Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

ASIEN/545: China verschärft Kampagne gegen Menschenrechtler


Presseerklärung vom 26. Januar 2014

China verstärkt Kampagne gegen Menschenrechtler
Anti-Korruptions-Aktivist zu Haftstrafe verurteilt

- Uigurischem Professor droht Anklage wegen "Separatismus" - 24 Tote in Xinjiang



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Chinas Regierung vorgeworfen, rechtsstaatliche Grundsätze zu ignorieren und Menschenrechtler systematisch zu kriminalisieren. "Die Kampagne der chinesischen Regierung gegen Menschenrechtsverteidiger ist ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen um mehr Rechtsstaatlichkeit in der Volksrepublik", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. Der Anti-Korruptionsaktivist Xu Zhiyong wurde am Sonntag zu vier Jahren Haft verurteilt. Sein Mitstreiter Liu Yuandong der "Neuen Bürger-Bewegung" steht seit Freitag in Guangzhou vor Gericht. Auch ihm droht eine längere Haftstrafe. Gegen den uigurischen Menschenrechtsverteidiger Ilham Tohti wird wegen "Separatismus" ermittelt, der regelmäßig mit hohen Gefängnisstrafen geahndet wird. Seit März 2013 wurden mindestens 65 Menschenrechtler in China verhaftet oder von Sicherheitskräften verschleppt.

Die von den chinesischen Behörden gegen den Wirtschaftswissenschaftler Ilham Tohti geäußerten Vorwürfe sind besonders beunruhigend, da der Hochschullehrer als ein Mann des Ausgleichs zwischen Uiguren und Han-Chinesen in China wie auch im Ausland geschätzt wird. Auf der von ihm gegründeten Webseite "Uighur online" erläutert er in chinesischer Sprache die Hintergründe des Aufbegehrens der im Nordwesten des Landes lebenden muslimischen Uiguren. "Wie wichtig diese Informationsarbeit ist, um Vertrauen zwischen Uiguren und verfeindeten Han-Chinesen aufzubauen, zeigt die jüngste Eskalation der Gewalt in Xinjiang im Nordwesten Chinas", erklärte Delius. "Seit Januar 2013 sind mindestens 239 Menschen bei politisch motivierter Gewalt in Xinjiang getötet worden."

In den letzten drei Tagen starben erneut 24 Menschen bei Schusswechseln mit Polizisten und Grenztruppen in Xinjiang und angrenzenden uigurischen Regionen. So wurden am letzten Donnerstag zwölf Uiguren beim Grenzübertritt nach Kirgisien von kirgisischen Grenztruppen getötet. Während die eng mit den chinesischen Sicherheitsbehörden kooperierenden kirgisischen Grenztruppen angaben, man habe eine Gruppe von "Terroristen liquidiert", berichten uigurische Organisationen, eine Gruppe unbewaffneter Flüchtlinge sei erschossen worden. Weitere zwölf Uiguren kamen nach offiziellen chinesischen Angaben am letzten Freitag bei Explosionen von Sprengkörpern in einem Supermarkt und einem Schönheitssalon sowie bei der Sprengung eines von Polizisten umstellten Fahrzeugs zu Tode. Jeden Monat fallen zurzeit in Ostturkestan, wie die Uiguren ihre Heimat nennen, zwischen 20 und 30 Menschen politisch motivierter Gewalt zum Opfer. Die Mehrzahl der Opfer sind Angehörige der diskriminierten einheimischen Bevölkerungsgruppe der Uiguren.

"So ist es besonders beunruhigend, dass Ilham Tohti gestern vom "Amt für Öffentliche Sicherheit" in Urumtschi vorgeworfen wurde, Anhänger für den bewaffneten Kampf gegen China rekrutiert und Hass zwischen Uiguren und Han-Chinesen geschürt zu haben", erklärte Delius. "So absurd diese Vorwürfe auch sind, so machen sie deutlich, dass Chinas Regierung in Xinjiang nicht auf Ausgleich und Vermittlung, sondern auf eine Eskalation der Spannungen setzt. Wer in Ostturkestan Gewalt schürt, handelt unverantwortlich und ist eine Gefahr für Stabilität und Frieden in Zentralasien."

*

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. Januar 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2014