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ASIEN/401: China - Nach Ai Weiwei - Merkel soll sich für Freilassung anderer Regimekritiker einsetzen


Presseerklärung vom 24. Juni 2011

Nach Ai Weiweis Freilassung: Deutsch-chinesische Regierungskonsultationen am Montag in Berlin (27.6.)

Bundeskanzlerin soll sich auch für Freilassung anderer Regimekritiker einsetzen


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, sich nach der Freilassung Ai Weiweis bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen auch für die Haftentlassung anderer chinesischer Regimekritiker zu engagieren. "Mindestens 48 Dissidenten sind neben dem bekannten Künstler seit Mitte Februar 2011 in China festgenommen worden, doch ihr Schicksal wird in Europa kaum wahrgenommen", bedauerte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Weiweis Fall ist nur die Spitze des Eisbergs. Mit brachialer Gewalt gehen Chinas Behörden auch gegen kritische Tibeter, Uiguren und Mongolen vor und verhaften Anhänger protestantischer Hauskirchen."

So sind seit dem 10. April 2011 mehr als 180 Gläubige der Shouwang-Hauskirche in Peking festgenommen worden. Andere wurden von den Behörden bedroht, unter Hausarrest gestellt oder verloren aufgrund ihres Glaubens ihren Arbeitsplatz oder ihre Wohnung. Die Shouwang-Hauskirche hatte sich nach mehrfachen Razzien der Polizei dazu entschlossen, mit verbotenen öffentlichen Gottesdiensten gegen die staatliche Willkür zu protestieren.

"Dutzende chinesische Regimekritiker haben nicht das Glück Weiweis, im Ausland einflussreiche Fürsprecher zu haben", erinnerte Delius. So wurde Frau Zhang Julan aus der Provinz Jiangxi Mitte Mai 2011 von Polizisten überfallen und gewaltsam sterilisiert, nachdem sie es gewagt hatte, der Enteignung ihres Landes zu widersprechen. Später wollten die Polizisten die Dorfbewohnerin dazu zwingen, eine Erklärung zu unterschreiben, sie habe der Enteignung zugestimmt und sich freiwillig sterilisieren lassen.

Ein Landkonflikt ist auch die Ursache für das spurlose Verschwinden von Herrn Chen Zhixin aus der Region Xinjiang. Er wurde von Polizisten zusammengeschlagen und verschleppt, als er am 10. Juni 2011 in Peking gemeinsam mit Vertretern von fast 400 Familien eine Petition bei den Behörden einreichen wollte. Polizisten überfielen ihn, schlugen ihn bewusstlos, verbanden ihm die Augen und transportierten ihn ab.

In Xinjiang, Tibet und der Inneren Mongolei haben Chinas Behörden ein Klima der Einschüchterung und Angst geschürt. Auf Demonstrationen der lokalen Bevölkerung reagieren die Sicherheitskräfte mit immer neuen Verhaftungen, der Sperrung der Region für Touristen und mit weiteren Einschränkungen der Internetfreiheit. Nur in Kuba, Burma und dem Iran wird die Internetfreiheit noch mehr mit Füßen getreten. "Elf Jahre nach Beginn des deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialogs ist China weiter denn je zuvor davon entfernt, ein Rechtsstaat zu sein", erklärte Delius.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 24. Juni 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2011