Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

AFRIKA/464: Zentralafrika - Enttäuschende Bilanz nach sechs Monaten Einsatz französischer Friedenstruppen


Presseerklärung vom 5. Juni 2014

Französische Friedenstruppen seit sechs Monaten im Einsatz (5.6.):

Enttäuschende Bilanz von Friedenstruppen-Einsatz
Wenig Hoffnung auf Frieden und Versöhnung in der Zentralafrikanischen Republik



Nach sechs Monaten Einsatz französischer Friedenstruppen in der Zentralafrikanischen Republik hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag eine enttäuschende Bilanz gezogen. "Den 1.600 französischen und 5.000 afrikanischen Soldaten ist es nicht gelungen, alle Konfliktparteien zu entwaffnen sowie Frieden, Wiederaufbau und Versöhnung voranzubringen", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. "Zwar konnten größere Massaker verhindert werden, doch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung ist alltäglich und die Vertreibung von Muslimen aus weiten Regionen des Landes schreitet fort." Die rund 2.000 Angehörigen der muslimischen Minderheit, die bis jetzt in der Hauptstadt Bangui im Viertel PK-5 geblieben sind, haben am vergangenen Wochenende demonstriert und gefordert, in Sicherheit gebracht zu werden, da sie ihren Schutz nicht mehr für gewährleistet halten.

Der am 5. Dezember 2013 von Frankreich begonnenen Operation Sangaris fehlte es nach Auffassung der GfbV von Anfang an an finanzieller und personeller Ausstattung. Auch das Mandat erwies sich als trügerisch, da in dem vom Bürgerkrieg verwüsteten Land kaum mehr staatliche Strukturen bestehen, die zu schützen sind, und auch kein Friede herrscht, der zu sichern ist. "Vor der für September 2014 geplanten Entsendung von UN-Friedenstruppen braucht das Land dringend einen glaubwürdigen Friedensplan und mehr Initiativen für Wiederaufbau und Versöhnung. Ansonsten wird auch dieser Friedenstruppen-Einsatz allenfalls nur eine Atempause im Morden verschaffen", warnte Delius.

Ende Mai eskalierte in der Zentralafrikanischen Republik erneut die Gewalt. Selbst in Bangui, das die französischen Truppen vorschnell als sicher erklärt hatten, nahmen die Übergriffe von Milizionären wieder zu. So wurden am 25. Mai drei junge Muslime ermordet und verstümmelt. Sie waren auf dem Weg zu einem Fußballspiel, mit dem die Versöhnung zwischen Christen und Muslimen gefördert werden sollte. Den jungen Männern wurden die Geschlechtsorgane abgetrennt und die Herzen aus dem Körper geschnitten. Drei Tage später verübten mutmaßliche muslimische Seleka-Milizionäre einen brutalen Anschlag auf die katholische Kirche Notre-Dame von Fatima, in der sich 9.000 Gläubige befanden. Bei dem Anschlag wurden 17 Menschen getötet und 27 Personen verschleppt. Über die Gewalt entsetzte Christen und Muslime warfen der Regierung daraufhin Untätigkeit vor.

Die Staatsführung reagierte hilflos: Um öffentliche Proteste einzudämmen, wurde das Versenden von Textbotschaften über Mobiltelefone verboten. Glaubwürdige Friedensinitiativen gehen von der Regierung nicht aus, so dass dem Land immer mehr eine Spaltung in einen muslimischen Osten und christlichen Westen droht.

*

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 5. Juni 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2014