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AKTION/596: Urgent Action - Iran - Eine Hinrichtung vollstreckt, weitere Hinrichtung droht



ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-126/2007-1, AI-Index: MDE 13/033/2011, Datum: 22. März 2011 - bs

IRAN
Eine Hinrichtung vollstreckt, weitere Hinrichtung droht

Weitere Informationen zu UA-126/2007 (MDE 13/060/2007, 25. Mai 2007)

Hingerichtet:
Herr FARZAD ALIZADEH MOHAJER, auch unter dem Namen Abbas bekannt

In Hinrichtungsgefahr:
Herr MOHAMMAD ZAFARI

Farzad Alizadeh Mohajer, auch unter dem Namen Abbas bekannt, wurde am 12. Januar 2011 im Evin-Gefängnis von Teheran hingerichtet. Mohammad Zafari, der zusammen mit Farzad Alizadeh Mohajer zum Tode verurteilt worden war, könnte nun ebenfalls hingerichtet werden.

Nach vorliegenden Informationen waren Farzad Alizadeh Mohajer und Mohammad Zafari von der Abteilung 17 des Revolutionsgerichts wegen der Vergewaltigung eines Mädchens in Karaj im Januar oder Februar 2005 zum Tode verurteilt worden. Die Abteilung 77 des Strafgerichts von Teheran erhielt die Todesurteile im Berufungsverfahren am 6. September 2006 aufrecht, und die Abteilung 39 des Obersten Gerichtshofs bestätigte die Urteile. Die beiden Männer sollen von Pflichtverteidigern vertreten worden sein. Amnesty International konnte noch nicht in Erfahrung bringen, ob Mohammad Zafari ebenfalls hingerichtet worden ist.

Amnesty International hat im Iran im Jahr 2010 insgesamt 200 Hinrichtungen dokumentiert, die von den Behörden bestätigt worden sind. Glaubwürdige Berichte legen nahe, dass noch Hunderte weitere Personen im Geheimen hingerichtet wurden. Sie sollen mehrheitlich wegen Drogendelikten zum Tode verurteilt worden sein und waren im Vakilabad-Gefängnis von Mashhad im Nordosten des Landes inhaftiert. Die Zahl der Hinrichtungen im Iran ist seit Dezember 2010 erheblich angestiegen. In diesem Jahr sind bereits über 100 Menschen hingerichtet worden - ebenfalls hauptsächlich Personen, gegen die wegen Drogendelikten die Todesstrafe verhängt worden war. Einige Exekutionen sollen im Geheimen stattgefunden haben (weitere Informationen in Englisch finden Sie im Bericht: Iran: Nobel Laureate Shirin Ebadi and Rights Groups Demand Moratorium on Executions vom 16. Februar 2011 unter
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/015/2011/en.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Vergewaltigung ist im iranischen Recht kein eigener Straftatbestand, sondern fällt im Strafgesetzbuch unter "zena" (sexuelle Handlungen außerhalb der Ehe). Nach dem Strafgesetzbuch wird gegen die vergewaltigte Person keine Strafe wegen "zena" verhängt, allerdings ist für den Vergewaltiger zwingend die Todesstrafe vorgeschrieben. Amnesty International erkennt das Recht und die Verantwortung von Behörden an, Straftatverdächtige vor Gericht zu stellen, wendet sich jedoch gleichzeitig ungeachtet der Schwere eines Verbrechens vorbehaltlos gegen die Todesstrafe, weil sie eine Verletzung des Rechts auf Leben (des fundamentalsten Menschenrechts) und des Rechts, keiner grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden, darstellt; diese Rechte sind in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat im Allgemeinen Kommentar 6 dargelegt, dass "die Todesstrafe eine absolute Ausnahme sein sollte", und die UN-Menschenrechtskommission hat in Resolution 2005/59 erläutert, dass der Begriff "bei schwersten Verbrechen" sich nur auf vorsätzliche Verbrechen mit tödlichem Ausgang oder mit sonstigen äußerst schwerwiegenden Folgen bezieht. Die Menschenrechtskommission hat außerdem erklärt, dass die Todesstrafe keine zwingend vorgeschriebene Strafe sein darf. Im Jahr 2010 waren weniger als zehn Prozent der bekannt gewordenen Hinrichtungen aufgrund von Todesurteilen erfolgt, die wegen Mord oder anderen Straftaten mit tödlichem Ausgang verhängt worden waren.

Am 16. März 2011 gab der Vorsitzende Richter des Obersten Gerichtshofs bekannt, die Oberste Justizautorität habe verlangt, dass Fälle von "Straftätern und Personen, die die öffentliche Ordnung gefährden und Unruhe in der Öffentlichkeit stiften", schneller vom Obersten Gerichtshof bearbeitet werden sollten. Der Vorsitzende Richter bestätigte zudem, dass in der Zukunft Todesurteile, die bereits von Gerichten unterer Instanz bestätigt worden sind, vom Obersten Gerichtshof in weniger als zehn Tagen bearbeitet werden.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bin über die Hinrichtung von Farzad Alizadeh Mohajer erschüttert.

- Bitte teilen Sie mir mit, ob Mohammad Zafari noch am Leben ist, und wenn er noch lebt, informieren Sie mich über seinen gegenwärtigen rechtlichen Status.

- Sollte er immer noch zum Tode verurteilt sein, bitte ich Sie, ihn nicht hinzurichten und umgehend für alle anhängigen Todesurteile ein Hinrichtungsmoratorium zu verfügen.


APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: info_leader@leader.ir; Über die Website:
http://www.leader.ir/langs/en/index.php?p=letter (Englisch)

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
Office of the Head of the Judiciary
C/o Public Relations Office, Number 4, 2 Azizi Street
Vali Asr Ave., above Pasteur Street intersection
Tehran
IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: bia.judi@yahoo.com
(Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani)


KOPIEN AN

LEITER DER IRANISCHEN BEHÖRDE FÜR MENSCHENRECHTE
Mohammad Javad Larijani
High Council for Human Rights
[C/o] Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri, Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Dear Sir)
E-Mail: info@humanrights-iran.ir
(Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 3. Mai 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Deploring the execution of Farzad Alizadeh Mohajer.

- Calling on the Iranian authorities to clarify whether Mohammad Zafari is still alive, and what his current legal status is.

- Urging the Iranian authorities not to execute Mohammad Zafari, if he is still held under sentence of death and to immediately implement a moratorium on all executions.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-126/2007-1, AI-Index: MDE 13/033/2011, Datum: 22. März 2011 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2011