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AFRIKA/393: Zentralafrika im Schatten der Syrien-Krise - Katastrophale Lage spitzt sich immer mehr zu


Presseerklärung vom 28. August 2013

Im Schatten der Syrien-Krise:
Frankreich ruft Vereinte Nationen zu Hilfe: Humanitäre und menschenrechtliche Katastrophe in der Zentralafrikanischen Republik

Christen befürchten gezielte Verfolgung



Angesichts der Zuspitzung der humanitären und menschenrechtlichen Lage in der Zentralafrikanischen Republik fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dringend einen besseren Schutz für die dortige Zivilbevölkerung. "Während die Welt wie gebannt auf die Syrien-Krise schaut, bahnt sich in der Zentralafrikanischen Republik eine Katastrophe an", warnte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Dringend müssen die bereits im Land stationierten 3.600 Soldaten und Polizisten der Friedenstruppen der Afrikanischen Union personell verstärkt und besser ausgestattet werden, um die Zivilbevölkerung wirksamer vor Willkür und Gewalt zu schützen." Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande hat Dienstagabend die Vereinten Nationen um Hilfe für die ehemalige französische Kolonie gebeten.

Politisch motivierte Morde, weit verbreitete Folter, Rekrutierungen von Kindersoldaten, Übergriffe auf Christen und Rechtlosigkeit haben seit Übernahme der Macht durch die islamisch geprägten Seleka-Koalition im März 2013 massiv zugenommen. Mindestens 3.500 Kinder werden von bewaffneten Gruppen als Kindersoldaten eingesetzt. "Gezielte Angriffe auf Kirchen und Christen, bei denen mindestens 15 Menschen getötet wurden, schürten bei Christen die Sorge vor einer gezielten Christenverfolgung", sagte Delius. Die Ernennung des neuen Innenministers Josué Binoua am Dienstag habe viele Christen zwar vorerst etwas beruhigt, aber die Lage bleibt gespannt. Er ist Pastor und Gefolgsmann des gestürzten Präsidenten Francois Bozizé. Katholiken und Protestanten stellen jeweils rund 25 Prozent der Bevölkerung, nur 15 Prozent sind Muslime.

"Auch die humanitäre Lage spitzt sich zu. So benötigen rund 1,6 Millionen Menschen nach den Verwüstungen des Bürgerkrieges der vergangenen Monate dringend humanitäre Hilfsgüter, doch Helfer haben aufgrund der schwierigen Sicherheitslage nur Zugang zu 20 Prozent des Staatsgebiets", berichtete Delius. Mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung sind von akuter Unterernährung bedroht. Besonders kritisch ist die Lage von 12.000 unterernährten Kindern. 206.000 Menschen, unter ihnen 100.000 Kinder, sind nach den Kämpfen und Übergriffen der Seleka im eigenen Land auf der Flucht, weitere 60.000 Menschen haben in Nachbarländern Zuflucht gesucht. Allein für die Unterbringung der Binnenflüchtlinge werden mehr als drei Millionen Euro benötigt, doch aus dem Ausland gibt es keine Hilfszusagen.

Die an Diamanten und Tropenholz reiche Zentralafrikanische Republik ist fast doppelt so groß wie Deutschland, doch leben dort nur rund 4,6 Millionen Menschen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 28. August 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2013