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ASIEN/421: Volkswagen plant Werk in Chinas Unruheprovinz Xinjiang - Menschenrechte der Uiguren achten


Presseerklärung vom 6. Dezember 2011

Volkswagen plant Werk in Chinas Unruheprovinz Xinjiang

Auto-Konzern soll Menschenrechte der Uiguren achten und fördern


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) appelliert an Volkswagen-Chef Martin Winterkorn, beim geplanten Bau eines neuen Werkes in Chinas Unruheprovinz Xinjiang die Menschenrechte der dort lebenden Uiguren zu achten und zu fördern. "Seit Jahren beklagen Uiguren, dass sie auf dem Arbeitsmarkt Xinjiangs benachteiligt werden. Volkswagen hat nun die Chance, bei der Einstellung von Arbeitnehmern für sein neues Werk bevorzugt Uiguren zu berücksichtigen", heißt es in dem Schreiben der in Göttingen ansässigen internationalen Menschenrechtsorganisation an Winterkorn. "Damit könnte VW einen konkreten Beitrag zur Verbesserung der desolaten Menschenrechtslage der Uiguren leisten." Nach Angaben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und chinesischer Medien vom Dienstag plant das deutsch-chinesische Gemeinschaftsunternehmen "Shanghai Volkswagen Automotive" ein Werk für Mittelklassewagen in Urumtschi, der Hauptstadt der Autonomen Region Xinjiang. Es soll im Jahr 2013 den Betrieb aufnehmen.

"VW darf sich nicht von Chinas Behörden instrumentalisieren lassen, um den Anschein wirtschaftlicher Entwicklung in Xinjiang zu erwecken, die allen Menschen in der Unruheprovinz zu Gute kommt", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Der Auto-Konzern muss darauf dringen, dass Uiguren auch tatsächlich von dieser Investition profitieren und so die latenten Spannungen zwischen einheimischen Uiguren und zugewanderten Han-Chinesen abgebaut werden." Seit den schweren Ausschreitungen zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen, denen im Juli 2009 mindestens 190 Menschen zum Opfer fielen, sind die Beziehungen zwischen Uiguren und eingewanderten Migranten äußerst angespannt. Die einheimische Bevölkerung wirft den Han-Chinesen vor, Uiguren zu einer benachteiligten Minderheit in ihrer eigenen Heimat zu machen.

Auch aus den "OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen", die von VW mitgetragen werden, folgt, dass sich der Auto-Konzern darum bemühen sollte, negative Folgen des neuen Werks für die Menschenrechte der Uiguren zu verhindern. So heißt es in Artikel IV der Leitsätze, dass Unternehmen die Verletzung der Menschenrechte in ihrem Geschäftsgebaren vermeiden sollten. Die GfbV hat mehrfach darauf hingewiesen, dass Uiguren bei der Vergabe von Arbeitsstellen benachteiligt werden und mehr als 50 Prozent der in den Städten lebenden Angehörigen der muslimischen Bevölkerungsgruppe arbeitslos sind. Chinesische Arbeitgeber rechtfertigen die hohe Arbeitslosigkeit von Uiguren mit ihrer mangelnden Ausbildungsqualifikation. "Doch dieses Argument ist nicht stichhaltig", erklärte Delius. "Denn selbst unter uigurischen Universitätsabsolventen besteht eine Arbeitslosigkeit von bis zu 30 Prozent." So dürfen im Öffentlichen Dienst Xinjiangs gemäß einer Weisung vom 22.3.2004 nur Uiguren eingestellt werden, die Mitglieder der Kommunistischen Partei sind, die sich von jedem Engagement für ihre Rechte distanzieren und in deren Familienkreis sich niemand gezielt für Menschenrechte von Uiguren einsetzt.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 6. Dezember 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2011