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AKTION/187: Aufnahme irakischer christlicher Flüchtlinge nicht länger hinauszögern


Presseerklärung vom 12. November 2008

OFFENER BRIEF
an den Bundesinnenminister und alle Innenminister der Länder

Die Aufnahme von irakischen christlichen Flüchtlingen darf nicht länger hinausgezögert werden!


Sehr geehrter Herr Minister,

nach dem heutigen furchtbaren Mord an zwei Schwestern in der irakischen Stadt Mosul appelliere ich an Sie, die Aufnahme von verjagten Christen aus dem Irak nicht weiter hinauszögern. Die Bundesregierung und die Bundesländer sollten sofort handeln und einen Notfallplan erarbeiten. Durch die träge und unflexible Entscheidungsfindung, ob Deutschland ein Kontingent dieser verfolgten Christen aus dem Irak ins Land lassen soll, haben Deutschland und die EU bereits viel wertvolle Zeit verloren. Berlin und die anderen EU-Hauptstädte müssen jetzt schnell handeln und endlich ein großes Kontingent christlicher Flüchtlinge aus dem Irak aufnehmen. Außerdem sollte die Bundesregierung sofort ein Hilfs- und Ansiedlungsprogramm für die in die Niniveh-Ebene nördlich und östlich von Mossul und die in den Bundesstaat Kurdistan geflüchteten Christen initiieren. In der Niniveh-Ebene stellen Christen, Yeziden und die kleine Ethnie der Shabak die Mehrheitsbevölkerung.

Sehr geehrter Herr Minister, unsere Menschenrechtsorganisation hat heute Morgen durch unser Büro in Arbil/Irakisch-Kurdistan erfahren, dass die junge Christin Lamia'a Sabih Saloha und ihre Schwester Wala'a in ihrem eigenen Familienhaus von Unbekannten angegriffen wurden und auf grausame Art getötet worden sind. Die Mutter ist mit unzähligen Messerstichen lebensgefährlich verletzt worden, das Haus der Familie wurde in die Luft gesprengt. Dieser schreckliche Überfall zeigt noch einmal, dass die Zusicherungen des irakischen Ministerpräsidenten Nuri Al Maliki der deutschen Bundesregierung gegenüber, Christen in seinem Land schützen zu können, nur leere Versprechungen sind.

Die GfbV dokumentiert seit 2003 die Verbrechen an den irakischen Assyro-Chaldäern und warnt seit langem vor einem Exodus der Assyro-Chaldäer aus dem Irak. Die "Chronik des Schreckens" der GfbV belegt die Systematik der Vertreibung dieser religiösen Minderheit aus ihrem Jahrtausende alten Siedlungsgebiet. Seit mehr als zwei Jahren fordert die GfbV, dass Deutschland ein Kontingent assyro-chaldäisch-aramäischer Flüchtlinge aus dem Irak aufnimmt, es die Kirchen in Syrien, Jordanien und dem Libanon bei der Versorgung dort eingetroffener irakischer Christen konkret unterstützt.

Mit freundlichen Grüßen,

Tilman Zülch


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 12. November 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2008