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ASIEN/363: Afghanistan - Leipziger Medienpreis für Sayed Yaqub Ibrahimi


Presseerklärung vom 8. Oktober 2010

Überfällige Ehrung: Leipziger Medienpreis für den afghanischen Journalisten Sayed Yaqub Ibrahimi


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gratuliert Sayed Yaqub Ibrahimi zum Leipziger Medienpreis. "Eine öffentliche Ehrung für diesen mutigen afghanischen Journalisten und Menschenrechtler war schon lange überfällig", freut sich der GfbV-Afghanistan-Experte Tillmann Schmalzried, der mit Yaqub schon seit Jahren eng zusammenarbeitet. "Mit seinen Interviews von Tätern und Opfern hat Yaqub ein ungeschminktes Bild der Realität gezeichnet und das Bewusstsein für den Machtmissbrauch nordafghanischer Warlords geschärft. Afghanistan braucht unerschrockene kritische Stimmen wie ihn, um Kriegsverbrechern - auch im Einflussbereich der Bundeswehr - endlich das Handwerk zu legen."

Größter Erfolg von Yaqubs Arbeit war die vorläufige Schließung des weltweit größten Drogen-Waffen-Handelsplatzes an der Grenze der Provinz Badakshan. Die afghanische Regierung hatte sich dazu veranlasst gesehen, nachdem sie durch das Erscheinen des Reports "Turning Afghan Heroin into Kalashnikovs" des jungen Journalisten am 30. Juni 2008 unter Druck geraten war. Ein anderer seiner Berichte führte zum Rücktritt des Polizeichefs einer Provinz. In "Rape Surrounded by Impunity and Silence" wies Yaqub dem Polizeichef der Provinz Sar-e Pol nach, dass er die Vergewaltiger eines zwölfjährigen Mädchens deckte.

Yaqub erhielt seit Februar 2007 von allen Seiten Drohungen. Warlords hatten sogar seinen Bruder Sayed Parvez Kaambakhsh mit gefälschten Beweisen, erzwungenen Zeugenaussagen und einem unter Folter abgelegten Geständnis vor Gericht gebracht, um den jungen Journalisten zum Schweigen zu bringen. Nach der Veröffentlichung eines Berichts über die von Behörden und internationalen Organisationen nicht verhinderte Beseitigung von Massengräbern, deren Untersuchung afghanische Kriegsverbrecher vor Gericht bringen konnte, musste er von Februar 2009 an unter Pseudonym publizieren. Drohungen des jetzigen Vizepräsidenten Mohammed Qasim Fahim zwangen ihn im Herbst desselben Jahres, Afghanistan zu verlassen. Erst vor wenigen Wochen ließ sich Fahim in einem Berliner Krankenhaus behandeln. Er hatte seinen Aufenthalt als Diplomatenbesuch getarnt.


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Quelle:
Presseerklärung Leipzig/Göttingen, den 8. Oktober 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Oktober 2010