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AKTION/1632: Urgent Action - Spanien, Foltergefahr bei Auslieferung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-192/2013-1, AI-Index: EUR 41/004/2013, Datum: 8. November 2013 - mv

Spanien
Foltergefahr bei Auslieferung



Herr ALEKSANDR PAVLOV, 37 Jahre

Im Fall von Aleksandr Pavlov wurde dem Auslieferungsersuchen der kasachischen Behörden erneut stattgegeben, obwohl glaubwürdige Beweise vorliegen, dass ihm nach seiner Rückkehr nach Kasachstan Folter droht. Die endgültige Entscheidung über die Auslieferung von Aleksandr Pavlov liegt nun bei der spanischen Regierung.

Der 37-jährige Aleksandr Pavlov ist kasachischer Staatsbürger und hat in Spanien einen Antrag auf Asyl gestellt. Er befindet sich derzeit in der spanischen Hauptstadt Madrid in Haft. Am 8. November prüfte und bewilligte das zentrale Gericht zur Verfolgung schwerer Straftaten (Audiencia Nacional) den Auslieferungsantrag der kasachischen Behörden und bestätigte damit die Entscheidung der Zweiten Strafkammer des Gerichts vom 23. Juli. Die endgültige Entscheidung über das Auslieferungsersuchen wird vom spanischen Ministerrat getroffen. Dieser könnte die Entscheidung des zentralen Gerichts aufheben. Auf nationaler Ebene sind in Aleksandr Pavlovs Fall alle Rechtsmittel erschöpft. Sollte er nach Kasachstan zurückgeführt werden, drohen ihm Folter und andere Misshandlungen sowie ein unfaires Gerichtsverfahren.

Amnesty International ist der Ansicht, dass das Auslieferungsersuchen der kasachischen Behörden mit Aleksandr Pavlovs Verbindungen zu dem Oppositionsführer Mukhtar Ablyazov zusammenhängt. Mukhtar Ablyazov war 2009 aus Kasachstan geflohen und wurde 2011 in Großbritannien als Flüchtling anerkannt. Aleksandr Pavlov war zuvor einige Jahre lang als Sicherheitschef von Mukhtar Ablyazov tätig gewesen. Es hat in Kasachstan einige Fälle gegeben, in denen strafrechtliche Verfahren gegen politisch oder zivilgesellschaftlich aktive Personen mit deren Verbindungen zu Mukhtar Ablyazov und seinen regierungskritischen Ansichten in Zusammenhang gebracht worden sind. Trotz der Zusicherung der Regierung, das Problem der Folter und Misshandlung von Inhaftierten in Kasachstan erfolgreich angegangen zu sein, wird nach wie vor über derartige Fälle berichtet.

Gemäß dem Völkerrecht ist Spanien verpflichtet, niemanden in ein Land zurückzuführen, in dem ihm oder ihr Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen bzw. -verstöße drohen. Die spanischen Behörden dürfen Aleksandr Pavlov daher nicht an Kasachstan ausliefern oder ihn auf andere Weise dorthin überstellen, da sie damit gegen ihre internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen verstoßen würden. Er darf den kasachischen Behörden auch dann nicht übergeben werden, wenn diese diplomatische Zusicherungen machen, ihn nicht zu foltern, in anderer Weise zu misshandeln oder in einem unfairen Verfahren zu verurteilen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Laut Aussagen des Rechtsbeistands von Aleksandr Pavlov wurde Aleksandr Pavlov bei seiner Ankunft in Spanien am 11. Dezember 2012 an einem Bahnhof festgenommen, nachdem die kasachischen Behörden seinen Namen auf die Fahndungsliste von Interpol hatten setzen lassen. Im Januar 2013 reichte Aleksandr Pavlov einen Antrag auf Asyl ein, der am 5. Juli in erster Instanz abgelehnt wurde. Mittlerweile haben die kasachischen Behörden seine Auslieferung gefordert, die im Juli 2013 durch die Zweite Strafkammer (Sección 2ª de la Sala de lo Penal) des zentralen Gerichts zur Verfolgung schwerer Straftaten (Audiencia Nacional) bewilligt wurde. Das Plenum des Gerichts bestätigte diese Entscheidung am 8. November.

In Kasachstan wird Aleksandr Pavlov "Enteignung bzw. Veruntreuung eines Treuguts" sowie "Planung eines Terroranschlags" vorgeworfen. Aleksandr Pavlov und sein Rechtsbeistand sind der Ansicht, dass diese Anschuldigungen konstruiert sind und Aleksandr Pavlov vielmehr wegen seiner Verbindungen zu dem Oppositionsführer Mukhtar Ablyazov gesucht wird, für den er ab 1995 lange als Sicherheitschef gearbeitet hatte. Es hat in Kasachstan einige Fälle gegeben, in denen strafrechtliche Verfahren gegen politisch oder zivilgesellschaftlich aktive Personen mit ihren regierungskritischen Ansichten und ihren Verbindungen zu Mukhtar Ablyazov in Zusammenhang gebracht worden sind. Diese Prozesse entsprachen häufig nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren, und es wird gemeinhin angenommen, dass die Entscheidungen, die zur Verurteilung der Angeklagten führten, politischer Einflussnahme unterlagen.

Mukhtar Ablyazov, der ehemalige Arbeitgeber von Aleksandr Pavlov, war 2009 aus Kasachstan geflohen und wurde 2011 in Großbritannien als Flüchtling anerkannt. Er befindet sich derzeit in Frankreich in Auslieferungshaft. Er soll in die Ukraine oder die Russische Föderation ausgeliefert werden. In beiden Fällen wird er anschließend vermutlich nach Kasachstan zurückgeführt, wo auch ihm Folter und andere Misshandlungen drohen. Am 31. Mai wurden die Frau und die Tochter von Mukhtar Ablyazov rechtswidrig aus Italien ausgewiesen und gegen ihren Willen nach Kasachstan überstellt. Dieses Vorgehen verstößt gegen italienisches Recht und das Völkerrecht.

Eine weitere Person, befindet sich derzeit aufgrund ihrer Verbindungen zu Mukhtar Ablyazov ebenfalls in Haft: Die russisch-kasachische Staatsbürgerin Tatiana Paraskevich ist in der Tschechischen Republik inhaftiert, wo auch ihr die Auslieferung in die Ukraine oder die Russische Föderation und die anschließende Rückführung nach Kasachstan sowie schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Siehe dazu auch
https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-295-2013/bei-auslieferung-droht-folter

Folter und andere Misshandlungen sind in Kasachstan als Verhörmethoden und Disziplinierungsmaßnahmen für verurteilte Gefangene an der Tagesordnung. Nähere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Old habits: The routine use of torture and other ill-treatment in Kazakhstan, unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR57/001/2013/en

In einem weiteren Bericht wird auf die Gefahr der Folter und Misshandlung bestimmter nach Kasachstan zurückgeführter Gruppen hingewiesen, so z. B. politische Oppositionelle und Personen, die mit ihnen in Verbindung gebracht werden: Extradition, forcible returns and removals to Central Asia, unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR57/001/2013/en


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte schützen Sie Aleksandr Pavlov vor einer Auslieferung nach Kasachstan, da ihm dort schwere Menschenrechtsverletzungen wie Folter und anderweitige Misshandlungen sowie ein unfaires Gerichtsverfahren drohen.
  • Ich möchte Sie zudem bitten, sicherzustellen, dass Spanien seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen aus dem Völkerrecht nachkommt und niemanden in ein Land zurückführt, in dem ihm oder ihr Folter und andere Misshandlungen drohen.

APPELLE AN

JUSTIZMINISTER
Sr. D. Alberto Ruiz-Gallardón
Ministerio de Justicia
Calle Bolsa 8
28012 Madrid
SPANIEN
(Anrede: Dear Minister / Sr. Ministro / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 34) 91 390 22 77
E-Mail: ministro@mju.es


KOPIEN AN

GENERALSTAATSANWALT
Sr. D. Javier Zaragoza Aguado
Fiscal Jefe de la Audiencia Nacional
Fiscalía General del Estado
Calle Prim 12
28071 Madrid
SPANIEN
Fax: (00 34) 91 397 32 86

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SPANIEN
S. E. Herrn Juan Pablo Garcia-Berdoy Cerezo
Lichtensteinallee 1
10787 Berlin
Fax: 030-2579 9557
E-Mail: emb.berlin.inf@maec.es


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. Dezember 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-192/2013 (41/002/2013, 25. Juli 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to protect Aleksandr Pavlov from return to Kazakhstan, where he would be at real risk of serious human rights violations including torture, ill-treatment and unfair trial upon return;
  • Urging the authorities to ensure that they adhere to their human rights obligation under international law not to return anyone to another country where they would be at real risk of torture or other ill-treatment.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-192/2013-1, AI-Index: EUR 41/004/2013, Datum: 8. November 2013 - mv
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2013