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AKTION/1630: Urgent Action - Mexiko, Familie von Menschenrechtlerin bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-294/2013, AI-Index: AMR 41/068/2013, Datum: 22.10.2013 - mv

Mexiko
Familie von Menschenrechtlerin bedroht



Frau MALÚ GARCÍA ANDRADE

Die mexikanische Menschenrechtlerin Malú García Andrade hat am 17. Oktober zwei Anrufe erhalten, in denen man ihr mit Vergeltungsmaßnahmen gegen ihre Familie drohte. Malú García Andrade befand sich zum Zeitpunkt der Anrufe in Mexiko-Stadt, wo sie Treffen mit Mitgliedern des Senats hatte.

Die mexikanische Menschenrechtlerin Malú García Andrade hat am 17. Oktober zwei Drohanrufe erhalten. Darin beschrieb der anonyme Anrufer die Kleidung und den Aufenthaltsort ihrer Kinder und drohte ihr, sie zu entführen und zu töten.

Malú García Andrade zufolge sollen sie und ihre Kinder von LeibwächterInnen begleitet werden, als Folge einer Schutzanordnung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, die von der mexikanischen Regierung umgesetzt wird. Zur Zeit des Drohanrufs war Malú García Andrade in Begleitung eines Leibwächters, der zweite ihr zugeteilte Bodyguard war jedoch nicht bei ihr. Und auch die ihren Kindern zugeteilten LeibwächterInnen waren zum Zeitpunkt der Anrufe nicht im Einsatz. Erst kürzlich hatte Malú García Andrade Amnesty International darüber informiert, man wolle die Anzahl der Leibwächter mit der Absicht, die laufenden Schutzmaßnahmen zu beenden, mit der Zeit reduzieren.

Angesichts der unmittelbaren Bedrohung ihrer Kinder, bat Malú García Andrade die Behörden von Mexiko-Stadt um Hilfe. Diese schickten daraufhin einen Streifenwagen zu ihrem Haus. Dort befand sich ihr Sohn. Die BeamtInnen informierten den Jungen aber weder darüber, dass sie das Grundstück kontrolliert hatten, noch blieben sie vor Ort, um potentiellen Angriffen entgegenzustehen.

Noch am gleichen Tag erstattete Malú García Andrade in Begleitung eines Vertreters des Menschenrechtsausschusses des mexikanischen Innenministeriums bei der Staatsanwaltschaft von Mexiko-Stadt wegen der Drohungen Strafanzeige. Malú García Andrade unterstützt die Angehörigen von entführten und getöteten Frauen in und um Mexiko-Stadt. Sie glaubt, die Drohanrufe stehen in direktem Zusammenhang mit ihrer Arbeit. Malú García Andrade hatte zuvor bereits im Rahmen ihrer Menschenrechtsarbeit Drohungen erhalten und sah sich dazu gezwungen, die Stadt Ciudad Juárez im Bundesstaat Chihuahua zu verlassen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Malú García Andrade ist Mitglied der Organisation "Unsere Töchter sollen nach Hause zurückkehren" (Nuestras Hijas de Regreso a Casa - NHRC). Sie ist 2001 ins Leben gerufen worden, nachdem in Ciudad Juárez in kurzer zeitlicher Abfolge zahlreiche Frauen entführt und ermordet worden waren. Unter den Mordopfern war auch Lilia Alejandra García Andrade, die Schwester von Malú García Andrade. Die Mutter von Malú García Andrade, Norma Andrade, ist Mitbegründerin von NHRC und ist in der Vergangenheit als Vergeltungsmaßnahme für ihre Menschenrechtsarbeit mehrmals bedroht worden. Am 30. September 2011 erstattete Malú García Andrade, eine der NHRC-Vorsitzenden, bei den mexikanischen Bundesbehörden Anzeige, nachdem sie am Telefon bedroht worden war. Wenige Tage später ging bei Malú García Andrade eine schriftliche Nachricht ein, in der ihr mitgeteilt wurde, sie und ihre Familie hätten genau zwölf Stunden Zeit, um die Stadt zu verlassen. Anderenfalls werde man sie töten. Seit 2008 hat die Interamerikanische Menschenrechtskommission von der mexikanischen Regierung Schutzmaßnahmen (medidas cautelares) für vier NHRC-MitarbeiterInnen verlangt.

MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen laufen in Mexiko Gefahr, wegen ihrer Arbeit bedroht, eingeschüchtert und angegriffen zu werden. Untersuchungen enden so gut wie nie in einer Anklage gegen die Verantwortlichen, was zu einem Klima der Straffreiheit und Unsicherheit geführt hat. Im Jahr 2012 wurde das Gesetz zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen einstimmig sowohl von der Abgeordnetenkammer als auch vom Senat in Mexiko verabschiedet und vom Präsidenten unterschrieben. Die Umsetzung unter der direkten Teilnahme von VertreterInnen der Zivilgesellschaft hat nun begonnen. Es sind jedoch dringend Verfahrensprotokolle, klare Richtlinien zu der Zusammenarbeit zwischen den Behörden auf Bundesebene und den bundesstaatlichen Behörden sowie finanzielle Mittel erforderlich, um die Wirksamkeit des Gesetzes sicherzustellen. Es ist unerlässlich, dass sich die Behörden darüber im Klaren sind, dass ihre Verantwortlichkeiten nicht nur auf die Schaffung eines Schutzmechanismus begrenzt sind.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin besorgt um die Sicherheit von Malú García Andrade und ihren beiden Kindern.
  • Ich fordere Sie höflich dazu auf, in Absprache mit Malú García Andrade die Schutzmaßnahmen für sie und ihre Kinder zu verstärken, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.
  • Zudem fordere ich Sie auf, umfassende Untersuchungen der Morddrohungen gegen die Familie von Malú García Andrade einzuleiten sowie die angebliche Entscheidung zu überprüfen, die Schutzmaßnahmen für sie zu verringern oder einzustellen.

APPELLE AN

INNENMINISTER
Miguel Ángel Osorio Chong
Secretario de Gobernación
Bucareli 99, col. Juárez, C.P. 6600, México D.F. MEXIKO
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 52) 55 5093 3414
E-Mail: secretario@segob.gob.mx

BÜRGERMEISTER VON MEXIKO-STADT
Miguel Ángel Mancera Espinosa
Plaza de la Constitución y 5 de febrero 7mo. Piso, Oficina 103, Col. Centro, C.P. 06068, Del. Cuauhtémoc, México D.F. MEXIKO
(Anrede: Head of Government / Sehr geehrter Herr Bürgermeister)
Fax: (00 52) 55 5345 8030
E-Mail: jefaturadegobierno@df.gob.mx


KOPIEN AN

NICHTREGIERUNGSORGANISATION
Serapaz
E-Mail: serapaz@serapaz.org.mx

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN
I.E. Patricia Espinosa Cantellano
Klingelhöferstraße 3, 10785 Berlin
Fax: 030-26 93 23-700
E-Mail: mail@mexale.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 3. Dezember 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern for the safety of Malú García Andrade and her two children.
  • Calling for the protection measures to be strengthened to ensure the safety of Malú García Andrade and her children in accordance with their wishes.
  • Calling for a full investigation into the threats against Malú García Andrade's family and into the apparent decision to reduce or remove the protection measures available to them.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Amnesty International begrüßt die Einführung des Gesetzes zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen. Jedoch haben viele der Bedrohten, die sich bislang in diesem Zusammenhang um Schutzmaßnahmen bemüht haben, keinen zeitnahen oder wirksamen Schutz erhalten. Das Gesetz ist noch weit davon entfernt, wirksam zu sein. Der Mangel an finanziellen Mitteln und angemessenem Personal sind nur zwei der Unzulänglichkeiten des Gesetzes. Weitere sind: Die Untersuchungen von Angriffen auf MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen sind weiterhin sehr unzureichend, darunter die des eigens für Straftaten gegen JournalistInnen zuständigen Bundesstaatsanwalts. Zudem ist bislang kaum jemand vor Gericht gebracht worden. Und die eigentlichen Ursachen der Angriffe auf JournalistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen, in die oftmals Behörden auf Landes- und Regionalebene verwickelt sind, werden fast nie untersucht und aufgeklärt.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-294/2013, AI-Index: AMR 41/068/2013, Datum: 22.10.2013 - mv
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2013