Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1679: Urgent Action - Iran, Studentin inhaftiert


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-009/2014, AI-Index: MDE 13/003/2014, Datum: 13. Januar 2014 - ar

Iran
Studentin inhaftiert



MARYAM SHAFI' POUR, Studentin

Die vom Studium ausgeschlossene Maryam Shafi' Pour ist seit über fünf Monaten in Haft. Die Vorwürfe gegen sie hängen offenbar mit ihren friedlichen politischen Aktivitäten zusammen.

Die politisch engagierte Studentin Maryam Shafi' Pour befindet sich seit dem 27. Juli 2013 in Haft und wurde vom Studium ausgeschlossen. Über zwei Monate lang befand sie sich in Trakt 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses in Einzelhaft und hatte keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Mittlerweile ist sie in den allgemeinen Gefängnistrakt verlegt worden. Während der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009 unterstützte sie als Mitglied des Frauenkomitees aktiv die Kampagne von Mehdi Karroubi.

Maryam Shafi' Pour erschien erstmals am 21. Oktober 2013 vor der Abteilung 15 des Revolutionsgerichts in Teheran. Ihr werden Vergehen gegen die nationale Sicherheit vorgeworfen, darunter z. B. "Verbreiten von Propaganda gegen das System". Allem Anschein nach hängen die Vorwürfe mit ihren friedlichen politischen Aktivitäten zusammen. Die zweite gerichtliche Anhörung, die für den 1. Januar dieses Jahres angesetzt war, wurde aufgrund der Abwesenheit des vorsitzenden Richters verschoben. Maryam Shafi' Pour war 2010 bereits zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Ein Revolutionsgericht in Qazvin, südwestlich von Teheran, hatte sie des "Verbreitens von Propaganda gegen das System" für schuldig befunden. Sollte Maryam Shafi' Pour im jüngsten Verfahren verurteilt werden, muss sie unter Umständen auch ihre damalige Bewährungsstrafe ableisten.

Berichten zufolge soll Maryam Shafi' Pour im Dezember infolge eines unregelmäßigen Herzschlags das Bewusstsein verloren haben. Sie wurde in die Klinik des Evin-Gefängnisses gebracht, und Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge erhält Maryam Shafi' Pour seitdem Medikamente für ihr Herz.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Maryam Shafi' Pour wurde am 27. Juli 2013 festgenommen. Zuvor war sie vom staatsanwaltschaftlichen Büro Shahid Moghaddas im Evin-Gefängnis vorgeladen worden. Daraufhin durchsuchten Sicherheitskräfte ihre Wohnung und beschlagnahmten einige ihrer Habseligkeiten. Maryam Shafi' Pour wurde über zwei Monate lang in Trakt 209 des Evin-Gefängnisses in Einzelhaft gehalten. Ihren Familienangehörigen zufolge wird Maryam Shafi' Pour vorgeworfen, mit Familienmitgliedern des Oppositionsführers Mehdi Karroubi in Kontakt zu stehen. Am 16. September wurde Maryam Shafi' Pour kurzzeitig in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses verlegt. Die Gefängnisbehörden wollten ihrer Familie weder die Gründe für die Verlegung noch das Krankenhaus, in das sie gebracht worden war, mitteilen. Ihrer Familie gegenüber hatte Maryam Shafi' Pour über Taubheitsgefühle in einer Hand geklagt.

Bevor Maryam Shafi' Pour wegen ihrer friedlichen politischen Aktivitäten suspendiert und dann der Universität verwiesen wurde, studierte sie Agrartechnik an der Internationalen Universität von Qazvin.

Seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Juni 2009 sind unzählige Studierende festgenommen worden. Viele von ihnen wurden in unfairen Gerichtsverfahren wegen vage formulierter Anklagen, die nicht international anerkannten Straftaten entsprechen, zu Haftstrafen verurteilt. Andere wurden von ihrer Universität suspendiert oder gar vom Studium ausgeschlossen.

Der Prozess, der zum Suspendieren bzw. Ausschließen von Studierenden durch Disziplinarausschüsse von Universitäten führt, ist mittlerweile als "Sterne vergeben" bekannt. Studierende, die mutmaßlichen regierungskritischen Aktivitäten nachgehen, was im Allgemeinen mit der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zusammenhängt, erhalten "Sterne". Bei drei "Sternen" wird der oder die Studierende vollständig von der universitären Bildung ausgeschlossen.

Unter den inhaftierten Studierenden befindet sich z. B. der Studentensprecher Majid Tavakkoli, der 2013 den Studentischen Friedenspreis erhielt. Er verbüßt eine neunjährige Haftstrafe wegen einer Rede, die er auf einer Demonstration anlässlich des Tages der Studierenden gehalten hatte. Die Studentin und Frauenrechtlerin Bahareh Hedayat leistet eine zehnjährige Gefängnisstrafe ab, zu der sie u. a. wegen "Versammlung und Verschwörung gegen die Staatssicherheit" verurteilt worden war. Der Studentenaktivist und Mitbegründer des "Rats für die Verteidigung des Rechts auf Bildung" Sayed Ziaoddin (Zia) Nabavi erhielt aufgrund seiner politischen Aktivitäten ebenfalls "Sterne" und verbüßt derzeit eine zehnjährige Haftstrafe wegen "Feindschaft zu Gott". Majid Dorri, Mitglied des Rats für die Verteidigung des Rechts auf Bildung, wurde ebenfalls der "Feindschaft zu Gott" und anderer Verbrechen für schuldig befunden und verbüßt im Moment eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren. Und Navid Khanjani, Mitglied der Vereinigung gegen Diskriminierung im Bildungswesen (Association to Oppose Discrimination in Education - AODE), der als Anhänger des Bahaitums vom Studium ausgeschlossen wurde, leistet eine zwölfjährige Gefängnisstrafe ab, zu der er in Verbindung mit seiner Arbeit für eine Menschenrechtsorganisation verurteilt wurde.

Der Iran ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und damit verpflichtet, die Rechte des Einzelnen auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu garantieren und nicht ungebührlich einzuschränken. Als Vertragsstaat des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ist der Iran außerdem verpflichtet, das Recht aller IranerInnen auf Nichtdiskriminierung im Bereich Hochschulbildung zu achten (Artikel 2 (2) und 13 (2) (C)).


SCHREIBEN SIE BITTE

LUFTPOSTBRIEFE, TWITTERNACHRICHTEN UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, alle Anklagen gegen Maryam Shafi' Pour fallenzulassen, da sie lediglich mit der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte in Verbindung zu stehen scheinen, und sie umgehend und bedingungslos freizulassen.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Maryam Shafi' Pour regelmäßig Besuch von ihrer Familie und einem Rechtsbeistand ihrer Wahl erhalten darf.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Maryam Shafi' Pour weder gefoltert noch anderweitig misshandelt wird und sie jegliche nötige medizinische Versorgung erhält.

APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid
Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Twitter: @khamenei_ir
E-Mail: info_leader@leader.ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
c/o Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)


KOPIEN AN

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street, Pasteur Square
Tehran, IRAN
Twitter: @HassanRouhani (Englisch)
@Rouhani_ir (Persisch)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. Februar 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to drop the charges against Maryam Shafi' Pour as they appear to be linked to her peaceful exercise of her rights, and release her immediately and unconditionally.
  • Urging them to allow her regular visits from her family and access to lawyers of her own choosing.
  • Calling on them to ensure that she is protected from torture and other ill-treatment and is granted any medical attention she may require.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-009/2014, AI-Index: MDE 13/003/2014, Datum: 13. Januar 2014 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2014