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ASIEN/597: China/Deutschland - Freiheit der Wissenschaft durch Konfuzius-Institute in Gefahr?


Presseerklärung vom 8. Dezember 2014

Weltkonferenz der Konfuzius-Institute tagt in China (7./8.12.)

Freiheit der Wissenschaft in Gefahr?
Bundestag soll wie US-Kongress Anhörung zu Konfuzius-Instituten einberufen



Während in Xiamen in China die 9. Weltkonferenz der Konfuzius-Institute tagte (7./8.12.), hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine Anhörung im Deutschen Bundestag zu den Folgen der Ausbreitung von Konfuzius-Instituten für die Freiheit der Wissenschaft an deutschen Universitäten gefordert. "Das deutsche Parlament sollte dem Beispiel des US-Kongresses folgen und in einer öffentlichen Anhörung untersuchen, ob die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Lehre durch die enge Anbindung von Konfuzius-Instituten an sinologische Institute gefährdet ist", sagte der GfbV-China-Experte Ulrich Delius am Montag in Göttingen.

Der US-Kongress hatte sich am vergangenen Donnerstag in einer Anhörung kritisch mit dem wachsenden Einfluss der Konfuzius-Institute auf Universitäten in den USA auseinandergesetzt. Dabei wurden Beispiele angeführt, in denen Gastredner von Konfuzius-Instituten ausgeladen wurden, weil sie sich für Verfassungsreformen in China ausgesprochen hatten. Auch in Kanada gibt eine breite öffentliche Debatte über die Beeinflussung der wissenschaftlichen Lehre und Forschung durch Konfuzius-Institute.

Heute gibt es 475 Konfuzius-Institute in 126 Staaten. Allein in Deutschland sind es 16 Institute. Deutsche Universitätsprofessoren sind oft gleichzeitig am Sinologie-Lehrstuhl und am Konfuzius-Institut in leitender Position tätig. Die Konfuzius-Institute gelten als Erfolgsmodell der "Softpower-Strategie" der chinesischen Regierung, um das angeschlagene Image der Volksrepublik im Ausland zu verbessern. Eine Verbesserung des Ansehens Chinas zählt auch ausdrücklich zu den von der Weltkonferenz regelmäßig vorgegebenen Zielen der Konfuzius-Institute.

"Wir begrüßen die Vermittlung der chinesischen Sprache und Kultur durch Konfuzius-Institute, kritisieren aber das von ihnen vermittelte einseitig positive Bild der Volksrepublik", erklärte Delius. "China ist vielschichtig und muss mit seinen Sonnen- und Schattenseiten wahrgenommen werden. Das gilt auch für die deutsche Wissenschaft. Sie muss sich vorbehaltlos mit allen Aspekten der Gesellschaft Chinas beschäftigen. Wir haben große Bedenken, ob die Forschung bei einer engen Anbindung der Sinologie an Konfuzius-Institute nicht durch Selbstzensur beeinträchtigt wird." Zehn Jahre nach der Gründung der Konfuzius-Institute sei es an der Zeit Bilanz zu ziehen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 8. Dezember 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2014


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