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AKTION/1636: Urgent Action - Kolumbien, Gewerkschafter getötet


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-310/2013, AI-Index: AMR 23/052/2013, Datum: 12. November 2013 - mv

Kolumbien
Gewerkschafter getötet



Getötet:
Herr OSCAR L…PEZ TRIVIÑO
Bedroht:
Herr JOSÉ ONOFRE ESQUIVEL LUNA
Herr ÁLVARO VARELA PÉREZ
UND WEITERE MITGLIEDER VON SINALTRAINAL

Der Gewerkschafter Oscar López Triviño ist am 9. November in Bugalagrande im Nordwesten von Kolumbien erschossen worden. Am Tag zuvor hatten Mitglieder seiner Gewerkschaft von Paramilitärs Morddrohungen erhalten. Sie laufen nun Gefahr, ebenfalls getötet zu werden.

Am 9. November wurde Oscar López Triviño in einer Billardhalle in Bugalagrande im Departamento Valle de Cauca im Nordwesten Kolumbiens von einem Unbekannten erschossen. Oscar López Triviño war in der örtlichen Nestlé-Fabrik angestellt und war Mitglied der Gewerkschaft SINALTRAINAL (Sindicato Nacional de Trabajadores de la Industria de Alimentos). SINALTRAINAL setzt sich für den Schutz und die Förderung der Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten in der Nahrungsmittelindustrie ein. Am 8. November hatte die paramilitärische Gruppe Los Urabeños per Kurznachricht eine Morddrohung an José Onofre Esquivel Luna und Álvaro Varela Pérez geschickt. Sie sind die Leiter der Niederlassung von SINALTRAINAL in Bugalagrande und ebenfalls Mitarbeiter bei Nestlé. Die Morddrohung lautete: "Du Guerilla-Hurensohn, wenn du dich weiter mit Nestlé anlegst, gibt es keine Gnade mehr, dann reißen wir dich in Stücke, Tod allen Kommunisten von SINALTRAINAL, Die Urabeños" (guerrilleros hp siguen jodiendo a Nestlé no mas perdón los picaremos muerte a todos los comunistas de Sinaltrainal Urabeños).

Einige Mitglieder von SINALTRAINAL befinden sich seit dem 5. November vor der Nestlé-Fabrik in Bugalagrande im Hungerstreik. Sie fordern von dem Unternehmen die Einhaltung diverser Vereinbarungen. Ursprünglich war der Beginn des Hungerstreiks für den 10. Oktober geplant, musste jedoch nach ein paar Stunden ausgesetzt werden, weil die Teilnehmenden bedroht worden waren.

Seit der Gründung von SINALTRAINAL im Jahr 1982 haben Mitglieder wiederholt Morddrohungen erhalten und mehr als 20 wurden von Paramilitärs getötet. Der Gewerkschaft zufolge hatten 13 der getöteten Gewerkschaftsmitglieder für Nestlé gearbeitet. Das Unternehmen hat bislang jegliche Verbindungen zu Paramilitärs dementiert. Es hat jedoch die Pflicht die Behörden bei einer umfassenden und unparteiischen Untersuchung des Mordes an Oscar López Triviño sowie den Morddrohungen gegen seine MitarbeiterInnen zu unterstützen. Es muss sie zudem dazu auffordern, für die Sicherheit der Gewerkschaftsmitglieder zu sorgen und sicherzustellen, dass das Unternehmen nicht von den Handlungen der Paramilitärs profitiert.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Gewerkschafter, MenschenrechtsaktivistInnen und andere soziale Organisationen sind von RegierungsbeamtInnen, Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen oft als GuerillakollaborateurInnen oder -unterstützerInnen bezeichnet worden. Diesen Anschuldigungen folgten häufig Drohungen gegen oder Angriffe auf MenschenrechtsaktivistInnen. Kolumbien gehört zu den Ländern mit der höchsten Tötungsrate von Gewerkschaftsmitgliedern. Mitglieder von Gewerkschaften werden im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen und dem Kampf um die Verbesserung ihrer sozio-ökonomischen Rechte immer wieder mit dem Tode bedroht oder gar getötet.

Amnesty International veröffentlichte 2007 einen Bericht über die kritische Menschenrechtslage von Gewerkschaftern in Kolumbien
(http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR23/001/2007).

In dem Bericht wird betont, dass Unternehmen für Menschenrechtsverstöße zur Verantwortung gezogen werden können, für die sie sich durch ihr Verhalten möglicherweise verantwortlich gemacht haben, und dass sie von diesen nicht profitieren sollten. In dem Bericht fordert die Organisation Unternehmen, darunter auch Nestlé, dazu auf, aus eigener Initiative zu handeln, um die kolumbianischen Behörden dazu zu veranlassen, die Straffreiheit bei Menschenrechtsverstößen gegen GewerkschafterInnen zu beenden. Dies würde dazu beitragen, dass GewerkschafterInnen ihre legitime Arbeit ohne Gefahr fortsetzen können und dass Unternehmen nicht Gefahr laufen, von Menschenrechtsverstößen gegen GewerkschafterInnen zu profitieren. Denn viele dieser Menschenrechtsverstöße geschehen im Kontext von Arbeitskämpfen in den betreffenden Unternehmen. Nach Kenntnisstand von Amnesty International hat Nestlé in jüngsten Schreiben an schweizerische Nichtregierungsorganisationen jegliche Art von Gewalt oder Einschüchterungsversuchen gegen die Belegschaft des Unternehmens verurteilt und die kolumbianischen Behörden dazu aufgefordert, die Sicherheit seiner Belegschaft zu gewährleisten.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, eine umfassende und unparteiische Untersuchung des Mordes an Oscar López Triviño sowie der Morddrohungen gegen die Mitglieder von SINALTRAINAL in Valle del Cauca zu veranlassen, deren Ergebnisse zu veröffentlichen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen.
  • Ich bin äußerst besorgt um die Sicherheit von José Onofre Esquivel Luna und Álvaro Varela Pérez. Ich möchte Sie mit Nachdruck auffordern, in Absprache mit ihnen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. FORDERUNG AN DAS UNTERNEHMEN NESTLÉ
  • Sehr geehrter Herr Bulcke, ich möchte Nestlé dazu auffordern, die kolumbianischen Behörden bei der umfassenden und unparteiischen Untersuchung des Mordes an Oscar López Triviño und der Morddrohungen gegen die Mitglieder von SINALTRAINAL zu unterstützen und sicherzustellen, dass diese auch vorangebracht wird.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
Señor Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Palacio de Nariño
Carrera 8 No. 7-26, Bogotá
KOLUMBIEN
(Anrede: Estimado Sr. Presidente Santos / Dear President Santos / Sehr geehrter Herr Präsident Santos)
Fax: (00 57) 1 596 0631

NESTLÉ S.A.
Mr Paul Bulcke
Chief Executive Officer
Nestlé S.A.
Av. Nestlé 55,1800 Vevey, SCHWEIZ
(Anrede: Dear Mr Bulcke / Sehr geehrter Herr Bulcke)


KOPIEN AN

GEWERKSCHAFT
SINALTRAINAL
Carrera 15 # 35-18, Bogotá
KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S. E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. Dezember 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to order a full and impartial investigation into the killing of Oscar López Triviño and the death threats against the members of SINALTRAINAL in Valle del Cauca, and to publish the results and bring those responsible to justice.
  • Expressing concern for José Onofre Esquivel Luna, Álvaro Varela Pérez and others of SINALTRAINAL and demanding that the authorities provide protection for those threatened, as agreed with those in danger.
  • Urging Nestlé to cooperate fully with criminal investigations into the latest killing and threats and calling on the Colombian authorities to ensure that full and impartial investigations are advanced.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Im Laufe des seit Jahrzehnten andauernden bewaffneten Konflikts zwischen den linksgerichteten Guerillas und den Streitkräften, die zum Teil im stillen Einvernehmen mit Paramilitärs operieren, werden immer wieder Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und anderen Organisationen bedroht, getötet oder fallen dem Verschwindenlassen zum Opfer. Zwar wurden die paramilitärischen Gruppen Kolumbiens angeblich ab 2003 in einem von der Regierung unterstützten Prozess demobilisiert, doch zeigen die Drohungen gegen Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften in Valle de Cauca und anderswo eindeutig, dass sie noch immer aktiv sind. Auch Guerillaeinheiten waren in den letzten Jahren auch im Südwesten Kolumbiens für zahlreiche Tötungen und Drohungen verantwortlich.

Während der letzten Jahre war SINALTRAINAL an zahlreichen Arbeitskämpfen beteiligt, in die auch große multinationale Unternehmen involviert waren. Zum Zeitpunkt der Arbeitskämpfe kam es oftmals vermehrt zu Berichten darüber, dass Gewerkschaftsmitglieder vor allem durch Sicherheitskräfte und paramilitärische Gruppen getötet oder bedroht wurden.

Luciano Enrique Romero Molina, ein führendes Mitglied von SINALTRAINAL im Departamento Cesar, wurde im September 2005 getötet. Sein Körper war mit über 40 Stichwunden übersät. Er war Mitarbeiter von Nestlé-CICOLAC in Valledupar in Cesar.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-310/2013, AI-Index: AMR 23/052/2013, Datum: 12. November 2013 - mv
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2013