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EUROPA/395: Mehr als 200 europäische Organisationen solidarisieren sich mit der ungarischen Zivilgesellschaft


Amnesty International - Pressemitteilung vom 19. Februar 2018

Mehr als 200 europäische Organisationen solidarisieren sich mit der ungarischen Zivilgesellschaft

Europaweiter Solidaritätsbrief: Internationaler Protest gegen geplantes Gesetzespaket der ungarischen Regierung, das die Arbeit von NGOs massiv einschränken würde


BERLIN, 19.02.2018 - Am 13. Februar legte die ungarische Regierung dem Parlament den Entwurf für ein neues Gesetzespaket vor, das aus insgesamt drei Gesetzesvorschlägen besteht. Die vorgeschlagenen Gesetze würden ungarische zivilgesellschaftliche Organisationen noch stärker als bisher in ihrer Arbeit behindern. Unter den neuen Bestimmungen müssten NGOs, die "Migration fördern", für ihre Arbeit künftig eine staatliche Sicherheitsfreigabe und eine Genehmigung einholen. Die Gesetze würden zudem bedeuten, dass die betroffenen Organisationen auf alle ausländischen Finanzmittel, die vermeintlich der "Förderung der Migration" dienen, eine Steuerleistung in Höhe von 25 Prozent erbringen müssten. Tun sie dies nicht, so müssen sie mit astronomischen Geldstrafen, dem Bankrott oder gar ihrer Auflösung rechnen.

All dies geschieht vor dem Hintergrund einer ungarischen Zivilgesellschaft, die ohnehin bereits erheblichen Einschränkungen unterliegt, und verstößt gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes, die Rechte auf Vereinigungsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Freizügigkeit zu schützen.

Wir sind der Überzeugung, dass das neue vorgeschlagene Gesetzespaket der jüngste Versuch der ungarischen Regierung ist, die legitime Arbeit zivilgesellschaftlicher Gruppen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, Rechtshilfe und soziale Dienste bereitstellen und in der Presse oder im Internet abweichende Meinungen äußern, noch weiter zu beschneiden.

Als Verfechter von Rechten und Freiheiten bestehen wir darauf, dass Menschen stets ihre Ansichten äußern dürfen, ohne dafür angegriffen, bedroht oder inhaftiert zu werden. Eine offene Diskussion über Regierungsführung und -politik ist unverzichtbarer Bestandteil einer jeden Gesellschaft, und Menschenrechtler dürfen für ihre von Zeit zu Zeit kritischen Ansichten nicht kriminalisiert werden. Menschenrechtsverteidiger sollten durch Gesetze geschützt und nicht durch repressive Regelwerke unterdrückt werden.

Menschenrechtsverteidiger sorgen dafür, dass die Rechte von Personen in ihrer Umgebung und in ihrem Land gewahrt werden. Dadurch schützen sie unsere Rechte, und dies weltweit. Oftmals sind Menschenrechtler die letzte Bastion, wenn es um die Verteidigung einer freien und gerechten Gesellschaft geht, und häufig nehmen sie für diese Arbeit enorme persönliche Risiken auf sich.

Wir bekunden unsere Solidarität mit der Zivilgesellschaft und allen Menschenrechtsverteidiger in Ungarn - mutige Menschen, die sich für eine gerechtere Gesellschaft einsetzen. Ohne ihren Mut gäbe es in dieser Welt weniger Gerechtigkeit und Gleichheit. Wir fordern das ungarische Parlament daher auf, das gesamte vorgeschlagene Gesetzespaket abzulehnen und dafür zu sorgen, dass NGOs und Menschenrechtler ungehindert ihrer Arbeit nachgehen können, statt gezwungen zu sein, sich gegen derartige Angriffe zur Wehr zu setzen.


Die unter dem folgenden Link aufgeführten Organisationen erklären ihre Unterstützung und Solidarität für Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsverteidiger in Ungarn:
https://www.amnesty.de/sites/default/files/2018-02/Liste-NGOs-fuer-Ungarn.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 19. Februar 2018
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2018

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