Amnesty International - Pressemitteilung vom 9. April 2025
Deutschland: Koalitionsvertrag bricht mit zahlreichen Menschenrechten
Amnesty International kritisiert den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD als menschenrechtliches Armutszeugnis. Besonders schwerwiegend sind die Beschränkungen des Familiennachzuges und drohende Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Zu kritisieren sind auch die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung und die Abschaffung des Lieferkettengesetzes.
Zum Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sagt Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland:
"Der Koalitionsvertrag spricht von einer 'Zeitenwende in der inneren Sicherheit'. Was die Koalition darunter versteht, ist jedoch das Gegenteil von Sicherheit: Sie bedient rassistische Feindbilder [1], instrumentalisiert das Aufenthalts- und Migrationsrecht [2], bläht Überwachung auf und greift die Zivilgesellschaft an. Union und SPD wollen offensichtlich Angst schüren und die Gesellschaft spalten, um den Abbau von Rechtsstaatlichkeit zu rechtfertigen. Wir wissen, dass das keine Sicherheit bringt. Wer Sicherheit will, muss Menschenrechte verwirklichen.
Der Koalitionsvertrag ist von Doppelstandards geprägt: So behauptet er, 'Familien in den Mittelpunkt' zu stellen, gleichzeitig geht er im Asylrecht gegen den Familiennachzug vor. Die Bundesregierung gibt vor, sich gegen Folter und Todesstrafe [3] einzusetzen, gleichzeitig will sie Menschen nach Afghanistan und Syrien abschieben, wo ihnen eben jenes Schicksal droht. Das ist Heuchelei. Die Koalition will der Einschränkung der Zivilgesellschaft entschlossen entgegentreten, gleichzeitig knüpft sie Fördergelder daran, zur tödlichen Politik Israels in Gaza zu schweigen [4] - so macht sie sich unglaubwürdig.
Wer sich auf der einen Seite zu Menschenrechten bekennt, kann auf der anderen Seite nicht an einer Staatsräson festhalten, die über dem Völkerrecht steht.
Die Einstellung aller humanitären Aufnahmeprogramme - ob aus Afghanistan oder jedem anderen Land in der Welt - ist unvereinbar mit dem angeblichen Bekenntnis zu Menschenrechten.
Die Einführung der Vorratsdatenspeicherung sowie der biometrische Abgleich von Bildern mit öffentlichen Fotos im Internet durch Sicherheitsbehörden stellen tiefgreifende und unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte [5] dar.
Das Lieferkettengesetz abzuschaffen, ist keine Politik für Menschen: Das ist Politik für Unternehmen, die keine soziale Verantwortung übernehmen wollen."
Anmerkungen:
[1] https://www.amnesty.de/deutschland-bundestagswahl-2025-rassismus-diskriminierung
[2] https://www.amnesty.de/deutschland-bundestagswahl-2025-migration
[3] https://www.amnesty.de/aktuell/todesstrafe-hinrichtungen-weltweit-amnesty-bericht-2024
[4] https://www.amnesty.de/israel-palaestina-gaza-nahostkonflikt
[5] https://www.amnesty.de/deutschland-bundestagswahl-2025-digitale-ueberwachung-privatsphaere
Amnesty-Forderungen zur Bundestagswahl 2025
Die Menschenrechte müssen Grundlage und Kompass der nächsten Bundesregierung sein.
https://www.amnesty.de/bundestagswahl-2025-menschenrechtspolitische-forderungen
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Quelle:
Pressemitteilung vom 9. April 2025
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030 / 420248-0, Fax: 030 / 420248-488
E-Mail: info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 11. April 2025
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