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ASIEN/431: China - Neuer Menschenrechtsreport dokumentiert Verfolgung von Autoren


Presseerklärung vom 15. März 2012

China-Kulturjahr 2012 auf der Leipziger Buchmesse

Neuer Menschenrechtsreport "Staatsfeind Schriftsteller" dokumentiert Verfolgung von Autoren in China


Zum Auftakt der Leipziger Buchmesse hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag einen neuen Menschenrechtsreport veröffentlicht, in dem die Verfolgung von 79 Schriftstellern und Internet-Autoren in China dokumentiert wird. "Aus politischen Gründen werden zurzeit 54 Autorinnen und Autoren in China in regulären Haftanstalten, Geheimgefängnissen oder Arbeitslagern festgehalten", wird in dem 120 Seiten umfassenden Report "Staatsfeind Schriftsteller" festgestellt. "Darüber hinaus werden Dutzende regimekritische Autoren erst gar nicht verhaftet, sondern unter Hausarrest gestellt oder bedroht." So werden in dem Report auch 25 Schicksale von Autoren beschrieben, die von Chinas Staatssicherheit massiv eingeschüchtert werden. "Die von der Kommunistischen Partei angekündigte "Kulturreform" bringt für Chinas Autoren keine Liberalisierung, sondern nur noch mehr Kontrolle und Einschüchterung. Viele Schriftsteller reagieren darauf mit Selbstzensur", resümiert die GfbV.

"Wir sind sehr besorgt über den überproportional hohen Anteil von Tibetern, Uiguren und Mongolen unter den inhaftierten Autoren", sagt der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Obwohl diese "nationalen Minderheiten" nur knapp 20 Millionen der insgesamt 1,3 Milliarden Einwohner der Volksrepublik stellen, entfallen 28 der 54 inhaftierten Schriftsteller auf diese "Nationalitäten" ( 16 Tibeter, zehn Uiguren, zwei Mongolen). Die übrigen 26 eingesperrten regimekritischen Autorinnen und Autoren sind Han-Chinesen. Der hohe Anteil der "Nationalitäten-Angehörigen" unter den verhafteten Schriftstellern ist nach Auffassung der GfbV ein Indiz dafür, wie sehr vor allem in deren Regionen die politische Verfolgung zugenommen hat. Vor allem Internet-Autoren werden mundtot gemacht, die sich für die Bewahrung ihrer traditionellen Kultur sowie für einen Abbau der Spannungen zwischen Han-Chinesen und Tibetern, Uiguren und Mongolen einsetzen.

In dem Report wird dokumentiert, dass regimekritische Autoren in Unrechtsprozessen, die chinesisches und internationales Recht verletzen, wegen "Untergrabung der Staatsordnung" zu langjährigen Haftstrafen verurteilt werden. So wurde der Poet Zhu Yufu Ende Januar 2012 wegen eines Gedichts zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der Autor Shi Tao muss zehn Jahre Haft für eine E-Mail verbüßen. Der Uigure Nurmuhemmet Yasin muss zehn Jahre ins Gefängnis, weil sich Chinas Machthaber durch seine Fabel verunglimpft fühlten. Der Tibeter Kunchok Tsephel muss sogar 15 Jahre Haft verbüßen, weil er in Essays Chinas Herrschaft über Tibet kritisierte.

Um regimekritische Autoren zur Selbstzensur zu bringen, werden viele regelmäßig von der Staatssicherheit zum Verhör einbestellt. Sie und ihre Familienangehörigen werden systematisch bedroht, Angehörige verlieren den Arbeitsplatz oder werden willkürlich inhaftiert, ihre Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt und Videokameras werden vor ihren Wohnungen installiert, um Besucher zu überwachen und abzuschrecken. Aus Angst vor Verfolgung äußern sich kritische Schriftsteller daher immer seltener in der Öffentlichkeit. Weil Schriftsteller unter diesen Bedingungen nicht kreativ wirken können, gehen immer mehr ins Exil.

Den Report finden sie zum Download auf unserer Homepage
www.gfbv.de


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen / Leipzig, den 15. März 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2012