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ASIEN/467: Erneute Selbstverbrennung in Tibet


Presseerklärung vom 7. Oktober 2012

Erneute Selbstverbrennung in Tibet

Welle von Selbstmorden wird immer dramatischer - Drei Tibeter sterben innerhalb einer Woche



Als immer dramatischer bezeichnete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Welle von Selbstverbrennungen von Tibetern. Am gestrigen Samstag hatte sich der 27 Jahre alte Sangay Gyatso in der Nähe eines Klosters in Brand gesetzt und war seinen Verletzungen erlegen. "Innerhalb von nur einer Woche starben drei Tibeter, weil sie aus Protest und Verzweiflung über Chinas Tibet-Politik Feuer an sich legten", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Es ist eine dramatische Entwicklung, die sich durch Wegschauen der internationalen Staatengemeinschaft nicht stoppen lässt. Die Welt muss endlich handeln und die Klärung der Tibet-Frage zu einem vorrangigen Thema in ihren Beziehungen zu China machen."

Der Selbstmord am Samstag war die 54. Selbstverbrennung von Tibetern seit Februar 2009. "Die Selbstverbrennungen sind schrecklich und durch nichts zu rechtfertigen", sagte Delius. "Sie sind zugleich aber auch Ausdruck der tiefen Verzweiflung vieler Tibeterinnen und Tibeter, die immer weniger Hoffnung auf eine Lösung der Tibet-Frage und auf eine Anerkennung grundlegender Rechte der Tibeter durch die chinesische Regierung haben. Sie nur als Gewaltanwendungen zu kritisieren, wie es die meisten Regierungen tun, greift zu kurz und trägt nicht zu einem Abbau der Spannungen in Tibet bei."

Sangay Gyatso war Vater von zwei Kindern und verbrannte sich in unmittelbarer Nähe des Klosters Dokar in der Autonomen Tibetischen Präfektur im Süden der Provinz Gansu. Vergeblich hatten 432 Exil-Tibeter aus mehr als 20 Staaten nach einem Zusammentreffen mit dem Dalai Lama Ende September 2012 die Tibeter dazu aufgerufen, sich nicht mehr aus Protest selbst zu verbrennen.

Am 4. Oktober 2012 hatte der 41 Jahre alte Blogger Gudrub im Bezirk Driru in der Autonomen Region Tibet den Freitod gewählt. Er galt als großer Kenner der tibetischen Geschichte und war erst vor sieben Jahren nach seiner Ausbildung im indischen Exil nach Tibet zurückgekehrt. In einem im Internet veröffentlichten Abschiedsbrief beschwor er die Einheit und Solidarität der Tibeter und beklagte, dass sein Volk nur "Niederlagen, Ärger, Angst und Tränen" erlebe.

Am 29. September 2012 hatte sich der 27 Jahre alte Yungdrung in der Stadt Zatoe in tibetischen Siedlungsgebieten in der Provinz Qinghai in Brand gesetzt. Schwer verletzt wurde er von chinesischen Sicherheitsbeamten in Gewahrsam genommen und erlag am nächsten Tag seinen Brandwunden.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 7. Oktober 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Oktober 2012