012 MDE 11/007/2013, 28. März 2013, MDE 11/009/2013, 5. April 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that Jehad Sadeq Aziz Salman and Ebrahim Ahmed Radi al-Moqdad were tried as adults despite being under the age of 18.
  • Urging the Bahraini authorities to quash the children's convictions and order a retrial, in a court abiding by international standards of juvenile justice and reminding them that even under these standards children may only be imprisoned as a last resort.
  • Urging the authorities to protect the children and other prisoners from torture and other ill-treatment, ensuring that their allegations of torture are independently investigated and that statements obtained through the use of torture or other ill-treatment are not accepted in any proceedings.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die bahrainische Gesetzgebung zu Minderjährigen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, verstößt gegen die internationalen Standards der Jugendgerichtsbarkeit. Artikel 32 des bahrainischen Strafgesetzbuchs legt als Strafmündigkeit ein Mindestalter von 15 Jahren fest, doch in der Realität liegt die Strafmündigkeit in Bahrain bei sieben Jahren. Dies ist verglichen mit international anerkannten Standards extrem jung. Im bahrainischen Jugendstrafrecht von 1976 gilt als minderjährig, wer nicht älter als 15 Jahre ist, doch laut UN-Kinderrechtskonvention, die Bahrain 1992 ratifiziert hat, ist jede Person unter 18 Jahren minderjährig. Am 6. August 2013 erließ der König von Bahrain zwei Notverordnungen. Einer dieser Erlasse reformiert das Jugendstrafrecht aus dem Jahre 1976. Darin steht nun, dass die Eltern von Jugendlichen unter 16 Jahren eine schriftliche Verwarnung des Innenministeriums erhalten, wenn die Jugendlichen an Demonstrationen, öffentlichen Versammlungen oder Sitzstreiks teilnehmen. Sollte der oder die Jugendliche sechs Monate nach der Verwarnung erneut bei einer Demonstration gesehen werden, drohen dem Vater eine Geld- oder Gefängnisstrafe oder beides.

Zweieinhalb Jahre nach dem Aufstand in Bahrain und den angekündigten Reformen befinden sich immer noch gewaltlose politische Gefangene in Haft - darunter auch Demonstrierende, die während der Proteste festgenommen wurden. Ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden weiterhin unterdrückt. In den vergangenen Monaten wurde gewaltlosen politischen Gefangenen nicht nur die Freilassung verwehrt, es ist sogar vermehrt zu Inhaftierungen von Personen gekommen, die auf Twitter oder bei Demonstrationen friedlich ihre Meinung geäußert haben. Bahrainische Gerichte scheinen stärker darauf bedacht zu sein, sich der Regierung unterzuordnen, als wirksame Rechtsmittel für BahrainerInnen anzubieten und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten.

Am 12. September verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Bahrain gefordert wird. Neben weiteren Empfehlungen appelliert die Resolution an die bahrainische Regierung, die Rechte von Jugendlichen zu respektieren, sie nicht in Hafteinrichtungen für Erwachsene festzuhalten und allgemein alle Jugendlichen in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes zu behandeln, dessen Vertragsstaat Bahrain ist. In einer gemeinsamen Erklärung an die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte vom 9. September zur Menschenrechtslage in Bahrain, die 47 Staaten unterzeichnet haben, äußerten diese im Rahmen der 25. Tagung des UN-Menschenrechtsrates ihre Besorgnis über die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen in Bahrain.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-236/2012-4, AI-Index: MDE 11/046/2013, Datum: 30. September 2013 - mv
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2013