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NAHOST/162: Schiitische Milizen begehen Kriegsverbrechen im Irak - die Regierung schaut zu


Pressemitteilung vom 14. Oktober 2014

Schiitische Milizen begehen Kriegsverbrechen im Irak - die Regierung schaut zu

Neuer Bericht von Amnesty belegt massive Menschenrechtsverletzungen an Sunniten



Berlin, 14.10.2014 - Aus Rache begehen schiitische Milizen im Irak immer häufiger Menschenrechtsverletzungen und verüben Kriegsverbrechen an Sunniten - und die Regierung im Bagdad greift nicht ein. Das belegt der neue Bericht von Amnesty International "Absolute Impunity: Militia Rule in Iraq", der am Dienstag veröffentlicht wurde. Demnach sind bereits Dutzende von sunnitischen Zivilisten entführt und ermordet worden und auch Regierungstruppen foltern und töten Gefangene. "Indem die Regierung in Bagdad Milizen gewähren lässt, solche schrecklichen Taten routinemäßig zu begehen, billigt sie Kriegsverbrechen und fördert einen Teufelskreis von religiös motivierter Gewalt, der das Land weiter auseinanderreißt", sagt Donatella Rovera, Krisenbeauftragte von Amnesty International. "Die irakische Regierung muss endlich aufhören, die Herrschaft der Milizen zu unterstützen."

Der Bericht liefert beängstigende Details zu religiös motivierten Gewalttaten von zunehmend mächtigen schiitischen Milizen in Bagdad, Samarra und Kirkuk. Diese Milizen rächen sich offenbar für Angriffe der Gruppe "Islamischer Staat". Dutzende nicht identifizierter Leichen, mit Handschellen gefesselt und mit Schusswunden im Kopf, sind an verschiedenen Orten im Land gefunden worden. Diese Tatsache lässt ein Muster gezielter Hinrichtungen erkennen.

Das Schicksal vieler von schiitischen Milizen schon vor Monaten entführter Personen ist unbekannt. Manche Gefangene wurden sogar ermordet, nachdem ihre Familien bereits Lösegelder von 80.000 Dollar und mehr bezahlt hatten, um sie freizubekommen. "Die wachsende Macht schiitischer Milizen hat die Sicherheitslage im Irak massiv verschlechtert und ein Klima der Rechtlosigkeit entstehen lassen", sagt Rovera.

Die Milizen sind noch mächtiger und prominenter geworden, nachdem sich die irakische Armee zurückgezogen und fast ein Drittel des Landes den IS-Kämpfern überlassen hat. Sie tragen häufig Militäruniformen und operieren ohne jegliche offizielle Überwachung.

"Die irakischen Behörden haben es unterlassen, diese Milizen je für Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen", kritisiert Donatella Rovera. "Damit haben sie ihnen sozusagen freie Hand gegeben, willkürlich gegen die Sunniten zu wüten. Die neue irakische Regierung unter Präsident Haider al-Abadi muss jetzt dringend handeln, die Milizen wieder kontrollieren und Rechtsstaatlichkeit herstellen."

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AMNESTY INTERNATIONAL ist eine von Regierungen, politischen Parteien, Ideologien, Wirtschaftsinteressen und Religionen unabhängige Menschenrechtsorganisation. Amnesty kämpft seit 1961 mit Aktionen, Appellbriefen und Dokumentationen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. Die Organisation hat weltweit drei Millionen Unterstützer. 1977 erhielt Amnesty den Friedensnobelpreis.

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Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 14. Oktober 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2014