Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

AFRIKA/239: Sudan - Behörden sperren Lager mit 82.000 Flüchtlingen für Hilfswerke


Presseerklärung vom 13. August 2010

Sudan: Behörden sperren Lager mit 82.000 Flüchtlingen für Hilfswerke

Blockade von Hungerhilfe in Darfur verletzt Völkerrecht: Neue Kriegsverbrechen von Bashir?


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Regierung des Sudan vorgeworfen, mit ihrer Blockade des von 82.000 Menschen bewohnten Flüchtlingslagers Kalma in Süd-Darfur Völkerrecht grob zu verletzen. "Das humanitäre Völkerrecht verbietet die Aushungerung von Zivilisten und untersagt auch die kollektive Bestrafung der Zivilbevölkerung", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Sudans Staatspräsident Omar Hassan al Bashir, gegen den der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) wegen des Verdachts des Völkermordes ermittelt, macht sich erneut verdächtig, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verüben." Die GfbV hat an die Europäische Union (EU) appelliert, eine sofortige Aufhebung der Blockade zu verlangen.

Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen in dem Lager, bei denen Ende Juli 2010 mehrere Menschen starben, haben die sudanesischen Behörden seit dem 2. August 2010 allen Hilfsorganisationen den Zutritt zu dem Camp verboten. Die Blockade soll erst aufgehoben werden, wenn die UNAMID-Friedenstruppe den Behörden sechs Sprecher der Flüchtlinge übergibt, die der Aufwiegelung verdächtigt werden. Bislang verweigert die UNAMID die Auslieferung, da den Betroffenen unfaire Gerichtsverfahren drohen.

"Nicht nur das Lager Kalma ähnelt einem Pulverfass", berichtete Delius. Auch in anderen Camps kam es im Juli 2010 zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, denn Hoffnungslosigkeit und Zorn sind in den Lagern weit verbreitet. Die Vertriebenen fühlen sich von der Staatengemeinschaft verlassen, denn Zukunft der 2,7 Millionen Binnenflüchtlinge in Darfur ist ungewiss. Zwar liefert das Ausland Hilfsgüter, doch es gibt kein Engagement für eine Rückkehr der Vertriebenen in ihre zerstörten 4.500 Dörfer. "Es ist abstrus. Zwar unterstützt die EU den Haftbefehl des IStGH gegen Bashir, doch für die überlebenden Opfer seines Völkermordes gibt es außer Katastrophenhilfe keine Unterstützung."

Mit Hilfe der arabischen Staaten will Bashir die Vertriebenen in der Umgebung der Lager in Modelldörfern ansiedeln. Auch das Kalma-Camp soll aufgelöst werden. "Gewalttätige Auseinandersetzungen in den Lagern helfen Bashir, die von den Lagerinsassen zumeist abgelehnte Auflösung der Camps schnell durchzusetzen", erklärte Delius. "Bereitwilliger Helfer bei der Umsetzung dieser letzten Phase des Genozids in Darfur ist die Arabische Liga. Sie sagte im März 2009 zu, ein Jahr lang monatlich acht Millionen US-Dollars für den Wiederaufbau Darfurs zur Verfügung zu stellen. Präsident Bashir kann zufrieden sein, da so die Vertreibung von mindestens drei Millionen Darfuris zementiert wird und zugleich in den Modelldörfern fälschlich der Eindruck erweckt wird, im Westen des Sudan herrsche Frieden."


*


Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. August 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2010