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AKTION/800: Urgent Action - Rumänien - Zwangsräumung ausgesetzt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-259/2011-1, AI-Index: EUR 39/009/2011, Datum: 19. September 2011 - gs

Rumänien
Zwangsräumung ausgesetzt


HUNDERTE MENSCHEN, ÜBERWIEGEND ROMA

Proteste von Menschenrechtsorganisationen und ausländischen Botschaften haben offenbar bewirkt, dass die für den 5. September geplante Vertreibung von Roma aus Baia Mare im Nordwesten Rumäniens zunächst einmal ausgesetzt worden ist.

Am 23. August hatte der Bürgermeister von Baia Mare angekündigt, er habe vor, "Hunderte" Roma und andere sozial benachteiligte Menschen ohne in Baia Mare ausgestellte Ausweispapiere aus vier der dortigen Stadtteile zu vertreiben und in ihre Herkunftsorte zurückzuschicken. Örtliche Medien hatten gemeldet, mit den Vertreibungen würde am 5. September begonnen werden. Die Ankündigung des Bürgermeisters rief Amnesty International sowie die in Bukarest ansässige Nichtregierungsorganisation Romani CRISS und die Vereinigung Sanse Egale mit Sitz in Zalau auf den Plan. Tausende AktivistInnen von Amnesty International rund um den Erdball forderten sowohl die Behörden von Baia Mare als auch die rumänische Regierung auf, die Zwangsräumungen unverzüglich einzustellen. Die US-amerikanische Botschaft in Bukarest gab daraufhin eine Presseerklärung heraus, in der es hieß: "Wir teilen die Auffassung von Amnesty International und anderen, dass die Vertreibungen und der Abriss von Häusern nicht stattfinden dürfen. Botschafter Gitenstein hofft, dass Bürgermeister Chereches Mittel und Wege finden wird, um die Wohnsituation für alle in Baia Mare lebenden Menschen zu verbessern und ihre Rechte zu wahren." Der US-amerikanische Botschafter soll für den 19. September einen Besuch in Baia Mare geplant haben, um dort mit örtlichen BehördenvertreterInnen wie auch mit Roma-Gemeinschaften zu Gesprächen zu führen.

Die Tageszeitung Adevarul de seara meldete in ihrer Ausgabe vom 13. September, dass Mitglieder eines Arbeitsausschusses aus VertreterInnen des Ministeriums für Inneres und öffentliche Verwaltung sowie des Ministeriums für Arbeit, Familie und Soziales nach Baia Mare gereist sind, um eine Lösung für die Situation der Roma zu diskutieren und der Stadt wie auch den Behörden des Kreises Maramures Unterstützung anzubieten. In der Meldung hieß es weiter, die Delegation habe betroffene Roma-Gemeinschaften besucht und von ihnen Informationen eingeholt, um den von Amnesty International und der EU-Kommissarin für Justiz und Inneres Viviane Reding geäußerten Bedenken Rechung zu tragen. Der Bürgermeister stellte dem Bericht zufolge ein Pilotprojekt zur Integration von Roma-Familien in Baia Mare vor und wurde mit den Worten zitiert: "Für die Bauvorhaben wurden drei Optionen (Modulhaus, Backstein- oder Zementbau) gewählt. Auf drei Hektar Land werden annähernd 400 Wohnungen entstehen, die mit allem Notwendigen (Strom, Wasser, Gas) ausgestattet sein werden. Das Bürgermeisteramt wird die erforderlichen Mittel für den Transport der Roma-Kinder in die Kindergärten und Schulen in Baia Mare bereitstellen."

In einem Antwortschreiben vom 6. September an AktivistInnen von Amnesty International teilte der Bürgermeister von Baia Mare mit, die örtlichen Behörden würden bei der Frage des weiteren Umgangs mit informellen Siedlungen innerstaatlichen Gesetzen und internationalen Menschenrechtsstandards Rechnung tragen. Die Behörden der Stadt haben allerdings bislang eine klare und eindeutige Zusicherung vermissen lassen, dass keine Zwangsräumungen stattfinden werden, solange nicht alle notwendigen Schutzvorkehrungen getroffen worden sind. Nach Kenntnis von Amnesty International sind zwei Wochen nach dem angekündigten Datum noch keine Wohnungen abgerissen und weder Familien noch einzelstehende Personen aus ihrem Zuhause vertrieben worden.

Amnesty International begrüßt, dass die Zwangsräumungen zunächst einmal ausgesetzt worden sind. Die Organisation nimmt jedoch zur Kenntnis, dass die örtlichen Behörden auch weiterhin planen, verschiedene in Baia Mare bestehende Siedlungen zu räumen. Amnesty International wird die weiteren Entwicklungen beobachten und darauf achten, dass Zwangsräumungen nur als letztes Mittel und unter Wahrung einschlägiger internationaler Menschenrechtsstandards vorgenommen werden.

Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben. Weitere Appelle der TeilnehmerInnen am Eilaktionsnetz sind nicht erforderlich.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-259/2011-1, AI-Index: EUR 39/009/2011., Datum: 19. September 2011 - gs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2011