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ASIEN/261: Für unschuldig verurteilten afghanischen Journalisten einsetzen


Presseerklärung vom 23. Juli 2008

Seit sechs Monaten in der Todeszelle:

Freiheit für Parvez! Deutschland muss sich für unschuldig verurteilten afghanischen Journalisten einsetzen


Mit einem großen Galgen vor dem Brandenburger Tor hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Mittwoch an das Schicksal des vor sechs Monaten unschuldig zum Tode verurteilten afghanischen Journalisten Parvez Kaambakhsh erinnert. Nachdrücklich appellierte die GfbV gemeinsam mit Exil-Afghanen an die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag, sich engagierter für die Freilassung des 23-Jährigen einzusetzen. "Das Unrechtsverfahren gegen den Journalisten macht den von Deutschland so sehr geförderten Wiederaufbau eines Rechtsstaates in Afghanistan unglaubwürdig", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Nur internationaler Druck könne helfen, schnell seine Freilassung zu erwirken.

Die GfbV begrüßte, dass Parvez im Juni 2008 in das Parlamentarier-Schutzprogramm des Deutschen Bundestages "Parlamentarier schützen Parlamentarier" aufgenommen worden sei. Doch nun müssten die Abgeordneten auch konkrete Initiativen für seine schnelle Freilassung entwickeln. Denn Parvez Gesundheitszustand verschlechtere sich im Gefängnis immer mehr. Mehrfach hatte der Journalist berichtet, gefoltert worden zu sein. Außerdem werde sein Berufungsverfahren gegen das Todesurteil systematisch verschleppt.

Sayed Parvez Kaambakhsh war am 23. Januar 2008 wegen "Gotteslästerung" in einem nur vierminütigen Prozess ohne Rechtsbeistand zum Tode verurteilt worden. Er wurde beschuldigt, kritische Beiträge über die Lage der Frauen im Islam aus dem Internet heruntergeladen und verbreitet haben. Der 23-Jährige bestreitet dies energisch.

Die Inhaftierung und Verurteilung von Parvez sei ein schockierender Fall von Sippenhaft, sagte der GfbV-Afghanistan-Koordinator Tillmann Schmalzried. Denn Ziel der afghanischen Behörden sei es vor allem, seinen Bruder, den Journalisten Yaqub Ibrahimi zu treffen. Dieser ist einer der schärfsten Kritiker der Warlords, die in Afghanistan immer stärker an Macht gewinnen. Wegen seiner mutigen Reportagen wurden Ibrahimi und seine Familie vom Geheimdienst bedrängt, von Warlords und Taliban mit dem Tod bedroht. Auf Initiative der GfbV hat die "Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte" Yaqub ein einjähriges Stipendium verliehen. Nach kurzem Aufenthalt in der Hansestadt kehrte er jedoch vorläufig in seine Heimat zurück, um die Freilassung seines Bruders voranzutreiben. Obwohl dieser noch inhaftiert ist, wurde er von der Hamburger Stiftung inzwischen auch in das Stipendienprogramm übernommen.


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Quelle:
Presseerklärung Berlin/Göttingen, 23. Juli 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2008