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AKTION/1775: Urgent Action - Kolumbien, Morddrohungen gegen Menschenrechtsverteidiger


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-104/2014, AI-Index: AMR 23/016/2014, Datum: 30. April 2014 - ar

Kolumbien
Morddrohungen



Herr DANILO RUEDA
Herr ORLANDO CASTILLO
Herr LUIS YASMANI GRUESO SINISTERRA
Sowie WEITERE ANGEHÖRIGE DER AFRO-KOLUMBIANISCHEN GEMEINSCHAFT

Drei Menschenrechtsverteidiger sind in der Hafenstadt Buenaventura im Süden Kolumbiens von Paramilitärs bedroht worden. Vorausgegangen war die Einrichtung der Humanitären Zone Puente Nayero in Buenaventura als eine zivilgesellschaftliche Initiative zum Schutz der vorwiegend afro-kolumbianischen Bewohner_innen.

Am 22. April bedrohte ein Angehöriger der Paramilitärs den Menschenrechtsverteidiger Danilo Rueda in der Humanitären Zone Puente Nayero mit dem Tod. Die humanitäre Zone befindet sich im Stadtteil Comuna 4 von Buenaventura im Departamento Valle del Cauca. Danilo Rueda ist Mitglied der kirchlichen Menschenrechtsorganisation Comisión Intereclesial de Justicia y Paz und war mit einigen weiteren Menschenrechtsverteidiger_innen dem Angehörigen der Paramilitärs gefolgt, da dieser versucht hatte, in der humanitären Zone Kinder zu rekrutieren. An der Grenze der humanitären Zone zog er eine Machete hervor und sagte: "Noch einen Schritt weiter, und ich schneide dich auf" (Si se acerca lo pico). Am 12. April war der 16-jährige Carlos Andrés Angarita Jimenes nahe der humanitären Zone von Paramilitärs gefoltert, getötet und zerstückelt worden. Dies geschah trotz einer starken Präsenz bewaffneter Streitkräfte in der Gegend. Dieser Vorfall ist ein weiterer in einer langen Reihe von Tötungen in der Stadt.

Seit der Einrichtung der humanitären Zone am 13. April erhält auch der Menschenrechtsverteidiger Orlando Castillo immer wieder Morddrohungen von Paramilitärs. Am 22. April erfuhren die Bewohner_innen der humanitären Zone von einer Anweisung zur Tötung von Orlando Castillo. Er erhält Drohanrufe und Paramilitärs haben angekündigt, dass sie ihn töten würden. Am 23. April erfuhr auch der Menschenrechtler Luis Yasmani Grueso Sinisterra, der in der Gemeinde aktiv ist, von einem Familienangehörigen, dass Paramilitärs gedroht haben, ihn ebenfalls zu töten.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Buenaventura ist eine wichtige Hafenstadt an der kolumbianischen Pazifikküste im Departamento Valle del Cauca, in der derzeit einige große Infrastrukturprojekte entstehen. Paramilitärische Gruppen sind dort nach wie vor stark vertreten und können trotz eines großen Aufgebots an Sicherheitskräften agieren.

Seit einiger Zeit wird aus der Stadt über Tötungen, Vertreibungen und Fälle von Verschwindenlassen berichtet. Im November 2012 gab der Menschenrechtsbeauftragte (Defensor del Pueblo) einen Bericht heraus, demgemäß in den zwei Wochen vor Erscheinen des Berichts mehr als 1000 Familien aus ihren Wohnstätten vertrieben worden waren. Die Menschenrechtslage ist seither kritisch, und in der ersten Novemberwoche 2013 wurden erneut über 2000 Personen aus ihren Häusern vertrieben.

In der Stadt existieren sogenannte casas de pique ("Hackhäuser"), in die Menschen verschleppt werden. Zeugenberichten zufolge hört man dort die Schreie von Personen, die zu Tode gefoltert werden. Die Leichen werden dann oftmals an unbekannten Orten vergraben oder ins Meer geworfen, so dass der Verbleib vieler Opfer nie aufgeklärt wird. In Buenaventura herrscht eine starke Präsenz an Sicherheitskräften, darunter neben Polizist_innen auch Einheiten der Marineinfanterie - seit 1999 sind dort etwa 1500 Truppen stationiert. Nichtsdestotrotz können Paramilitärs dort weitgehend ungehindert agieren. Örtliche Zeug_innen geben an, dass die Sicherheitskräfte die Identität der Paramilitärs kennen und wissen, wo deren Anführer_innen leben, aber dennoch nicht entschieden gegen sie vorgehen. Berichten zufolge kennen die Behörden zudem die Häuser, in denen die Paramilitärs ihre Opfer töten sowie die Orte, an denen sie die Leichen vergraben.

Die Comisión Intereclesial de Justicia y Paz unterstützt afro-kolumbianische und indigene Gemeinschaften in ganz Kolumbien, die schweren Menschenrechtsverletzungen und -verstößen ausgesetzt sind oder Gefahr laufen, vertrieben zu werden. Die Organisation hat an der Einrichtung verschiedener humanitärer Zonen im ganzen Land mitgewirkt, um gefährdete Zivilpersonen zu schützen. Die Humanitäre Zone Puente Nayero im Viertel La Playita wurde am 13. April eingerichtet. Dies geschah im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung, bei der Vertreter_innen der katholischen Kirche sowie lokaler, nationaler und internationaler Organisationen anwesend waren. Seit November 2013 sind in Buenaventura zunehmend Menschenrechtsverletzungen und -verstöße zu verzeichnen und die Bewohner_innen leiden unter Fällen von Tötung, Vertreibung und Verschwindenlassen. Einige Mitglieder der Gemeinde haben daher andere kolumbianische humanitäre Zonen besucht und beschlossen, auch in Buenaventura eine solche Zone einzurichten, um die Zivilbevölkerung zu schützen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fürchte um die Sicherheit von Danilo Rueda, Orlando Castillo, Luis Yasmani Grueso Sinisterra und weiteren Menschenrechtsverteidiger_innen sowie der vorwiegend afro-kolumbianischen Bevölkerung von Buenaventura. Ich bitte Sie dringend, in Absprache mit den Betroffenen wirksame Schutzmaßnahmen für sie einzuleiten.
  • Bitte leiten Sie eine vollständige und unparteiische Untersuchung der Morddrohungen von Paramilitärs gegen die genannten Menschenrechtler und die Bewohner_innen von Buenaventura ein, veröffentlichen Sie die Ergebnisse und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.
  • Ergreifen Sie außerdem bitte unverzüglich Maßnahmen zur Auflösung paramilitärischer Gruppierungen und ihrer Verbindungen zu den Sicherheitskräften, wie es die Vereinten Nationen in ihren Empfehlungen zum Schutz der Menschenrechte mehrfach ausgesprochen haben.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
Presidente Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Palacio de Nariño, Carrera 8 No. 7-26
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Dear President Santos / Excmo. Sr. Presidente Santos / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 57) 1 596 0631

VERTEIDIGUNGSMINISTER
Señor Juan Carlos Pinzón
Ministerio de Defensa, Carrera 54, No. 26-29
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Dear Minister Pinzón / Sr. Ministro Pinzón / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 57) 1 266 1003


KOPIEN AN

MENSCHENRECHTSORGANISATION
Comisión Intereclesial de Justicia y Paz
Calle 61A, No. 17-26
Bogotá
KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S. E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. Juni 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern for the safety of Danilo Rueda, Orlando Castillo, Luis Yasmani Grueso Sinisterra and other human rights defenders and the mainly Afro-descendant community of Buenaventura, and urging the authorities to provide effective protection for them in accordance with their wishes.
  • Calling on the authorities to order a full and impartial investigation into paramilitary threats against the human right defenders and inhabitants of Buenaventura, to publish the results and bring those responsible to justice.
  • Urging the government to take immediate action to dismantle paramilitary groups and break their links with the security forces, in line with repeated UN recommendations.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-104/2014, AI-Index: AMR 23/016/2014, Datum: 30. April 2014 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2014