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AKTION/418: Briefe gegen das Vergessen, Januar 2008


amnesty journal 1/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

Briefe gegen das Vergessen
Aktion des Monats Januar 2008

- Russische Föderation - Artur Achmatchanow
- Demokratische Republik Kongo - Paul Ndokayi
- China - Bu Dongwei


Jeder Appell zählt!

Tag für Tag werden Menschen gefoltert, wegen ihrer Ansichten, Hautfarbe oder Herkunft inhaftiert, ermordet, verschleppt oder man lässt sie "verschwinden". amnesty international veröffentlicht jeden Monat drei Einzelschicksale politischer Verfolgung, um an das tägliche Unrecht zu erinnern. Internationale Appelle helfen, solche Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und zu beenden. Sie können mit Ihrem persönlichen Engagement dazu beitragen, dass Folter gestoppt, ein Todesurteil umgewandelt oder ein Mensch aus politischer Haft entlassen wird. Schreiben Sie bitte, im Interesse der Betroffenen, höflich formulierte Briefe an die jeweils angegebenen Behörden des Landes.

Sollten Sie eine Antwort auf Ihr Appellschreiben erhalten, schicken Sie bitte eine Kopie an amnesty international.

amnesty international
Postfach, 53108 Bonn
Tel.: 0228/983730, Fax: 0228/630036
E-mail: Info@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de

Spendenkonto
Bank für Sozialwirtschaft (BfS) Köln,
Kto.-Nr.: 8090100, BLZ: 370 205 00
oder Postbank Köln,
Kto.-Nr.: 224046-502, BLZ 370 100 50


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RUSSISCHE FÖDERATION

Artur Achmatchanow

"Auch heute denke ich wieder, dass sie mir vielleicht heute oder morgen meinen Sohn zurückgeben werden. Ich träume jede Nacht von ihm und muss ständig weinen. Das ist kein Leben mehr. Für mich ist das Leben stehen geblieben. Ich bin einfach nur noch hier", sagte Bilat Achmatchanow, die Mutter von Artur Achmatchanow. Am 2. April 2003 wurde der Student und Menschenrechtsverteidiger Artur Achmatchanow in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny von vermummten Männern, bei denen es sich um Angehörige der Streitkräfte der Russischen Föderation gehandelt haben soll, festgenommen. Sie zogen ihm etwas über den Kopf und zwängten ihn in ein gepanzertes Fahrzeug. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Nur einen Monat vor seiner Festnahme hatte Artur Achmatchanow geheiratet. Zum Zeitpunkt seines "Verschwindens" hatte sich der Student bei der "russisch-tschetschenischen Freundschaftsgesellschaft", einer Menschenrechtsorganisation, engagiert. In einem Brief an die örtlichen tschetschenischen Behörden vom März 2004 wies ein Militärkommandeur jede Beteiligung der russischen Armee am "Verschwinden" von Artur Achmatchanow zurück. Die am 4. April 2003 eingeleitete offizielle Untersuchung seines "Verschwindens" wurde später wieder ausgesetzt.

Die russische Menschenrechtsorganisation "Memorial" schätzt, dass seit 1999 in Tschetschenien zwischen 3.000 und 5.000 Männer, Frauen und Kinder dem "Verschwindenlassen." zum Opfer gefallen oder entführt worden sind. Die Mutter Bilat Achmatchanow sucht bei Öffnungen von Massengräbern, in Gefängnissen und an anderen Orten immer noch nach ihrem Sohn. Sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass er noch lebt.

Schreiben Sie bitte höflich formulierte Briefe an den Staatspräsidenten, in denen Sie ihn auffordern, das "Verschwinden" von Artur Achmatchanow zu untersuchen, die offizielle Liste aller in Tschetschenien vermissten Personen zu veröffentlichen, eine gründliche und unparteiische Untersuchung der Massengräber sicherzustellen und Angehörige sowie Zeugen vor Einschüchterungen zu schützen.

Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder Deutsch an:

Vladimir Putin
President of the Russian Federation
103132 g. Moscow
4 Staraya Ploshchad
Russische Föderation

Oder schicken Sie eine E-Mail von der folgenden Website: www.kremlin.ru/eng/articles/send_letter_Eng1a.shtml

(korrekte englische Anrede: Dear President Putin)

(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 0,70 Euro)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:

Botschaft der Russischen Föderation
S.E. Herrn Vladimir Kotenev
Unter den Linden 63-65, 10117 Berlin
Telefax: 030 - 229 93 97
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de


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DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO

Paul Ndokayi

Der 61-jährige Oberst Paul Ndokayi, ein Angehöriger der Armee in der Demokratischen Republik Kongo, wurde Ende November 2006 von Spezialeinheiten der Polizei in Kinshasa festgenommen, weil er dieselbe ethnische Herkunft hat wie Jean-Pierre Bemba, der wichtigste politische Gegenspieler von Präsident Joseph Kabila. Während des Verhörs beschuldigte man Oberst Paul Ndokayi, ein "Bruder Bembas" zu sein. Ununterbrochen wurde er auf brutalste Weise fünf Stunden lang mit Seilen, Ketten und Messern gefoltert. Man trat ihm in den Kopf, stach ihm ein Messer in den Fuß und brach ihm mehrfach die Hände. Oberst Paul Ndokayi verlor währenddessen mehrere Male das Bewusstsein. Gegenüber ai sagte er: "Sie befahlen mir, mich auf den Boden zu legen. Als ich mich weigerte, fesselten sie mich und zwangen mich zu Boden. Sie schlugen mich ohne Unterbrechung. Immer wieder sagten sie: 'Sag uns die Wahrheit.' Ich wurde bewusstlos. Als ich wieder zu mir kam, hörte ich sie sagen: 'Er ist immer noch nicht tot.' Nachdem sie mich verprügelt hatten, ließen sie mich gefesselt zurück."

Seit den Folterqualen, die er erlitten hat, ist Oberst Paul Ndokayi in extrem schlechter gesundheitlicher Verfassung.

Vertreter von amnesty international besuchten ihn im Juni 2007 im Gefängnis. Ihren Berichten zufolge blutet er häufig aus den Ohren und seine Arme und Beine kann er kaum noch bewegen.

Oberst Paul Ndokayi ist wegen "Terrorismusdelikten" angeklagt und befindet sich seit nunmehr zehn Monaten in Haft. Bisher verweigert man ihm das Recht, seine Inhaftierung vor einem Gericht anzufechten und Anzeige gegen seine Peiniger zu erstatten. Zudem wird ihm bisher jegliche medizinische Behandlung verwehrt.

Seit den Wahlen im Jahr 2006 haben in der Demokratischen Republik Kongo willkürliche Festnahmen zugenommen.

Schreiben Sie bitte höflich formulierte Briefe an den Justizminister der Demokratischen Republik Kongo und fordern Sie, Oberst Paul Ndokayi entweder einer strafbaren Handlung anzuklagen und vor ein Zivilgericht zu bringen, oder ihn andernfalls unverzüglich freizulassen. Zudem soll er medizinische Versorgung erhalten. Seine Peiniger müssen vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden.

Schreiben Sie in gutem Französisch, Englisch oder auf Deutsch an:

M. Georges Minsay Booka
Ministre de la Justice et Garde des Sceaux
Ministère de la Justice
228 Avenue de Lemera
BP 3137, Kinshasa Gombe
Demokratische Republik Kongo

(korrekte deutsche Anrede: Sehr geehrter Herr Justizminister)

(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,70 Euro)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:

Botschaft der Demokratischen Republik Kongo
Herrn Pierre Yvon Malamba
Osang-A-Bull
Gesandter-Botschaftsrat,
Im Meisengarten 133, 53177 Bonn
Telefax: 0228-35 22 17


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China

Bu Dongwei

Gegen Bu Dongwei, Anhänger der spirituellen Bewegung Falun Gong, sind zweieinhalb Jahre "Umerziehung durch Arbeit" verhängt worden. Er wird derzeit im "Tuanhe-Umerziehungslager" in Peking festgehalten und muss dort Verpackungsarbeiten verrichten.

Bu Dongwei war im Mai 2006 von sieben Polizeibeamten festgenommen worden. Aufgrund eines vermeintlichen mündlichen "Geständnisses" und 80 Publikationen über Falun Gong, die die Polizei bei ihm gefunden haben soll, beschuldigte man ihn der Vergehen "Widerstand gegen die Durchsetzung nationaler Gesetze" und "Störung der sozialen Ordnung". Ein Gerichtsverfahren hat es nie gegeben. Die Behörden behaupten aber, Bu Dongwei wolle gegen seine Inhaftierung keine Rechtsmittel einlegen.

Bereits im August 2000 war er aufgrund seiner religiösen Überzeugung zu zehn Monaten "Umerziehung durch Arbeit" verurteilt worden. Seinen Angaben zufolge hatte man ihn in dieser Zeit geschlagen, am Schlafen gehindert und gezwungen, den ganzen Tag auf einem kleinen Stuhl zu sitzen, um ihn dazu zu bringen, sich von Falun Gong loszusagen. Seit die spirituelle Bewegung Falun Gong im Jahr 1999 verboten wurde, hat man Zehntausende ihrer Anhänger willkürlich inhaftiert. "Umerziehung durch Arbeit" ist eine Form der Verwaltungshaft, die von der Polizei ohne Anklage, Gerichtsverfahren oder gerichtliche Überprüfung verhängt wird. Unter dem Vorwand, die Stadt bis zu den Olympischen Spielen 2008 "aufzuräumen", wenden die chinesischen Behörden die "Umerziehung durch Arbeit" verstärkt an.

Schreiben Sie bitte höflich formulierte Briefe an den Ministerpräsidenten, in denen Sie auf die sofortige und bedingungslose Freilassung des gewaltlosen politischen Gefangenen Bu Dongwei drängen. Fordern Sie, dass seine Familie ihn bis zu seiner Freilassung regelmäßig besuchen darf und er Zugang zu einem Rechtsanwalt und, falls nötig, medizinischer Versorgung erhält. Bitten Sie um die Garantie, dass er während der Haft weder misshandelt noch gefoltert wird. Drängen Sie auf die Abschaffung der "Umerziehung durch Arbeit".

Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch an:

Wen Jiabao Guojia Zongli,
Ministerpräsident der VR China
The State Council General Office Guowuyuan,
9 Xihuangchenggen Beijie
Beijingshi 100032
Volksrepublik China
Telefax: 0086-10-65 96 11 09
(c/o Minister of Foreign Affair)
E-Mail: gazette@mail.gov.cn

(korrekte englische Anrede: Your Excellency)

(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,70 Euro)

Bitte senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:

Botschaft der Volksrepublik China
S. E. Herrn Canrong Ma
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Telefax: 030 - 27 58 82 21
E-Mail: chinesischeBotschaft
@debitel.net oder
chinaemb_de@mfa.gov.cn


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Quelle:
amnesty journal, Januar 2008, S. 30-31
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30
E-Mail: info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2008